Eine Weile herrschte Stille, nur das Rauschen des Meeres war zu hören, bevor Vaian mit einem Grinsen auf den Lippen sprach. "Du wärst ein Held." Maui stockte sichtlich und sah ihn fragend an. "Das ist dir doch super wichtig, hab' ich nicht recht?"
"Hör zu, Kleiner. Ich bin längst ein Held." Darauf lachte ich schnaubend und klingt mich mit ein. "Vielleicht war das vor einer Zeit mal so, aber jetzt bist du nur der Typ, der die Welt ins Chaos gestürzt hat." Der ungläubige Blick von Maui glitt schnell hinüber zu Vaian, der mit verschränkten Armen bestätigend nickte. Maui sah auch aufs Wasser hinaus, wo sich die kleine Welle wieder erhoben hatte und ebenfalls den Kopf schüttelte.
"Aber, wenn du das Herz zurückbringst und die Welt rettest, dann wärst du für alle der größte Held", erklärte Vaian und öffnete seine Kette, um das Herz zu präsentieren.
Wieder einmal kehrte Stille ein, als Maui überlegte. Kurz wechselte ich einen Blick mit Vaian, der so viel aussagte wie 'Wollen wir hoffen, dass das klappt'.
Plötzlich stand Maui auf und lief über das recht eng bemessene Boot, woraufhin ich schnell das Ruder wieder in die Hand nahm. "Wir schaffen das nicht ohne meinen Haken. Nicht gegen Te Kā." Vaian stand schnell vor Maui. "Dann holen wir deinen Haken, besiegen Te Kā und bringen das Herz zurück." Da der Halbgott weiterhin nicht überzeugt aussah, sah Vaian kurz über die Schulter zu mir, bevor er grinsend fortfuhr. "Es sei denn, du willst gar nicht Maui, Halbgott des Windes und des Meeres, Held von allen, sein?" Bei dem Titel musste ich mir das Lachen verkneifen, denn das wäre definitiv nicht förderlich in dieser Situation. Immerhin brauchen wir Maui.
Nach einem Seufzen nickte er, bevor er sich zu mir drehte. "Verschwinde, Kleine. Ich segle." Auf das Kommando hob ich nur eine Augenbraue. "Sag mir, wo wir hinfahren. Ich kann segeln."
Maui rollte mit den Augen. "Wir segeln nach Osten. Zur Grotte von Tamatoa. Wenn jemand meinen Haken hat, dann dieser heimtückische Schneckenfresser. Aber ich segle, verstanden?" Noch bevor ich antworten konnte, schmiss er mich von Bord. Als mich das Wasser wieder zurück aufs Boot stellte, stöhnte er genervt auf. "Natürlich kannst du das auch." Mein Blick zu Vaian zeigte ihn nur mit einem Schulterzucken und leichten Grinsen.
Als ich mich wieder zurück zu Maui drehte, sah ich das Wasser sich mit zwei der Betäubungspfeile der Kokomora auftürmen. Nach einem subtilen Nicken von mir jagte es die Pfeile in Mauis Rücken, woraufhin er wenige Sekunden später bewusstlos zu Boden fiel. Vaian und ich hievten den wesentlich größeren und schweren Halbgott zur Seite, bevor ich mich wieder ans Ruder setzte und die Hand ins Wasser hielt.
"Warum machst du das?", hörte ich Vaian fragen, woraufhin ich ihn verwirrt ansah. "Um zu sehen, ob wir richtig sind." Ich drückte etwas am Ruder, da das Wasser kalt war. "Wenn es warm ist, sind wir richtig. Kennst du den Trick nicht?"
Daraufhin lachte Vaian nur etwas verlegen, bevor er sich räusperte. "Ich kann ehrlich gesagt nicht segeln." Er kam noch einige Schritte näher zu mir und kniete sich vor mich, damit wir auf Augenhöhe waren. "Bring es mir bei."
"Ein Bitte hätte es auch getan", murmelte ich grinsend, woraufhin er über dramatisch seufzte. "Aber ich bin heute einmal so gnädig und werde es dir zeigen."
Vaian strahlte sofort und sprang auf, während er triumphierend die Fäuste in die Luft riss. Irgendwie fand ich das süß.
"Okay, zuerst müssen wir die Schoten dicht holen. Das machen wir, damit das Segel perfekt an die Windverhältnisse angepasst ist. Verständlicherweise ist das verdammt wichtig fürs Segel. Ohne Wind im Segel wird logischerweise überhaupt nichts." Vaian blickt zu mir und nickte aufmerksam, bevor er sich auf dem Boot umsah. Natürlich wusste er nicht gleich, was die Schot war. Mit einem Lächeln und sanften Augenrollen deutete ich auf die richtige Leine. "Und jetzt musst du es entweder fester oder lockerer binden, je nachdem wie der Wind mitspielt."
Er zog ein wenig an der Schot. Gerade in dem Moment blies ein Windzug direkt in das Segel und er verlor etwas das Gleichgewicht. "Alles in Ordnung?", fragte ich schnell, nachdem er wieder sicher stand. Er nickte nur als Antwort und deutete mir an, fortzufahren. Schnell erklärte ich ihm, wie ein Seemannsknoten funktionierte, aber da er offensichtlich nur Bahnhof verstand, ging ich zu ihm und begleitete seine Hände, damit er es richtig machte. Seine Hände waren warm unter meinen, doch ich versuchte nicht weiter darüber nachzudenken.
Als er dann den Knoten hatte, ließ ich ihn wieder los und lächelte stolz. Dann sah ich mich auf dem kleinen Boot um, was ich ihm als Nächstes zeigen konnte. "Setz dich mal bitte da ans Ruder. Ich zeige dir den Trick, den ich eben erwähnt hatte."
Er tat ohne Widerrede, wie ihm geheißen, und hielt auch gleich die Hand ins Wasser, um zu fühlen. "Es ist kalt", stellte er etwas deprimiert fest. "Du hast das Ruder in der Hand. Drücke einfach mal ein wenig und fühle, wo es wärmer wird. Aber nicht zu fest drücken, sonst kippen wir." Er nickte und steuerte uns sanft in eine andere Richtung. Konzentriert blickte er auf seine Hand, bis sich seine Augen freudig weiteten. "Es wird wärmer!" Ein Lächeln schlich sich schnell auf meine Lippen. Sein Enthusiasmus war ansteckend.
Ich rückte ein Stück näher zu ihm und hielt meine Hand ebenfalls ins Wasser. Als ich nickte, strahlte er noch breiter. "Rudere noch ein wenig in die Richtung. Es geht noch wärmer", wies ich ihm an, was er sofort befolgte. Langsam wurde das Wasser noch wärmer, bis wir genau auf dem richtigen Weg waren. Ich schüttelte das Wasser von meiner Hand ab, als ich wieder aufstand. "Jetzt müssen wir nur den Kurs halten", kommentierte ich und lächelte ihn über meine Schulter an. Vaian nickte verstehend und lächelte zurück.
Mein Blick glitt dann zum Himmel. Mittlerweile ging die Sonne langsam unter. Das Wasser spiegelte die bunten Farben des Himmels glitzernd wider. Zufrieden seufzend, setzte ich mich in die Mitte des Bootes. Zwar spürte ich Vaians Blick in meinem Nacken, doch für eine kurze Sekunde stellte ich mir vor, dass ich wieder auf meinem Boot allein saß und den Sonnenuntergang beobachtete. Doch nachdem ich einige Male ruhig durchgeatmet hatte, sah ich wieder über meine Schulter zu ihm. "Wenn es dunkel ist, kann ich dir noch zeigen, wie man anhand von den Sternen den Weg findet. Es sieht aus, als würde der Himmel heute klar sein." Vaian bedankte sich schnell und kontrollierte noch einmal die Temperatur des Wassers.
Mit einem weiteren Seufzen sah ich wieder zum Himmel und wartete, bis die Nacht anbrach.
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Gemeinsam (m. Vaiana)
FanfictionAls Kalani gezwungen wird, von ihrer Insel zu fliehen, um das Herz von Ti Fiti zu suchen und zurückzubringen, hätte sie sich nie ausmalen können, wie ihr Abenteuer ausgeht, als sie den zweiten vom Wasser Auserwählten trifft. Cover: Original von the...