17. Streit

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Am nächsten Tag in der Schule lächelten Valentin und ich uns während des Unterrichts immer wieder mal zu. Ab und an hob er sogar seine Hand, um mir zuzuwinken. Das ließ mein Herz höher schlagen.

In der Pause sprach Juna mich darauf an: "Sag mal, Elian, ist zwischen euch irgendwas vorgefallen, wovon ich wissen wollte?"

Ich schüttelte schnell den Kopf. "W-was meinst du?"

Sie legte skeptisch den Kopf schief und hob eine Augenbraue. Fuck, sie glaubt mir nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, sie hätte irgendwelche übersinnlichen Kräfte und könnte Gedanken lesen.

Zugleich musste ich mir aber auch eingestehen, dass ich meist nicht sonderlich gut darin war, irgendwelche Geheimnisse zu bewahren oder was zu verstecken, ganz besonders nicht meine eigenen Gefühle.

"W-wir hatten einfach Spaß, das ist alles.", lachte ich nervös. Das ist ja auch nicht gelogen. Ich lasse lediglich ein Detail aus. Ich kann ihr ja schlecht sagen, dass wir uns geküsst haben um zu testen, ob ich schwul bin.

"Der will doch ganz offensichtlich was von dir, so gierig wie der dich die ganze Zeit anglotzt.", sagte Juna und verzog angewidert ihren Mundwinkel. "Es wäre übrigens auch nicht das erste mal, dass er sich an jemanden ranmachen würde, der in einer Beziehung ist. Ich verstehe immernoch nicht, wie du mit so einem Dreckskerl befreundet sein kannst."

"Ist doch meine Sache.", murmelte ich leise. Stimmt das? Schläft er auch mit Leuten, die in einer Beziehung sind?

"Nein.", knurrte Juna ernst. "Da wir zusammen sind ist es auch meine Sache, nicht nur deine. Ich möchte nicht, dass mein Geliebter mit so einem Bastard befreundet ist. Schon garnicht, wenn ich mir nicht sicher sein kann, ob dieser Ekel sich an meinen Geliebten ranmacht!"

"Hör auf, ihn zu beleidigen!", sagte ich wütend. "Er hat dir nichts getan und mir auch nicht. Er ist lieb und er ist verständnisvoll. Er hat halt gerne Sex, na und? Deswegen ist er doch nicht gleich ein schlechter Mensch und es heißt auch nicht automatisch, dass er keine Grenzen respektieren kann."

"Meine Güte, du nimmst ihn auch noch in Schutz? Was soll das? Ich bin deine Freundin, ich mach mir nur Sorgen, wieso kannst du nicht auf meiner Seite stehen?", fragte sie verzweifelt.

"Immerhin versucht er nicht, mir vorzuschreiben, mit wem ich befreundet sein darf und mit wem nicht!", keifte ich zurück.

"Ich will dir doch nur helfen!"

"Das hilft mir aber nicht!"

Plötzlich merkte ich aufgeregtes Getuschel um uns herum.
"Haben die etwa Ehestreit?"
"War ja klar, dass das nicht lange hält."
"Die verhauen sich bestimmt jeden Moment."

Mir fiel jetzt erst auf wie laut wir waren und wie viel wir herumgeschrien hatten.

"Bitte lass mich für heute in Ruhe, Juna.", sagte ich und sah sie mit gekränktem Blick und glasigen Augen an.

"Aber-"

"Nein, ich brauche gerade Ruhe."

Sie schluckte, nickte traurig und dann sah ich wie sie sich langsam entfernte.

Während ich ihr nachsah bemerkte ich Valentin, der uns scheinbar gesehen hatte und jetzt auf mich zukam.

"Alles okay bei dir?", fragte er.

Ich nickte zögernd.

"Sag mal... schläfst du manchmal mit Frauen, die in einer Beziehung sind?", fragte ich dann.

"Was? Nein, wie kommst du denn darauf?"

"Naja... Juna hat sowas behauptet."

Valentin schüttelte den Kopf. "Ich frag zwar jetzt nicht immer explizit nach, aber wenn ich sowas vorher weiß lehne ich natürlich ab. Sowas ist doch unmoralisch."

"Aber mich zu küssen obwohl ich in einer Beziehung bin ist es nicht...?", flüsterte ich so leise, dass selbst er es nur verstehen konnte, weil er so nah an mir dran stand.

"Das war eine Ausnahmesituation. Außerdem will ich ja auch nichts von dir. Also, du weißt schon, nichts sexuelles. Wir sind Freunde, mehr nicht."

Irgendwie verletzte mich diese Aussage.

"Juna glaubt aber, dass es so wäre."

"Wieso das? Hast du ihr von dem Kuss erzählt?"

Ich schüttelte schnell den Kopf. "Sie glaubt scheinbar, dass du ein schlechter Mensch bist und findet es deswegen nicht gut, dass wir befreundet sind. Es hörte sich eben so an, als wollte sie, dass ich meine Freundschaft zu dir beende. Aber das will ich nicht. Und irgendwie hat mich das echt wütend gemacht. Deswegen haben wir auch so herum gestritten. Im Nachhinein ist mir echt peinlich wie viel Aufmerksamkeit das auf uns gezogen hat. Naja, jedenfalls brauche ich nach der ganzen Aufregung erstmal etwas Ruhe."

Valentin nickte verständnisvoll und überlegte kurz. "Weißt du, ich bin für heute Abend mit ein paar Kumpels im Club verabredet. Hättest du nicht vielleicht Lust, mitzukommen? Vielleicht kommst du da auf andere Gedanken."

"I-ich weiß nicht. Ich war noch nie vorher in einem Club und bin mir nicht sicher, ob das etwas für mich ist.", sagte ich unsicher. "Und außerdem ist es doch sicher komisch, wenn ich da plötzlich einfach mit dabei bin, obwohl keiner von denen mich kennt."

"Ach komm schon, das wird lustig. Mehr Leute bedeutet mehr Spaß. Mit mir an deiner Seite bist du auch nicht alleine falls was sein sollte. Und wenn es dir eben doch nicht gefällt bringe ich dich meinetwegen auch nach Hause oder bezahl dir eine Taxifahrt."

Er sah mich bittend an. Meine Knie wurden weich.

"Na gut, ich probier es einfach mal.", lächelte ich.

Gefühls-Chaos (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt