Kapitel 8

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Vergebung erfordert Stärke, ebenso Entschuldigungen

Nachdem der Regen vorüber war, begab ich mich auf die Suche nach meinem Freund. Milan hatte angeboten mir zu helfen, doch ich hatte mit Gift auf der Zunge abgelehnt. So stand ich hier nun. Wusste nicht, wo ich war, oder wo ich hinsollte. Ich lief einfach geradeaus. Immer weiter. Irgendwann hörte ich das Plätschern eines Baches und hielt inne. Abdrücke von Pfoten waren zu erkennen, doch das waren nicht seine. Er hatte eine tiefe Narbe in seiner rechten Vorderpfote, weshalb man seine Spuren von denen der anderen unterscheiden konnte. Außerdem waren diese Spuren zu groß für ihn, also drehte ich mich gedankenverloren um und erblickte goldbraunes Fell. Mein Blick hob sich und sah in die Augen eines Leosos, eine Kreatur mit dem Körper eines Bären und dem Kopf eines Löwen. Sie waren gefährlich und trotz ihrer Masse verdammt schnell. Ich suchte nach einem Ausweg aus dieser misslichen Lage, doch in dem Bach erklang bereits das Lied des Todes. Angstschweiß bildete sich auf meiner Stirn und ich sah nach rechts und links, doch dieses Biest war nicht allein unterwegs. Sie trieben sich meist in kleinen Rudeln umher, so auch dieses Wesen. 

Ich hörte, wie die Melodie des Todes lauter wurde, doch der Leoso zeigte sich furchtlos. Knurrend trat er näher, zeigte mir seine scharfen Zähne. Langsam krochen die Tentakel dieser Kröte an die Oberfläche. Tisaculos lebten in Flüssen und meistens sah man nur ihre dünnen klebrigen Tentakel, die nach dir griffen. Jedoch hatten Max und ich eines dieser Tiere vor einiger Zeit tot aufgefunden, als wir auf Jagd waren. Es war vermutlich an Altersschwäche verstorben, denn so eine Kreatur zu töten, erfordert nicht nur eine ungeheure Stärke, sondern auch verdammt viel Wagemut. Jedenfalls konnten Max und ich erkennen, dass dieses Wesen den Körper einer Kröte hatte, Tentakel eines Kraken und ein Gebiss, wie ich es nur von Haien kannte. Sehr gefährlich, sehr tödlich und da es zusätzlich noch singt, um seine Feinde zu verjagen, nennen wir es den Gesang des Todes. 

Meine Gedanken fanden zurück zur Realität und ich begann zu verzweifeln. Entweder mich zerfleischen Leosos oder mich erwürgt und zerkaut ein Tisaculo. Keine der beiden Varianten würde schöner enden als die andere, also blieb ich einfach an Ort und Stelle. Dann hörte ich ein mir nur zu gut bekanntes Geschrei. Die weißen Augen stürzten sich auf die Leosos und begannen sie zu töten, warum verstand ich jedoch nicht. Die Situation ausnutzend versteckte ich mich und beobachtete das Geschehen. Sie töteten das Rudel innerhalb von Minuten, dann trat ein Magier näher. Sein Mantel war in ein strahlendes makelloses weiß gehüllt, während seine Hände von schwarzen Handschuhen geschützt wurden. Er hob seine linke Hand und die Bestien krochen jaulend beiseite. Dann hockte er sich zu den Leichen und zog seinen rechten Handschuh aus. Ein Muster aus schwarzen und weißen Linien zierte seinen gesamten Handrücken. Seine Finger glitten zu den Augen der Leichen und er legte seine Fingerkuppen auf die leeren Pupillen, kurz darauf murmelte er mir unverständliche Worte, bevor das Tier sich zu regen begann. Die Augen waren kalt und weiß und das Fell schien alt und tot. 

Angst durchflutete meinen Körper, sodass ich beinahe mein Gleichgewicht verloren hätte. Der dicke Baumstamm, hinter dem ich mich versteckte, begann zu knacken und ich wusste, dass etwas nicht stimmte. Dann zerbrach er und krachte vor mir zusammen. Geschockt sah ich dabei zu wie der Baumstamm vor meinen Augen zerbrach und zur Seite kippte. Der Magier sah mir in die Augen und ließ mich in ihnen versinken. Sie waren braun, doch strahlten sie eine kälte aus, die ich noch nie zuvor erlebt hatte. Es schien, als sei er selbst bereits tot. Die weißen Augen knurrten, fletschten die Zähne und sprangen auf die Hinterfüße. Sie wollten mich zwischen ihren Zähnen schmecken und verschlingen. Gänsehaut kroch über meinen gesamten Körper, meine Beine stolperten verzweifelt nach hinten, bis ich fiel. 

Der Magier streckte seine Hand nach mir aus, doch ich schrie und kroch rückwärts. Meine Hände gruben sich in die Erde und griffen nach Steinen, um sie diesen Kreaturen entgegenzuschleudern. Der Mann öffnete seine Lippen, als wolle er etwas sagen, doch schloss sie wieder, bevor er sich zurückzog, zusammen mit seinen selbstgeschaffenen Monstern. Verwirrt und geschockt blieb ich zurück. Mehrere Minuten vergingen, doch ich bewegte mich keinen Zentimeter. Regungslos. Erst als die Nacht einbrach und das Knistern der Stöcke und Blätter mich zurückholte, bewegte ich mich langsam. Ich stand auf, den Kopf schüttelnd und in die Leere starrend. Hatte ich mir das nur eingebildet? Hatte ich mir den Kopf gestoßen? Dann trat ich näher an die Stelle, wo die Leosos zu diesen Toten wurden. Die Erde war plattgedrückt, wo die Leichen gelegen hatten, und hatte jegliches Grün verloren. Plötzlich zog mich jemand in seine Arme. Ich kannte den Geruch, doch wusste nicht woher. Mit leeren Augen starrte ich auf die Brust der Person, nicht in der Lage mich zu wehren, geschweige denn zu bewegen. „Ich habe so lange nach dir gesucht. Max ist bereits in das Lager zurückgekehrt, doch du bist nicht aufgetaucht. Was ist passiert? Bist du verletzt?", fragte er und langsam realisierte ich, dass es Milan war, der mich im Arm hielt. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: 5 days ago ⏰

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