Kapitel 2 - Letzte Zuflucht

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Die Frustration in meinem Inneren gewann die Überhand und ich fühlte, wie sich mein Zustand jede Sekunde verschlechterte. Die Inbrunst meiner Entschlossenheit, die einst so lodernd in meiner Seele brannte, glimmerte inzwischen nur noch so schwach wie die Schneeflocken im blassen grauen Licht des Winters, von dem Flowey sprach. Hätte ich ihn reden gelassen, wäre ich um ein paar Informationen reicher und wüsste vielleicht mehr mit meinem Überleben anzufangen. Der eiskalte Wind verdeckte die Spuren der Kreatur, welche wir seit etlichen Minuten hoffnungslos verfolgten, binnen weniger Sekunden. Robert taumelte frierend voran und wir gelangten in einen dichten Wald, welcher bewuchert von endlos langen und kahlen schwarzen Bäumen ein wenig Schutz vor den bitterkalten Schleiern der Winde bot. Auch Robert schien körperlich kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen, doch etwas in seinem Inneren trieb ihn voran. Die Kleidung, die er trug, war inzwischen fest an seinen bleichen Körper gefroren und eine schwere Decke von Schnee legte sich auf seinem Haar nieder. Mir fehlte gänzlich die Kraft und ich rastete für eine Sekunde auf der Stelle, bevor meine ertaubten Beine ihren Halt verloren und ich in den Schnee stürzte. Mit meinen zitternden Armen stützte ich mich vom Boden und meine Sicht durch den Schleier meiner gefrorenen Haare verschwamm allmählich. Das Knirschen des Schnees unter Roberts Schuhen stoppte für einen Moment, ehe er sich mir langsam stolpernd näherte und seine schwache Hand ausstreckte. Mir fehlte der Sinn für Gefühl und ich griff müde danach, ohne einen Hauch von Wärme auf seiner Haut zu spüren, die inzwischen fast die Farbe des Schnees annahm. Wir überquerten eine Brücke, deren Holz bereits so hart wie Stein gefror. An Roberts Hand geklammert schweifte mein verschwommener Blick hinab in die endlos schwarze Tiefe, die unaufhörlich die herabfallenden Schneeflocken verschlang, während meine Beine mich nur noch mit halber Kraft vorantrugen. Mein Kopf füllte sich mit weißem Nebel und eine eisige Kälte breitete sich in mir aus, die es mir verbot, klar zu denken. Ich durfte nur meine Augen nicht schließen... doch die Versuchung, in einen ruhigen Schlaf zu verfallen, war groß.
"Chara," weckte mich eine schwache Stimme nahezu flüsternd aus meiner Trance. Robert sprach zu mir, doch ich wollte nicht antworten. Ich konnte nicht. Er gewährte unseren scheinbar endlosen Schritten einen Halt, als ein warmes Licht unsere beider Aufmerksamkeit erregte. Ich hob meinen Kopf und ein brachiales, gefrorenes Gebäude baute sich wie eine Rettung vor unseren Augen auf. Das schwach glimmernde Licht einer im verschneiten Boden befestigten Fackel tanzte mit den Schleiern des Windes und Robert führte uns die letzten Meter bis zum Gebäude voran. Sobald seine Hand den vereisten Türknauf drehte und wir eintraten, wurden wir von einem angenehmen umarmenden Gefühl begrüßt, welches zu der kräfteraubenden Kälte stark im Kontrast stand. Die Tür schwang durch den Wind mit einem dumpfen Knall zurück in ihre Angeln. Robert löste seine Hand nun von meiner und stolperte müde geradezu in Richtung des Lagerfeuers, welches lodernd eine erfüllende Wärme von sich gab. Er fiel auf die Knie und sein ganzer Körper schüttelte sich, als auch der Schnee langsam von seinen Haaren schmolz und nass zu Boden tropfte. Mit einem schwindeligen Gefühl setzte ich ein Bein vor das andere und bemühte mich mit aller Kraft, meinen Körper aufrecht zu halten. Mein Herzschlag setzte nicht mehr im Sekundentakt ein. Meine Sicht verschwamm vollständig, als ich den Halt verlor, meine Augen schloss und das letzte Gefühl in meinem betäubten Körper der Aufprall auf dem harten hölzernen Boden war. Eine bekannte Stimme hallte in meinem Kopf wider, doch ich verstand kein Wort. Dumpfe Geräusche waren alles, was meine Ohren vernahmen und mein Körper hob vom Boden ab, als zwei starke Hände mich von Ort und Stelle trugen. Wehrlos vermutete ich mein Ende und verfiel in eine Art Wachtraum, der mich am Leben hielt. Ich verlor  das Gefühl für Raum und Zeit, während sich der weiße Nebel in meinen Gedanken allmählich lichtete. Die stechende Kälte, die mich wie tausend Klingen zerschnitt und mich nach all den Jahren endlich wieder spüren ließ, wie es sich anfühlte zu leben, verließ nun meinen Körper und eine angenehme Wärme breitete sich wie eine Umarmung in meinem Inneren aus. Die Stimmen wurden klarer und ich verstand wieder, wer zu mir sprach. Die Finger meiner frostgebrannten Hand zuckten leicht und ich bewegte meine Augen hinter geschlossenen Lidern. Meine Mutter wiederholte sich leise und eine fellige Hand kitzelte die Haut auf meiner Stirn. Ich regte mich vorsichtig und der Name 'Chara' erinnerte mich daran, wer ich war.
"Chara," sprach die vertraute Stimme erneut zu mir und ich öffnete meine Augen vollständig.
"Hey, wie geht es dir?" fragte mich jemand anderes in heiserem Ton und Robert näherte sich langsam. Er sah furchtbar aus. Seine einst lebendige Hautfarbe schimmerte nun blass wie Schnee im warmen Licht des knisternden Feuers.
"Wir haben Toriel unser Leben zu verdanken... Sie nimmt uns für eine Weile bei sich auf." Mein Blick schwenkte erneut auf das sanfte Lächeln meiner Mutter über und sie tat einen Schritt zurück. Sie hatte sich verändert. Ihre Hörner waren deutlich viel dunkler und wuchsen krumm, während sich auch ihr nun langes Fell eher gräulich verfärbte. Das eindringliche purpurn rote Schimmern in ihren Augen war jedoch noch immer Dasselbe und für mich völlig unverkennbar. Der dicke lilafarbene Mantel den sie trug wies darauf hin, dass es sich bei ihr um die Kreatur handelte, die Robert und ich verfolgten.
"Ihr seid mit starkem Fieber bei mir eingetroffen. Dein Freund hat sich bemüht, nicht die Fassung zu verlieren. Wir sind froh, dass du noch am Leben bist." Die einst so kümmerliche Stimme meiner Mutter war erfüllt von Ernst und einer unterschwelligen Erleichterung. Ich war diese strenge Art von ihr nicht gewohnt.
"Ihr befindet euch im Außenposten der Eisruinen. Es ist lange her, dass sich Menschen in dieses tödliche Gebiet wagten. Ich frage nicht, was euch hierher führt. Jetzt ruht euch aus, ich koche Bitterblumentee." Ich beobachtete schwach, wie Toriel mich mit nüchternem Blick musterte und den Raum verließ. Ein leichtes Stechen in meinem Herzen sagte mir, dass es sich bei dieser Frau nicht um meine Mutter handelte, auch, wenn sie sich ähnlich sahen. Sobald sie die Tür zum Foyer schloss, in dem Robert und ich uns aufwärmten, waren wir nur noch zu zweit. Löcher im Dach wurden sporadisch mit Decken und morschen Holzplanken geflickt, doch an der einen oder anderen Stelle im Haus schwebten noch immer sanft die Schneeflocken durch das Dach zu Grunde. Meine Augen schwenkten zu Robert hinüber, welcher seine Hände am Feuer wärmte. Er wechselte inzwischen seinen gefrorenen Pullover gegen einen schweren, schwarzen Wintermantel aus, der sich elegant um seine Schultern legte. Darunter verbarg sich ein graues Kragenhemd mit dunkelgrüner Krawatte und seine schwarze Winterhose wurde von einem Ledergürtel festgehalten. Die dazu passenden schwarzen und mit Fell gefütterten Lederstiefel wappneten ihn für die erbarmungslosen und bitteren Gegebenheiten außerhalb dieser brachialen Wände. Auch für mich lag ein Stapel von Schneekleidung bereit und belegte den Sessel neben mir. Nachdem mein Blick erneut auf das Gesicht von Robert fiel, erkannte ich eine gewisse Melancholie in seinem Ausdruck. Seine Augen sprangen im knisternden Feuer von einem Punkt zum Nächsten und neben seinem sinnlosen Gequatsche fragte ich mich nie, was durch seinen Kopf ging. Innere Konflikte zwangen mich stets dazu, den Mund zu halten und ihn zu ignorieren, doch ich verdankte ihm wohl mein Leben - und das nicht nur einmal. Ich seufzte so schwer, wie es mein Körper mir erlaubte und sträubte mich mühsam gegen mein Wort.
"Wir sind in Sicherheit..." entwich es leise meinem Mund und Robert zuckte leicht. Ich weckte ihn aus seinen Gedanken und bereute meinen Annäherungsversuch binnen weniger Augenblicke.
"Wirklich?" fragte er sanft lächelnd und spielte auf meine Abneigung gegen unnötiges Gerede an. Er reagierte, wie ich es sonst tat und ich nahm seinen Kommentar als Rache für meine gehässige Art wahr. Wenn das die größte Gefahr war, die von diesem Jungen ausging, war er vielleicht doch kein schlechter Mensch... Sein Kopf drehte sich langsam in meine Richtung, doch seine Augen starrten noch immer so gedankenverloren in das Feuer wie zuvor. Er saß auf dem Boden und legte seine Arme überkreuzt auf den Knien ab, während ich mir überlegte, was ich sagen sollte, um die Situation aufzulockern. Auf irgendeine Art und Weise hatte Robert meine Dankbarkeit verdient, auch, wenn er zu den Menschen gehörte. Sie bekämpften sich mit ihrer zerstörerischen Natur gegen das Wohl ihrer eigenen Art. Doch er war keines dieser Monster.
"Danke," fügte ich stumpf hinzu und verschluckte mich fast. Ich nahm einen tiefen Atemzug und schloss dabei die Augen. Nachdem ich sie wieder öffnete, wirkte Robert jedoch nicht zufriedener als zuvor. Er sah mich mit ebenjenem melancholischen, beinahe traurigen Ausdruck an, mit dem er zuvor die Flammen im Kamin beäugte. Einige Stellen auf seiner Haut verfärbten sich durch die Kälte leicht bläulich und schmerzten sicherlich.
"Wir hatten seit unserer Ankunft in dieser Welt nicht viel Gelegenheit, uns miteinander zu unterhalten," stellte Robert fest und der Ton seiner Stimme war nahezu wehmütig. Irgendwas schien ihn zu belasten.
"Niemand kennt uns hier. Weder Flowey noch Toriel wussten, wer wir sind. Ich habe dieses Gefühl schon einmal durchlebt, doch diesmal fühle ich mich ferner von Zuhause wie noch nie." Er teilte seine innigsten Gedanken mit mir und machte sich verletzlich. Dieses Gefühl der Frustration breitete sich wieder in mir aus und ich hasste seine Art. Wieso konnte ich ihn so gut verstehen?
"Wofür kämpfe ich also? Ich weiß nicht, wieso mich das Leben so straft." Ich lauschte stumm seinen Worten und verinnerlichte alles, was er sagte, ohne darauf zu reagieren. Mein kühler Blick durchbohrte ihn und Robert schien deprimiert.
"Ich möchte dich nicht langweilen... es ist kein Gespräch, aber ich dachte-" begann Robert, doch ich schnitt ihm mal wieder das Wort ab, während ich mich von dem Sessel aufrichtete und die Decke von meinem Körper streifte, die Toriel über mich legte.
"Du dachtest was? Hör zu, dein Kampf ist allein dein Überleben. Kämpfe für dich und nur dich selbst, anstatt dich zu bemitleiden." Ich bekämpfte mit meiner Aussage das Gefühl der inneren Frustration ein wenig und nahm mir den Stapel Klamotten, bevor ich Robert im Foyer des Außenpostens allein ließ. In einem dunklen Raum, der einem Gästezimmer ähnelte, entledigte ich mich meiner nassen, gefrorenen Kleidung und streifte mir einen roten Rollkragenpullover mit Schulterausschnitt über. Beiliegend waren eine dunkelbraune Strumpfhose, sowie ein schwarzer Cargo-Minirock und zwei schwarze Stiefeletten. Ohne die matte dunkelgraue Winterjacke mit weißer Fellkapuze würde ich das eisige Wetter draußen nicht überleben, also kleidete ich mich entsprechend ein, um dem Winter standzuhalten, der außerhalb herrschte. Obwohl das Outfit nicht sonderlich überzeugend wirkte, hielt es erstaunlicherweise ziemlich warm, sodass ich die Jacke nie ganz über die Schultern ziehen musste, um nicht zu frieren. Asriels Andenken behielt ich immer nah bei mir und steckte die goldene herzförmige Halskette behutsam unter meinen Pullover, ehe ich das Zimmer verließ. Die Fenster waren schmutzig und von außen zugeschneit, einige bereits zersplittert oder gar vom Schnee eingedrückt. Als ich das Foyer wieder betrat, war Robert verschwunden. Dieser Idiot machte sich wohl ohne mich auf die Reise. Ich sah mich im Raum um und die einzige Person, die im Sessel ruhte, in dem zuvor Robert saß, war Toriel.
"Nimm platz," herrschte sie mich an und ich ignorierte ihre Worte, während mein Blick auf der Suche nach Robert durch das Foyer streifte.
"Er ist nicht hier. Ich habe Tee gekocht, bitte setz dich." Toriel wiederholte sich und ich erwiderte gleichgültig ihren Augenkontakt, bevor ich auf ihre Bitte zurückkam und mich auf dem Kissen des Sessels platzierte. Sie nahm einen Schluck aus ihrer übergroßen Tasse und analysierte mich mit einem eindringlichen Blick, während ich nach den Lehnen des Sessels griff und die Beine überschlug. Ein Moment der Stille brach ein und das Knistern des Feuers, sowie das Säuseln des Windes waren die einzigen Geräusche, die die Ruhe erfüllten. Es fühlte sich an wie eine halbe Ewigkeit, bis Toriel ihre Tasse wieder auf dem Tisch platzierte und das Wort ergriff. Ich war nicht interessiert an einem Gespräch mit ihr, doch auch Toriel gebührte unser Dank.
"Ich schwor, euch nicht nach eurer Herkunft auszufragen. Dennoch wüsste ich gern, was zwei Menschen wie ihr an einem tödlichen Ort wie diesem zu suchen habt. Schwebt euch ein bestimmtes Ziel vor Augen?" Sie fragte sehr forsch und bestimmt. Dennoch ließ sie mir Zeit für meine Antwort, denn ich regte mich nicht und verblieb Reaktionslos auf ihre Worte. Das heiße Getränk vor meinen Augen gab einen süßlichen Duft von sich, doch ich wandte meinen starren Blick nicht von ihrem ab, ehe ich letztlich nachgab und den Mund öffnete.
"Es ist nicht von Belangen, wie wir hierher gekommen sind. Bisher war es unser einziges Ziel, zu überleben." Ich antwortete kühl und stumpf, ohne zu viel von meiner Reise preiszugeben. Toriel schien von meiner Antwort nicht sonderlich fasziniert.
"Wie ich sehe, wart ihr erfolglos," reagierte sie streng und wies indirekt auf unsere Ankunft im Außenposten hin. Mein Blick schweifte nun ab und fokussierte sich auf einen Kalender über dem Kamin. Seit meiner Ankunft im Untergrund musste bereits einige Zeit vergangen sein, da wir uns ungefähr neun Jahre in der Zukunft befanden. Toriel seufzte, da meine Gleichgültigkeit wohl kräfteraubend wirkte. Ich wollte bezwecken, dass sie mich aus diesem Haus entließ und als könnte sie Gedanken lesen, bestätigte sie meinen Wunsch.
"Ich habe ihn gehen lassen, er wartet draußen auf dich." Meine Augen sprangen zurück in ihr Gesicht und in meiner doch so regungslosen Miene schien Toriel etwas bemerkt zu haben, was sie leicht zum Lächeln brachte.
"Ihr seid zwei erwachsene Menschen. Solltet ihr nochmal in eine so gefährliche Situation gelangen, wird euch niemand mehr einen Ort der Zuflucht spenden. Eure Handlungen haben Konsequenzen. Lernt, sie zu tragen, oder ihr werdet da draußen sterben. Das Leben ist nicht einfach." Trotz, dass sie mit einem strikten Ton auf mich einredete, war eine gewisse Sänfte in ihrer Stimme zu vernehmen. Wieder waren das flackernde Feuer des Kamins und der leise heulende Wind die einzigen Geräusche, die die Stille durchbrachen, ehe ich bestätigend nickte  und mich von meinem Sessel erhob.
"Danke," antwortete ich ebenso kurz angebunden, wie ich Robert zuvor meine Dankbarkeit vermittelte. Ein kalter Schauer erfüllte meinen Körper, als ich das Gebäude verließ und die Tür wieder in ihre Angeln fiel. Mit dieser warmen Kleidung war das Wetter deutlich viel angenehmer zu ertragen. Robert lehnte sich mit den Armen über die splitternde hölzerne Veranda des Außenpostens und hielt die Tasse seines Bitterblumentees fest umklammert. Sein Blick schweifte entlang der Bäume des kahlen Waldes und der schroffen Felswände, die uns umgaben. Ich ließ mir Toriels Worte noch einmal durch den Kopf gehen und wiederholte innerlich, dass es unsere Pflicht sei, die Konsequenzen unserer Handlungen zu tragen. Plötzlich überkamen mich Schuldgefühle, als ich Robert ansah. Es erinnerte mich daran, wie ich ihn rücklings in den Schnee stieß. Dennoch behandelte er mich nicht so, wie es manch ein Mensch tun würde. Entweder hielt er sich zurück oder verdrängte seinen Hass. Was die Situation nicht gerade besserte, war Roberts ungewöhnliche Schweigsamkeit. Ich hatte ihn als eine gesprächige Person in Erinnerung, doch er wechselte kaum noch ein Wort mit mir, was meiner abweisenden Natur verschuldet gewesen sein könnte. Er öffnete sich mir gegenüber viel zu schnell und gab seine Gefühle preis und es machte ihn verwundbar. Wenn ich ihm nicht beibrachte, sich diskreter zu verhalten, würde es ihn sein Leben kosten. Diese Naivität war der Ursprung meiner Frustration und sie stach in meinem Herzen. Ein für mich doch so bedeutungsloser Mensch schaffte es, mich zu beeinflussen.
"Hey," eröffnete ich eine mögliche Unterhaltung und kündigte mich an, doch Robert schien diesmal nicht sonderlich interessiert an einem Gespräch mit mir. Er suchte keinen Augenkontakt und schwenkte die Tasse in seinen Händen.
"Hey." Er verlieh seiner Begrüßung einen kühlen Ausdruck, wie sonst ich es immer tat. Ich näherte mich langsam und leistete ihm bei seiner Ausschau Gesellschaft. Die eisige Luft brannte nunmehr nicht in der Lunge und selbst der Wind durchdrang nicht die warme Kleidung, die ich trug. Unter diesen Voraussetzungen war die Welt wesentlich viel stiller, wenn man sich auf sie konzentrieren konnte. Es schien, als erfror die Zeit.
"Sie lässt uns gehen," fügte ich nach einem Moment der Ruhe hinzu und strich mir die Haare aus dem Gesicht, nachdem ich es Robert gleichtat und meine Arme auf der Veranda abstützte. Er schüttete seinen Tee aus und die heiße Flüssigkeit tropfte dampfend aus seiner Tasse, begoss die toten Gewächse unter uns und ließ die Eiskristalle schmelzen, woraufhin er sich von mir abwandte.
"Also gut. Der einzige Weg scheint in diese Richtung zu führen," wies er nun trocken an und zeigte mit einem Finger nach links, bevor er den Außenposten wieder betrat, um seine Tasse abzugeben und die Tür in ihre Angeln zurückfallen ließ. Ich folgte ihm mit meinem Blick, doch das Gefühl, alleine gelassen zu werden, hinterließ ein Stechen in meiner Brust. Vielleicht tat ich ihm Unrecht.

Undertale - Seelen von Gold und AscheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt