Kapitel 1

23 7 3
                                    

Es klingelte zum Schulende. Ich war erleichtert, endlich war dieser Schultag vorbei. Ich steckte meinen Kugelschreiber schnell in meine Federtasche, packte meinen Block in den Ranzen und sprang auf. Unter dem Geplauder der anderen schwang ich mir meinen dunkelblauen Rucksack über die rechte Schulter und ging in Richtung  Tür. Wie jedes Mal am Stundenende, wenn wir alle an ihm vorbeigehen und ihn nicht beachten, rief Mr. Thomsen uns noch hinterher, dass wir als Hausaufge irgendeine Aufgabe im Buch bearbeiten sollen, die er in der nächsten Stunde eh nicht kontrolliert, weil niemand sie macht.

Kurz nachdem ich durch die Tür gegangen war, spürte ich eine Hand auf meinem Rücken. Ich erschrak, wirbelte herum und erblickte das wunderschöne Gesicht meiner besten Freundin Lucy. Ihre Engelsblonden Haare, die wir beide gemeinsam haben und ihre vollen Lippen. Mit ihren blau-grau-grünen Augen blickte sie direkt in meine. Es war das zweite, das wir gemeinsam hatten. Wir sehen uns super ähnlich, obwohl wir nicht verwand sind. Dafür kennen sich unsere Eltern schon seit der Grundschule, also sind wir quasi wie Geschwister. Früher haben wir im gleichen Dorf gewohnt, aber Lucy ist vor ein paar Wochen mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder  in die Stadt gezogen, was ich super schade fand, weil ich jetzt nicht mehr einfach schnell zu Fuß zu ihr rüberlaufen konnte.

"Nah, wie geht's?" fragte Lucy mit einem bewusst gewählten, coolen Slang. Ihre zarte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Das Übertriebene machen wir immer, wenn wir uns begrüßen so. Keine Ahnung warum eigentlich.
"Gut, dir so?" fragte ich.
"Hab gerade eine Doppelstunde Physik überlebt!"
"Respekt!" Sage ich ebenfalls übertrieben.
Wir schließen uns der Masse an Schülern an, die auf die Tür zudrengt. Der Südflügel unserer Schule, in dem die achten bis dreizehnten Klassen untergebracht sind, ist in den Pausen und nach der sechsten Stunde, wenn die meisten Schulschluss haben, immer überfüllt. Ein Kumpel von mir hat mal gesagt, er fühlt sich wie "ein Mastschwein".
Als Lucy und ich dem Gedränge entkommen waren, steuerten wir auf die Fahrradständer zu.
"Wie läuft es mit Eye pads Typ?"
Fragte ich sie. Das ist ein Junge aus ihrer Klasse, mit dem sie seit einiger Zeit gut befreundet ist und den sie sexy findet. Eigentlich heißt er Pepe. Er hat sich mal im  Unterricht Eye pads unter die Augen geklebt und deren Erdkundelehrer hat ihn gefragt, was für einen Müll er sich da ins Gesicht geklebt hat. Seit dem habe ich in "Eye pads Typ"  getauft.
"Nenn ihn nicht so!" sagte Lucy beleidigt.
Sie hasste es, wenn ich ihn so nannte, aber ich fand einfach dieser Name passte wie Arsch auf Eimer.
"Was soll ich sagen?" Sie setze ein verschmitztes Lächeln auf, trotzdem merkte ich, dass es ihr etwas unangenehm war vor all den Leuten an den Fahrradständern darüber zu reden.
"Na gab es schon den ersten Kuss?" Mein Fahrradschloss klemmte ein bisschen, als ich versuchte es aufzuschließen und von meinem Fahrrad zu lösen.
"Ne." Ich konnte etwas Enttäuschung in ihrem Gesicht erkennen. "Ich muss aber jetzt auch zum Bus."
"Schade..." Ich breitete meine Arme aus. Zur Verabschiedung nahmen wir uns schon seit ich denken kann immer in den Arm.
Während Lucy sich auf den Weg zum Bus machte, schob ich mein Fahrrad mit einem Ruck aus dem Fahrradständer. Sie drehte sich noch einmal um und rief: "Bye!" Ich winkte ihr auch noch einmal und rief ebenfalls:"Bye!"
Nun schwang ich mein Bein über den Fahrradsattel und trat in die Pedalen.

Außer Atem lehnte ich mein Fahrrad an unseren dunkelgrauen Fahrradschuppen, kramte meinen Schlüssel aus meinem Rucksack heraus und schloss den Schuppen auf. Nun schob ich mein Fahrrad hinein und schloss ihn von außen wieder ab. Als ich nach oben schaute, erblickte ich den wunderschönen blauen Himmel. Ich überlegte es mir heute Abend auf meiner breiten Fensterbank bequem zu machen und mir den Sternenhimmel anzusehen...jetzt hatte ich aber erst einmal Hunger. Ich hatte heute morgen um 06:30 Uhr zum Frühstück nur einen Apfel gegessen und jetzt war es schon 13: 30 Uhr. Ich beeilte mich die Haustür aufzuschließen und meine Schuhe auszuziehen.
"Hi Schatz!" rief meine Mum mir aus der Küche zu.
In der Küche angekommen stieg mir ein süßer, appetitlicher Geruch in die Nase. "Hi Mum." Ich gab meiner Mum einen Kuss auf die Wange.
"Ich bring noch schnell meinen Rucksack hoch in mein Zimmer."
Schon rannte ich die Treppe hinauf.
"Ok, dann sag deinem Bruder bescheid, dass das Essen fertig ist." rief Mum mir noch hinterher. 
"Mache ich." Hiffentlich hörte sie mich noch.

Oben angekommen pfefferte ich meinen Rucksack unter meinen Schreibtisch in meinem Zimmer und eilte zu der Zimmertür meines Bruders. Ich klopfte an, aber niemand sagte etwas. Also öffnete ich die Tür nach einer Weile und luckte herein.
"Liam?" Ich sah das Problem: Liam hatte Kopfhörer auf und hörte anscheinend Musik. Das war so klar. Ich schlüpfte durch die Tür, ging auf Liam zu und nahm ihm die Kopfhörer ab. Er zuckte heftig zusammen und fragte, als er mich sah: "Hä, was?"
"Das Essen ist fertig."
"Sag ich bin gleich unten."
" Ok, aber wer zu erst kommt, mahlt zu erst!"
"Jaja..."
Heute gab es super leckere Ofenkartoffeln mit Sour Creme zum Mittag.

Inside of youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt