Kapitel 09: Wie dreist!

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Mit nur einem dünnen Handtuch bekleidet, verließ ich das Badezimmer. Geschockt starrte ich auf diese eine Person, welche faul im Bett lag.
War das sein verdammter Ernst? Wie dreist! Das Siegerlächeln war ihm fett ins Gesicht geschrieben.

,,Worauf wartest du denn noch, kleines Mädchen? Kleine Mädchen sollen nicht so spät ins Bett gehen und nicht leicht bekleidet zu so einer Uhrzeit herumlaufen", provozierte Ethan boshaft.

Wie eine Schlange umkreiste er mich, jederzeit auf einen Angriff gefasst. ,,Ethan, lass den Scheiß und hör auf dich wie ein unreifer 14-Jähriger zu benehmen. Außerdem was machst du in meinem Bett? War nicht ausgemacht, dass wir getrennt schlafen?"

Empört stemmte ich die Hände in meine Hüften und warf ihm einen trotzigen Blick zu. Sein dunkles Lachen klang wie ein tiefes Grollen.
,,Ich glaube du hast dich versprochen, denn genau genommen ist es MEIN Bett und MEIN Haus, kleines Mädchen"

Autsch. Das war ein Schlag ins Gesicht. Doch ich ließ mich keineswegs von einem Typen mit aufgeblasenem Ego klein machen. Hallo, es ist das Jahr 2022! Ich war immerhin eine Frau.
Auch wenn ich ihm vielleicht körperlich unterlegen war, hatte ich ebenso meine Tricks. Zudem war ich intelligent genug, meinen Körper als Waffe zu benutzen.

Spitzbübisch grinsend stolzierte ich auf ihn zu.
Mit Argusaugen beobachtete er mich. Galant stellte ich meine langen schlanken Beine zur Schau, die nebenbei erwähnt splitterfaser nackt waren.

Vor Schreck fielen ihm fast seine Augen heraus. Natürlich zeigte ich nicht private Zonen, aber ich wusste, dass viele Männer auf Beine oder Oberschenkel abfuhren. Blitzschnell baute er sich vor mir auf. Dabei überragte Wills jüngerer Bruder mich um fast drei Köpfe.

Und diese kräftigen Arme kamen sicherlich nicht nur vom Reparieren unzähliger Autos. Seine Augen hatten einen dunklen Glanz. ,,Weißt du, was du da mit mir anstellst?", raunte der aufgeblasene Idiot, der zu meinem Pech so gefährlich gut aussah.

Tief blickte er mir in die Augen. Nein, direkt in die Seele. Wie als wollte er zu mir durchdringen und mein inneres Kind, das voller Hass und Trauer war, heilen. Aber es war unerreichbar.
Selbst für mich. Nichts half. Nur Rache.

Vergeltung für all das Leid und das Unrecht, welches mir angetan wurde. Genau das gab mir Kraft. Kraft, um weiterzukämpfen und nicht aufzugeben. Sollte mein Plan jedoch scheitern, was ich natürlich in Kauf nahm, würde ich diese Monster mit ins Verderben reißen.

Ob ich früher auch schon so gewesen war?Ehrlich gesagt wusste ich es nicht. Dennoch war mir bewusst, dass ich ein schlechter Mensch war.
Das beste Beispiel, welches man seinen Enkeln erzählte, damit sie ja immer auf dem richtigen Weg blieben.

Aber ich hatte nie die Möglichkeit gehabt, zu wählen. Man hatte mir als kleines Kind nie erzählt, was richtig und was falsch war.
Warum sollte ich es also jetzt haben? Vielleicht war ich krank. Gestört.

Eigentlich war jeder Mensch auf diesem verdammten Planeten auf seine ganz eigene Art und Weise gestört. Viele unterdrückten dies jedoch.

Nun hatte er mich erreicht. Warmer Atem stieß gegen meinen. Mein Herz, das bis jetzt noch so gleichmäßig geschlagen hatte, sprang mir beinahe förmlich aus der Brust. Langsam lehnte er sich zu mir nach vorne, ehe er leise wissen wollte, warum ich denn so nervös sei.

Schnell griff ich nach seinem Nacken, zog ihn näher zu mir. Noch näher. Bis uns nur noch ein Luftzug voneinander trennte. Frech biss ich ihm in sein rechtes Ohrläppchen und saugte fest daran.

Dabei erwischte ich seinen goldenen Ohrring,
den er nur auf dieser Seite trug. Kaltes Metall berührte meine geschwollenen Lippen. So schnell wie ich gekommen war, entfernte ich mich von Ethan und ging zügig Richtung Treppe. Wenn mein Plan jetzt schiefging, wäre ich geliefert.

,,Fang mich, wenn du kannst", versuchte ich so verführerisch wie möglich zu klingen und verbiss mir innerlich ein Lachen. Oh Gott, wenn Sarah mich so sehen würde, ich konnte schon fast spüren, wie sie mit einer knallroten Packung voller Kondome vor mir stand und wild mit dieser vor meinem Gesicht rumwedelte.

Einen Moment war mein Gegenüber wie erstarrt, offensichtlich verblüfft, dass ich tatsächlich so etwas wie Charme besaß, ehe er sich auf seine vollen Lippen biss. ,,Spielen, möchte mein kleines Mädchen also", schnurrte er mit seidiger Stimme.

,,Okay, dann spielen wir" Wie vom Blitz getroffen, düste ich los und war fast bei der Tür angekommen, als mich ein warmer Luftzug streifte. Dann ertönte eine mir allzu bekannte Stimme :,,Komm schon, kleines Mädchen. Mehr hast du nicht drauf? Hast du in Sport etwa geschlafen?"

Dieser Typ konnte es scheinbar einfach nicht gut sein lassen. Immer wieder musste er provozieren und noch mehr Öl ins Feuer gießen. Und ich Idiot ging auch noch auf dieses Kindergartentheater ein. Rasend vor Wut lief ich schneller, immer schneller.

Ethan jedoch war zu meinem Pech immer dicht hinter mir. Wie ein Raubtier jagte er sein Opfer gnadenlos. Verzweifelt lief ich um die Küche und schaute schnaufend zu ihm hinüber. Er war jedoch nicht mal ein kleines bisschen aus der Puste und wahrscheinlich noch nicht einmal aufgewärmt.

Hektisch sprang ich nach links, doch zu meinem Pech tat er es mir gleich und ließ mich nicht eine Sekunde aus den Augen. Rose, was hast du dir da schon wieder eingebrockt... Eins, Zwei... Drei!
Blitzschnell rannte ich um den Tisch direkt in seine Arme.

Flink schlüpfte ich an ihm vorbei, wenigstens einmal war meine Körpergröße von Nutzen. Rasselnd und nach Luft schnaufend erreichte ich das Obergeschoss und schoss zielstrebig um die Ecke. Seine Schritte kamen mir immer näher.

Mein Herzschlag und seine Schritte lieferten sich ein Duell. Wer wohl schneller war? Mit zittrigen Finger erfasste ich das kühle Metall des Schlüssels und verschloss die Tür. Einmal. Zweimal. Zur Sicherheit sperrte ich lieber öfter zu.

Erschöpft sank ich auf die kühlen Dielen des Holzbodens. Einatmen. Ausatmen. Alles wird gut, er wird dir schon nicht den Kopf herunterreißen. Wir brauchten jeweils die Hilfe des Anderen. Naja, als helfen konnte man sowas nicht bezeichnen, eher als ausnutzen.

Aber warum störte mich das so? Weiter kam ich nicht, da die Tür neben mir erzitterte, als wäre gerade ein Erdbeben der Stufe  sieben.

Wenn Kleine Mädchen Trinken Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt