Dinge, die Wahr sind und Dinge, die im Dunkeln schweben

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Szene 8: Dinge, die Wahr sind und Dinge, die im Dunkeln schweben

Was würdest du unternehmen, wenn sie die Wahrheit sagen? Das Echo seiner Frage hing lautlos im Zimmer, während Dayana den Grafen musterte. Seine Miene gab wieder mal nichts preis und so konnte sie nur raten, was er wohl dachte.
Und je mehr sie grübelte, desto belustigender fand sie das Ganze. Was sie auch schließlich dazu verleitete mit einem Lächeln zu antworten: „Jetzt hättet ihr mich doch fast erwischt Exzellenz. Immerhin ist es völlig unmöglich, das an solch einer Behauptung etwas dran ist."
Genau, Vampire gab es nicht und Basta!
Zufrieden mit ihrer Entschlossenheit, nickte Dayana nachdrücklich und strahlte zum ersten Mal seid langem wieder übers ganze Gesicht. Hätte sie gewusst wie sie damit auf den Grafen wirkte, dann wäre sie ziemlich geschockt gewesen.

Denn Diesem verschlug es beim Anblick ihres Lachens den Atem. Und dabei gebot er eigentlich gar nicht mehr über derlei menschlicher Schwäche.
Aber wo ihm schon ihre von Ärger geröteten Wangen fasziniert hatten, da zog ihn ihr Lächeln endgültig in ihren Bann.
Nur mit Mühe gelang es von Krolock seine steinerne Miene aufrecht zu erhalten und spöttisch zu erwidern: „Stimmt ja. Vampire sind Fantasiegestalten."
„Ganz genau."
„Dann hast du ja nichts zu befürchten."
„So ist es. Also kann ich mich jetzt verabschieden?"
Der Graf spürte wie wieder Ärger in ihn aufwallte. War er eben noch fasziniert von ihr, fühlte er jetzt einen tiefen Zorn in sich brodeln und auch Sorge. Wer gab ihm die Garantie, dass sie trotz ihrer Worte, nicht das Dorf verlassen würde?
Das musste er verhindern!
„Das geht nicht", gab er mit gespielter Gelassenheit wieder. Was ihr mit einem Schlag das bezaubernde Lächeln aus dem Gesicht wischte.
„Und warum nicht? Eure Begründung wegen der Dorfbewohner ist doch mehr als dürftig!"

Von Krolock überging ihren Protest und wandte sich zur Tür. Er sah keinen Sinn darin, mit ihr zu diskutieren zu wollen. Dayana würde es noch nicht verstehen, dafür steckte zuviel Stadtkind in ihr.
Müde über seine letzten schlaflosen Tage rieb er sich unbemerkt über die Augen und wie es schien würde es Heute nicht anders aussehen. Weswegen er nun auch zunehmend gereizter klang, als er Dayana warnte: „Du wirst hier im Schloss bleiben! Glaub ja nicht, dass dir irgendjemand helfen wird. Keiner der Bewohner wird sich trauen, gegen meine Befehle zu handeln!"
Er hörte wie Dayana empört nach Luft schnappte. Und auf ihre Bemerkung hin, ob das eine Drohung sein sollte, reagierte er erst gar nicht mehr. Er war dermaßen erregt, dass sie jede weitere Minute mit ihm, in immer größere Gefahr bringen würde.

Sprachlos verfolgte Dayana mit Entsetzten wie hinter dem Grafen die Tür ins Schloss fiel. Sofort wollte sie am liebsten hinterher stürzen, hielt im letzten Augenblick aber inne und entschloss sich dagegen. Sie wollte nur ungern gleich wieder auf den Grafen treffen.
Mürrisch blickte sie sich um und besah sich zum ersten Mal das Zimmer genauer. Die Kerzen waren erneuert worden und auch das Feuer im Kamin brannte wieder lichterloh. Sie wunderte sich über sich selber. Warum war ihr das alles nicht früher aufgefallen?
Gerade weil sie so manches Detail jetzt viel besser erkennen konnte.
Seufzend gab Dayana sich auch gleich selbst die Antwort. Graf von Krolock! Er hatte so ein beeindruckendes Wesen, das alles um ihn herum zu verschwinden schien, sobald er zugegen war.
Neugierig ging sie langsam durchs Zimmer und das was sie so sehen konnte, entsprach durchaus ihrem eigenen Geschmack. Dunkle schwere Möbel, in denen wunderschöne Muster eingraviert waren, bildeten den Hauptmerk im Raum. Der kühle Steinboden wurde von dicken Teppichen verdeckt und an den Fenstern hingen leichte Vorhänge.
„Na ja. Zumindest ist das Zimmer zum aushalten", murmelte Dayana resigniert und ging zum Balkon.
Diesmal musste sie ja keine Folgen fürchten als sie hinaus trat und die kalte klare Nachtluft in ihren Lungen aufnahm. Offenbar musste es schon recht spät sein, denn vom Mond konnte sie kaum noch was sehen. Erschöpft von den Aufreibungen der letzten Stunden stützte sie sich auf der Balustrade ab und schaute in die Richtung, in der sie das Dorf vermutete.
Ich muss einfach zurück, endlich habe ich eine Aufgabe gefunden und einen Ort an den ich zu passen scheine. Das mit Sophia wird sich gewiss aufklären, überlegte sie angespannt. Jedenfalls konnte sie nicht hier bleiben. Schließlich war sie dem Schloss ihrer Großeltern nicht entflohen, damit sie in einem Neuen landete.
„Ich komme hier schon irgendwie raus. Wie Stiefvater schon sagte: Erfolg dem, der Geduldig warten kann", bei den Gedanken an den ehrgeizigen Mann, musste sie finster lächeln.
So stand sie auch noch geraume Zeit auf diesem kleinen Balkon und hing ihren Erinnerungen hinterher.

Die Augen der NachtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt