Kapitel 2 : Eine schwarze Katze

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Der gesamte Tag war schon etwas seltsam.
Mein Wecker hatte nicht geklingelt (oder ich hab ihn überhört) und Derek war nicht da, also musste ich den Bus nehmen. Bei der Schule angekommen, waren auf einmal überall kleine Babykatzen. Alle pechschwarz.

In letzter Sekunde kam ich zu Chemie, nach der Stunde ging ich zur nächsten und normalerweise hatte ich diesen Kurs mit Lydia, worauf ich mich immer besonders freute. Aber sie war nicht da. Gestern ging es ihr aber noch gut, oder?
Die ganze Gruppe, die immer mit Lydia rumhing war nicht da.

Zum Mittagessen in der Kantine gab es irgendeine Pampe, die wohl Kartoffelbrei sein sollte.

Ich wollte gerade in die Bibliothek gehen, als mir Schwindelig wurde. Aber so richtig.

Die Katzen waren wieder überall, aber sie hatten verfilztes Fell, überall Wunden und ganz seltsame Augen. Sie sahen fast schon verrückt aus.

Alle Schüler und auch Lehrer um mich herum wurden genauso - wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass es Zombies sind.

Ich gehe ein paar Schritte.
„Nein, nein, nein...", flüstere ich vor mich hin.

Es tut gut, die Augen zu schließen. Kurz durchatmen und... da ist ein riesiger Baumstumpf mit vielen dicken Wurzeln mitten im Flur!

Nein, ich muss hier weg.

„Maeve? Maeve? Alles in Ordnung?", dröhnt es in meinem Kopf. Ich drehe mich um, aber da ist niemand. Naja, niemand, der normal aussieht. „Hallo?", frage ich verzweifelt in die Leere hinein. „Ist da jemand?", ich weiß bis heute nicht, warum ich es so gefragt habe, als ob ich irgendwo in der Dunkelheit gefangen wäre.

„Maeve!", mich schüttelt jemand wach.
Ich kenne ihn nicht. Aber er ist in meinem Kurs. Seine starken Arme halten mich grob und seine Augen sind groß und besorgt. Bei dem Schal, den er bei diesen Temperaturen trägt, fällt mir sein Name auch wieder ein. Isaac. Er ist auch oft mit Lydia und dem Jungen, den ich am ersten Tag getroffen hatte. Mit dem Jungen, dessen Namen ich immer noch nicht kenne.

Derek hat mir von Isaac erzählt. Er ist Teil seines Rudels gewesen, hat aber jetzt ein neues. Warte, er ist auch ein Werwolf!

„Isaac, richtig?", befreie ich mich aus meiner Starre. Isaac nickt und lässt mich los. „Was ist gerade passiert? Ist alles gut mit dir?", wollte er wissen.

„Keine Ahnung. Was... was hat dich darauf aufmerksam gemacht?",

„Du hast irgendwas gemurmelt und so geguckt als... keine Ahnung jedenfalls, wann fängt dein nächster Kurs an?"

Warte was? Ich war noch ein bisschen benommen von der... Halluzination? Ja, Halluzination trifft es ganz gut. Der schnelle Themenwechsel ging mir zu schnell.

„Dein nächster Kurs?", hackte der Junge mit einer hochgezogenen Augenbraue und verschränkten Armen nach.

„Äh, sorry. In einer halben Stunde."

„Perfekt, komm mit."

Okay, was wollte er von mir? Er zog mich hinter sich her, sein Griff um mein Handgelenk war unangenehm fest, es tat fast schon weh. Er brachte mich in das Büro von dem Coach, was mir nicht geheuer war. Viele verschwanden hierher um zu knutschen. Ich hoffe das war nicht die Absicht von Isaac.

Unweigerlich muss ich an die wunderschönen, tiefen Augen denken, in denen ich mich am ersten Schultag verloren hatte. Seit dem hatte ich ihn noch paarmal gesehen. Wir haben einen Kurs zusammen, aber ansonsten ist es sehr selten, dass ich seine Anwesenheit genießen darf.

„Wie ist dein ganzer Name?", reißt mich Isaac aus den Gedanken.
„Elizabeth Alexandra Mary Mountbatten-Windsor.", antworte ich sarkastisch.
„Was? Ich dachte du heißt Maeve...", erwidert Isaac, aber ich sehe ihm an, dass er meinen Sarkasmus erkannt hat.
„Das ist der volle Name von Queen Elizabeth II gewesen. Mein voller Name ist Maeve Valerie Hale"
„HALE? Wie Derek Hale?!"
„Jo."
„Bist du auch ein Werwolf?", flüstert er einerseits erstaunt, andererseits nervös.

Eigentlich schon. Aber seit mein Vater wegen Mordes verklagt wurde, kann ich mich nicht mehr wirklich verwandeln. Ab und zu habe ich solche Anfälle, sodass ich ziemlich wütend werde, manchmal höre oder sehe oder rieche ich besser, es kommt auch vor, dass ich bessere Reflexe habe und stärker bin als sonnst. Aber es kommt alles immer in Wellen und in letzter Zeit wurde es ziemlich selten. Also antwortete ich: „Naja, nicht wirklich."

Isaac guckt mich ungläubig an und zuckt gleichgültig mit den Schultern. Er holt sein Handy raus und ruft jemanden an.

„Scott? Ja. Ja. Kommst du? Was? Egal. Ja. Bis gleich."
Er legt auf, während er mich fragt, ob es mir etwas ausmachen würde, mit ihm in den Wald zu gehen.
Ja, das würde es. Es passt mir gar nicht, dass er mich überall hinzieht. Außerdem muss ich mich ziemlich dolle anstrengen. Ich muss dieses Jahr durchstarten, sonnst muss ich wahrscheinlich zurück ins Kinderheim. Und ich würde lieber für immer mit dem dauerhaft mies gelaunten Derek Hale wohnen, als dorthin zurück. Um keinen Preis der Welt.

Aber Isaac guckt mich mit diesem bittenden Lächeln an, dem ich einfach nicht wiedersehen will.

„Weiß nicht, ich meine ich würde ja, aber ich hab gleich-" zu Ende reden lässt er mich nicht, denn er hat die Tür schon geöffnet und zieht mich hinter sich her.

Nach gut zehn Minuten sind wir in einem Wald angekommen. „Nicht umdrehen.", murmelt Isaac, ohne seine Lippen zu benutzen. Ich antworte nichts. Aber ich drehe mich um. Ich spüre furchtbaren Schmerz in der Hand, die Isaac seit der Schule nicht losgelassen hat. „Aua! Was soll das, Idiot?!"

Ich Schaue auf meine Hand, Blut tropft runter. Isaac hat wirklich seine verdammten Klauen in meine Hand gerammt!

„Du solltest dich NICHT umdrehen!", knurrt er, ohne meine Hand loszulassen.

Plötzlich stolpere ich. Meine andere Hand ist jetzt auch blutig, na toll! Und meine Jeans ist zerrissen und auch voller Blut. Beim aufstehen wird mir wieder schwindelig.

Schlecht wird mir auch, direkt nachdem ich bemerkt habe, dass eine kleine, schwarze, verwilderte und hässliche Katze vor mir sitzt und mich blutrünstig anglotzt.

Scheiße!!!

„Isaac? Isaaaac?!", rufe ich angsterfüllt in alle Richtungen um mich herum, aber da ist niemand. Keine Stimme, die mich versucht zurückzuholen, kein Verfolger. Nur diese Katze.

Die Katze steht auf und kommt auf mich zu. Beim rückwärts gehen stolpere ich wieder. Die Katze springt auf mich zu. Ich kneife die Augen zu und ertrage die Angst. Aber mehr ist da nicht. Ich öffne meine Augen und liege auf einem riesigen Baumstumpf. Und mit riesig meine ich riesig! Ich erkenne den Stumpf wieder. Das ist der selbe, den ich auch in der Schule gesehen hatte.

Das aufstehen fällt mir schwer, aber ich sammle alle meine Kräfte.

Da, da ist Isaac! Ich bin wieder aus diesem Albtraum raus!

Fehlalarm! Scheiße.

Isaac steht zwar mit dem Rücken zu mir da, aber er sieht nicht lebendig aus. Um sicherzustellen, dass ich noch Halluziniere, rufe ich seinen Namen. Er dreht sich zu mir um.

Ein Messer steckt in seinem Bauch. Zuerst sehe ich es kaum, aber je näher ich ihm komme, desto deutlicher wird die Blutlache, in der er steht.

Jetzt stehe ich direkt vor Isaac.

Last chanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt