Kapitel 12: Foltergeräte aka High Heels

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Überrascht riss er seine dunklen Augen auf. Ethan jedoch fing sich wieder und schenkte mir ein zuckersüßes Lächeln. ,,Hmm, eigentlich noch nicht. Aber das kann ich bald von meiner To-do-Liste streichen, oder?", feixte er.

,,Morgen Abend. Hast du da Zeit?" Intensiv musterte ich seine Haltung und die Art, wie er mit seinen Händen gestikulierte, um zu überprüfen, ob er für diese Aufgabe gewachsen war.

,,Traust du mir sowas etwa nicht zu?" Ha! Ich traute ihm so ziemlich alles zu. Gespielt verletzt fasste er sich an die Brust. Ein leises Kichern entfuhr mir. Dieser Typ war perfekt. Einen Hang zur Dramatik und Humor.

,,Doch, natürlich" Meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. ,,Gut, ich bin dabei. Morgen Abend. Wann?" Perfekt. Nun hatte ich ihn.
,,Punkt Mitternacht. Zur Geisterstunde. Nur dass zu dieser Uhrzeit keine Geister herumspuken, sondern zwei Verrückte ihren Job erledigen", kicherte ich vergnügt.

,,Zur Feier des Tages gehen wir heute Abend schick essen. In 30 Minuten fahren wir los. Trödel nicht herum" Nachdem er mir dies stolz mitgeteilt hatte, verschwand er im ersten Stock.
Das wurde ja immer besser.

Gut gelaunt stolzierte ich aus dem Wohnzimmer. Einige Minuten später stand ich grübelnd vor dem gigantischen Kleiderstapel. Schwarz oder Rot? Ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Einerseits fand ich das schwarze Minikleid, welches einen großen V-Ausschnitt hatte, wunderschön. Andererseits war das knallrote lange Abendkleid auch nicht schlecht.

Vor allem die frechen Cut Outs an Brust, Bauch und linkem Oberschenkel hatten es mir angetan. Mein Motto für heute Abend lautete: Sexy und unwiderstehlich. Nach langem Hin und Her entschied ich mich schließlich für das Rote.

Rot, die Farbe, welche für Feuer und wilde Leidenschaft stand. Der feine Seidenstoff schmiegte sich locker an meine Hüften und setzte diese perfekt in Szene. Schwarze High Heels rundeten den Look ab.

Konzentriert setzte ich die dünne Spitze des Eyeliners an mein Augenlid an und verlieh meinen hellen Augen den typischen Cat Eye Look. Als ich endlich mit dem zweiten Auge fertig war und gerade dabei war nach dem roten Lippenstift zu greifen, platzte Ethan ins Bad.
,,Du..", er zögerte einen Moment, ehe er weiter sprach "siehst gut aus"

Weiterhin wand ich mich meinem Spiegelbild zu und fuhr mit der roten Farbe des Lippenstifts über meine Lippen. Arrogant erwiderte ich auf sein Kompliment :,,Ich weiß, du Schlaukopf! Wenn es mir nicht stehen würde, hätte ich es ja nicht gemacht" Danach drehte ich mich zu ihm und... WOW!

Der Typ wusste, wie man Frauen mit dem richtigen Outfit verführt. Der pechschwarze Anzug passte perfekt zu den ebenfalls dunklen Augen. Wie angegossen saß er. Besonders an seinen Schultern und Armen spannte das Jackett etwas. Dies brachte wiederum seine gutgebaute Statur zur Geltung.

Seine schwarzen Locken glänzten seidig. Trotz meiner Killerstiefel überragte ich Ethan nicht.
Obwohl ich das natürlich niemals vor ihm zugeben würde, sah er wie ein gefallener Engel aus. Verlockend. Heiß. Sexy. Genau dies würde jedem, der sich dem dunklen Prinzen näherte, zum Verhängnis werden. Zwar glich sein Äußeres dem eines Engels, einem Geschöpf des Himmels, aber sein Inneres war verdorben und von Bosheit zerfressen.

Genau das zog mich auch so an. Nicht seine schöne Hülle, sondern seine dunkle Seite.
Jede Zelle meines Körpers schrie nach seinen Berührungen. Verzweifelt versuchte ich dieses plötzliche stärker werdende Verlangen zurückzudrängen und in die hinterste Ecke meines Herzens zu sperren.

Vor Frust ballte ich meine langen Fingernägel in die Handflächen. Den Schmerz bemerkte ich nicht. Das konnte doch nicht wahr sein! Seit wann verlor ich so schnell die Kontrolle?
Um von meinem Starren, das ihm bestimmt aufgefallen war, abzulenken, giftete ich ihn an:,, Worauf warten wir noch? Wer hat denn vorher so rumgestresst, dass wir früh genug losfahren müssen?!"

Trocken lachte mein Gegenüber auf.
,,Jetzt, komm", zischte er in einem leicht säuerlichen Ton, als er meine Hand nahm und mich hinter sich herzog. ,,Hey! Renn nicht so! Im Gegensatz zu manch anderen Leuten bin ich nicht zwei Meter groß!", rief ich ihm genervt hinterher, aber er ignorierte mein Gequengel.

Ich musste doppelt so große Schritte machen, um mit ihm mitzuhalten. Was musste dieser Idiot auch so rennen?! Mit mir im Schlepptau steuerte er geradewegs auf die Treppen zu. Verdammt, warum mussten wir genau diese teuflischen Treppen benutzen? Konnte dieser Typ sich nicht einfach einen Lift einbauen lassen? Geld hatte er anscheinend ja mehr als genug.

Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen, was sich bei diesen Killerstiefeln als äußerst schwierig herausstellte. Innerlich verfluchte ich mich selber unzählige Male. Warum zum Teufel hatte ich auch unbedingt diese Foltergeräte anziehen müssen? Tja, wie pflegt man immer zu sagen: Wer schön sein will, muss leiden.
In diesem Moment wurde mir die Bedeutung des Spruches schmerzhaft bewusst.

Reifen quietschten auf und sofort wurde ich in das weiche Leder des Sportwagens gedrückt. Besorgt musterte ich meine Füße, welche höllisch wehtaten. Dabei trug ich sie erst seit zehn Minuten. Vorsichtig löste ich die Bänder des teuren Schuhs und massierte meine schmerzende Fußsohle.

Fokussiert saß Wills jüngerer Bruder am Steuer und warf mir gelegentlich besorgte Blicke zu.
,,Alles okay? Wir müssen zum Restaurant eh nicht weit gehen. Außerdem hat dich niemand gezwungen diese Teile anzuziehen" Seine Stimme klang leicht vorwurfsvoll. Ähm..Hallo?
Wer hatte mich denn so diese blöden Treppen hinunter gehetzt?!

Schmollend verzog ich meine Lippen und ignorierte ihn. Mittlerweile war es stockfinster und die Landschaft verschwamm zu einer kalten, dunklen Masse. Die ganze Fahrt über herrschte eine drückende Stille. Nur das Grollen des Motors ertönte. Abrupt stieg er auf das Bremspedal und der Sportwagen bremste kreischend.

Ich wurde mit einer solchen Wucht aus meinem Sitz gedrückt, dass ich fürchtete, mit meinem Gesicht die Frontscheibe zu küssen. Mein Herz rutschte mir in die Hose. So ein Glück, dass es Sicherheitsgurte gab. Da hatte die verblödete Menschheit einmal etwas richtig gemacht.

Wütend hupten die Autos hinter uns.
,,Wer zum Fick hat dir eigentlich ins Hirn geschissen?! Hast du eine Ahnung, wie lebensmüde es ist, einfach auf dem Highway stehenzubleiben?!", kreischte ich hysterisch. Mein Puls war mittlerweile auf 180.

Kalt blickte er mich an. Eiskalt. Dachte dieser hirnamputierte Idiot wirklich, dass ich mich so leicht einschüchtern ließ? Ich ließ mich von niemandem bedrohen. Und schon gar nicht von Ethan.

,,Kannst du einmal aufhören, so verdammt anstrengend zu sein? Und hör mit diesem trotzigen Verhalten auf, das funktioniert bei mir nicht. Außerdem haben wir doch eine Abmachung? Sag mir, kleines Mädchen, ist das, das du gerade abziehst, professionell?"

Wenn Kleine Mädchen Trinken Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt