Am nächsten Tag nehme ich den anscheinend einzigen Bus in die Stadt. Schon jetzt ist es unfassbar warm, was in der Stadt nicht gerade besser wird. Trotzdem sehe ich mich neugierig um. Es ist wunderschön, hier und auch wenn ein paar Leute versuchen mich mit den Sachen, die sie verkaufen über den Tisch zu ziehen genieße ich die Zeit fast schon. Doch ich behalte weiterhin im Hinterkopf, warum ich hier bin. Nicht um Urlaub zu machen. Nein. Ich bin hier, weil ich von zuhause geflohen bin.
Gerade als ich durch ein kleines Geschäft mit Schmuck laufe, vibriert mein Handy. Als ich darauf sehe, erscheint eine Nachricht von Matteo.
Matteo: Nicht nur Papá ist am Durchdrehen, sondern auch Nikola. Der Typ hat eine krankhafte Obsession mit dir entwickelt. Pass auf. Ich kann mir vorstellen, dass er dich sogar vor allen anderen findet.
Beruhigend ist diese Nachricht nicht. Ganz im Gegenteil. Als ich gegangen bin, habe ich gar nicht daran gedacht, wie Nikola reagiert. Ich wollte schließlich einfach nur weg von ihm. Dass er gewaltig einen an der Klatsche hat, wusste ich aber schon davor. Allein wie er sich verhält, kann einem ziemlich große Angst machen.
Damit verbringe ich noch ein paar Stunden in der Stadt. Tatsächlich habe ich in einem Geschäft, was offensichtlich für Touristen eröffnet wurde, ein Buch auf Englisch gefunden. Es war das Einzige, was ganz okay geklungen hat, weshalb ich es mitnehme. Dazu habe ich mir auch Kopfhörer gekauft so kann ich mir Musik oder auch mal einen Podcast anhören, während ich draußen rumlaufe. Vielleicht verbringe ich einen Tag am Strand. Das bietet sich hier sowieso sehr gut an.
Zuerst vergehen die Tage noch relativ schnell doch dann werden sie immer langsamer. Es ist offiziell mein neunter Tag hier, da ich das Hotel noch verlängert habe. Immer wieder versuche ich mich zu beschäftigen doch so langsam wird mir langweilig. Mit der Zeit bekomme ich auch immer mehr Wahnvorstellungen. Manchmal drehe ich mich alle paar Sekunden um da ich dachte ein bekanntes Gesicht gesehen zu haben oder dass mich jemand verfolgt. Es ist schon etwas später als ich wieder zurücklaufe.
Auch jetzt setzt wieder dieses paranoide Gefühl ein, doch ich schiebe es zur Seite und laufe durch die fast komplett dunklen Straßen. Nur ein paar Minuten von dem Hotel entfernt denke ich schritte hinter mir zu hören. Aber als ich mich ruckartig umdrehe, ist da niemand. Wahrscheinlich nur eine Katze, denke ich und laufe weiter.
Selbst als ich versuche mich zu beruhigen wird das Gefühl immer stärker. So stark, dass ich es fast nicht mehr als Paranoia betiteln kann. Es ist mehr eine Warnung. Eine Warnung, die mir sagt, ich sollte schleunigst von hier verschwinden. Erneut drehe ich mich um und als ich einen Schatten sehe, der schnell hinter eine Ecke huscht denke ich gar nicht lange nach. Ich renne los. So schnell ich kann. Durch eine enge Gasse nehme ich eine Abkürzung. In der Gasse kann ich laute schritte hinter mir widerhallen hören.
Nun kaufe ich nur noch schneller. Das Adrenalin schießt durch meine Adern, während mir das Blut in den Ohren rauscht. Mein Gehirn schaltet komplett aus, so dass ich fast, ohne es zu bemerken im Hotel ankomme. Oben schließe ich meine Tür ab und fange sofort an meine Sachen zu packen. Ich muss hier weg. Und zwar sofort.
Schon nach etwas mehr als einer Minute hämmert es an der Tür. So stark, dass ich mir sicher bin, dass die Tür gleich einbricht. Mit ein paar schnellen Handgriffen stopfe ich die letzten Sachen in meine Tasche und hänge sie mir über die Schulter. Erneut Hämmer es an der Tür, nur noch viel fester. „Mach diese verfickte Tür auf, Catherine!"
Als ich die Stimme höre, erstarre ich für einen Moment. Das ist doch ein extrem schlechter Scherz. Schnell laufe ich zur Glastür, die zu einem kleinen Balkon führt. So leise wie möglich öffne ich die Tür und schlüpfe hinaus. Leider wohne ich ganz oben, weshalb ich schlecht runterspringen kann. Doch dann klettere ich über das Geländer und strecke mich etwas, um an den Balkon neben meinem zu kommen. Schnell ziehe ich mich hinüber. Das wiederhole ich ein paar Mal, bis ich an eine offene Tür komme.
Ohne darüber nachzudenken, laufe ich hinein. Aus dem Bad höre ich wie eine Dusche läuft weshalb ich mich sehr leise zur Tür bewege. Gerade als ich sie leise öffne und den Gang hinunter schaue sehe ich wie Nikola einfach die Tür zu meinem Zimmer einbricht. Dann geht er hinein gefolgt von zwei schwarz gekleideten Männern.
Diese Chance nutze ich und renne. Raus aus dem Hotel, das ist mein einziger Gedanke. Gerade als ich nach draußen trete, sehe ich einen schwarzen SUV vor dem Hotel parken. Die Scheinwerfer sind noch an, doch keiner sitzt darin. Das Auto gehört zu Nikola. Genauso eines stand auch in unserer Auffahrt daheim.
Kurz sehe ich zurück zum Hotel. Noch kommt keiner. Mit schnellen Schritten gehen ich auf das Auto zu und will die Fahrertür öffnen. Zu meiner Überraschung geht das. Erst jetzt sehe ich, dass sogar noch der Schlüssel steckt. Diese Idioten. In der Eile müssen sie vergessen haben den Schlüssel zu ziehen. Glück im Unglück.
Das ist mein einziger Weg hier weg, weshalb ich mich hinter das Steuer setzte. Sogar der Motor läuft noch. Nachdem ich die Tür geschlossen habe, fahre ich auch schon los. Ich weiß nicht einmal wohin. Einfach nur weg. Das Auto wird einen GPS-Trecker haben, doch es ist im Moment meine einzige Chance. Nach etwas mehr als einer halben Stunde Fahrt halte ich an, da ich etwas weiter vorne eine Bushaltestelle ausmachen konnte. Ich steige aus und lese schnell, wann der nächste Bus kommt.
Dreizehn Minuten. Diese Zeit muss ich überbrücken, ohne dass sie mich hier finden. Noch einmal laufe ich zurück zum Auto und ziehe den Schlüssel. Dann schließe ich es ab und laufe zurück zur Bushaltestelle. Die ganze Zeit behalte ich den Schlüssel in der Hand, falls ich doch schnell wegfahren muss, doch es bleibt ruhig.
Als ich sehe, wie der Bus zum Halten kommt werfe ich den Schlüssel die Klippen hinunter ins Meer. Wer weiß, ob sie überhaupt noch ein zweites Auto hier haben. Danach steige ich in den Bus ein und bezahle mein Rocket welches bis zur Endstation reicht. Dann rufe ich Matteo an. Um ehrlich zu sein weiß ich nicht, was ich jetzt tun soll.
Sofort geht er ran. „Er hat dich gefunden, oder?" Sind seine ersten Worte und ich schlucke. „Ja." Antworte ich nur und lehne mich gegen den Sitz. „Fuck! Er ist gestern plötzlich raus gestürmt, seitdem hat ihn niemand mehr gesehen. Ich hatte ein ungutes Gefühl, aber ich dachte vielleicht wartet er darauf, dass ich Kontakt zu dir aufnehme, weshalb ich nichts gesagt habe. Es tut mir so leid, ich-" Doch da schneide ich ihm das Wort ab. „Alles gut. Ich habe es geschafft wegzulaufen. Es ist nicht deine Schuld."
Wir schweigen beide für einen Moment und Matteo scheint sich zu sammeln. Dann ergreife ich das Wort erneut. „Was soll ich jetzt machen? Ich kann nicht für den Rest meines Lebens mit dem Bus um die Insel fahren." Immer noch schweigt er. Nach einer gefühlten Ewigkeit bekomme ich endlich eine Antwort.
„Ich weiß es nicht. Soll ich dir einen Flug buchen?" Kurz überlege ich. Wahrscheinlich wäre Nikola schon am Flughafen, wenn ich dort ankomme. „Ich habe doch selbst keine Ahnung. Irgendwie muss ich hier wegkommen. Ja. Doch ich weiß wirklich nicht wie." Kurz schweige ich wieder. „Kann ich nicht mit der Fähre fahren?" Frage ich schließlich. Das wäre schon einmal etwas sicherer als ein Flugzeug, da Nikola das nicht erwarten wird. „Ja. Ich schaue wann die Nächste fährt. Wo bist du gerade. Oder eher wohin fährt der Bus?" Ich schaue auf mein Ticket. „Chania." Antworte ich schließlich. Wieder ist es still für einen Moment. „Überstehst du es bis morgen früh?"
Für einen Augenblick sehe ich aus dem Fenster. „Ja." Das muss ich wohl, will ich am liebsten noch anhängen, lasse es jedoch sein.
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The Mask "Is that You?"
Teen FictionWichtig!!: Dies ist der zweite Teil von 'The Mask', der zweite Teil hängt mit dem anderen zusammen und muss davor gelesen werden, um die folgende Story zu verstehen. 1. Teil: The Mask "Show me your real Face" 2. Teil: The Mask "Is that You?" Die näc...