und alles was man in seinen Augen noch sah, war
"$$??"
seine Augen rollten hoch, er war eine Slotmaschine, doch das Dritte Auge blieb ihm verschlossen
er würde nie den Jackpot knacken, in Pokerfaces ist klein Platz für Achtsamkeit.
Er würde nie den Jackpot knacken, es generell nie schaffen,
das hatten sie ihm schon früh gesagt.
beachtlich, was ich alles so denke, mal leben zu möchten
Manchmal denke ich mir, nach meinem Bachelor sollte ich noch einen Master und einen Doktor
und dann eine Ausbildung machen. Vielleicht zur Dachdeckerin, Dächer sind derbe cool.
Mein einer Kumpel den ich habe, einer von nur 2 Freunden ohne akademischen Hintergrund,
ist Landschaftsgärtner und muss jeden Tag 5:30 aufstehen.
Dafür gibt es eigentlich keinen Grund, in der Mittagshitze sitzt er ja eh,
und die Pflanzen und Pflastersteine gucken doch nicht früh um 7 ungeduldig auf die Uhr.
Und warten auf ihn. Und vielleicht würde ein ganz klein wenig mehr Schlaf ja
ein ganz klein wenig gegen diese Rückenschmerzen helfen.
Er beschwert sich nie, aber lacht auch richtig selten so echt ehrlich
und er erzählt auch selten mal was, nur, wenn man nachfragt. Man muss schon viel nachfragen.
Obwohl er, zeitlich, körperlich, verantwortungsmäßig gesehen, ja am meisten von uns macht,
also eigentlich auch am meisten erzählen könnte. Er war schon immer der ruhige Typ.
Manchmal denke ich mir, ich sollte eine Weiterbildung zur Yogalehrerin machen
und dann im Casino Karten austeilen. Beides erscheint mir viel zu leicht.
Mein erster und schlimmster, damals aggressiver Mitbewohner (BWL Student)
hatte mal in einem Casino gearbeitet, und meinte, die Leute dort waren so subtil abgefuckt
dass er sich nach den Schichten jedes Mal übergeben musste.
Auf meine Frage, warum er weitergemacht habe, meinte er, dass das Geld gestimmt habe.
Er war immer nervös, ging teilweise tagelang nicht raus, hatte keinen Tagesrythmus,
spielte in den Nachtstunden Poker, tötete jede Stimmung, wenn er den Raum betrat,
schaffte sein Studienpensum nicht, ebenso wenig wie
die Einhaltung der einfachsten Grenzen im gemeinschaftlichen Zusammenleben. Und
er war süchtig danach, sein Geld für mindestens 300€ teure Parfums auszugeben. Er roch toxisch.
Seine Nachmieterin brauchte Monate, um die Geruchsgeister aus seinem Zimmer zu vertreiben.
Manchmal denke ich mir, nach meinem 3. Studienwechsel nochmal jetzt einfach literarisches
Schreiben zu studieren, oder Innenarchitektur, oder Skandinavistik
Mein Exfreund studiert Industriedesign, der renommierteste Studiengang
an der renommiertesten Uni, in unserer dadurch renommierten Stadt
Und unter anderem deswegen musste seine Psyche renoviert werden.
Wegen dem Druck im Studium, so einem ganz ungreifbarem Druck, wie ein glitschiger Aal
Und wegen der Depression, die eh schon da war, und von der die Kunst kam,
und wegen der auch nur die Kunst noch geht. Als er vor dem Studium
die ganzen Praktika machte, beim Schlosser, beim Schreiner, beim Schmied und beim
Schallschutzisolierer - da ging es ihm vergleichsweise gut. Jetzt. Macht er ein Urlaubssemester
nach dem anderen, um klarzukommen. Und ein Auslandssemester, ein Gastsemester...
Und langsam frage ich mich, ob die Sekretariate und Privatkassen ihm das noch lange gönnen.
Und ob ich ihm das noch gönne. Oder mir selbst zu viel oder zu wenig gönne.
Ich lebe in einer behüteten Blase. Vielleicht zu behütet um nach un/realen Gefühlen zu trennen
Oder ist das eine Verarsche von der Oberschicht, dieses "reale Gefühle" Aushalten-Können
Oder bin ich schon die Oberschicht? Oder will sie nur, dass ich das glaube, dass ich es verpenne?
Mir geht es viel besser als den Meisten - den Meisten, die ich alle nicht mal kenne.
Ich nenne mich links, doch lebe eigentlich nur liberal. Und meist ist es so, dass ich brenne
und romantisiere, mich reinsteigere, kurz stagniere - Und dann einfach renne.
(Zum "freien Leben" (zum Geld hin) natürlich.)