Schweißgebadet und verängstigt schoss Melodie nach oben und klammerte sich verzweifelt an ihrer Bettdecke fest. "Scheiße, lass mich doch endlich in Frieden!", japste sie verzweifelt und war kaum dazu in der Lage sich zu rühren. Verunsichert kauerte sie auf der alten Matratze, die auf dem harten Fußboden, ihrer Plattenbauwohnung lag. Dabei suchten ihre Augen panisch nach Umrissen in der Dunkelheit, da sie stets und ständig das Gefühl hatte beobachtet zu werden. Wie jede Nacht, suchte sie nach den stechenden, grünen Augen, die ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen wollten. Egal wie sehr sie es auch versuchte, sich von ihren Gedanken zu befreien, sie schaffte es einfach nicht und jedes Mal aufs Neue war da nichts, als die kalte Leere in ihrem kleinen Zimmer, welches sie sich gerade so leisten konnte. Es vergingen mehrere Minuten, bis sie sich aus ihrer Angststarre befreien konnte und es schaffte sich zu beruhigen. Als sie schließlich die Kraft dazu fand aufzustehen, um das Licht einzuschalten, befand sie sich wie so oft in einem Zwiespalt ihres Glaubens. Aber was war es, woran sie noch glauben sollte? „Wieder ein Albtraum...", nuschelte sie vor sich hin und griff zielgerichtet in eine Schublade ihres klapperigen Schränkchens, welches sich direkt neben ihrer Matratze befand. Es war zwar erst 3 Uhr morgens, aber sie brauchte einfach eine Kippe, um ihre Nerven zu beruhigen. Sie hatte sich schon öfter vorgenommen aufzuhören, aber im Prinzip handelte es sich hierbei noch um ein kleineres Übel im Vergleich zu den Mitteln, die sie brauchte, um am Abend überhaupt zur Ruhe zu kommen. Sie öffnete das Fenster und lehnte sich weit hinaus in die Nacht, um einen klaren Kopf zu bekommen. Das silberne Feuerzeug loderte auf, als sie es aufklappte. Sekunden später nahm sie einen tiefen Zug, der sie wenigstens für einige Sekunden zur Ruhe kommen ließ, bevor sie, wie schon so oft, von ihren Gedanken weit fort getragen wurde. Starr richtete sie dabei ihren Blick auf den Wald, der sich direkt vor ihrem Wohnblock erstreckte. "Wie konnte es nur so weit kommen?" Diese Frage stellte Melodie sich schon oft, doch fand sie nie eine Antwort darauf. Sie wollte doch einfach nur ein normales Leben führen und stattdessen war sie gefangen in dieser Hölle, die sie sich im Grunde selbst geschaffen hatte. Nicht, dass sie es jemals in ihrem Leben einfach gehabt hätte, aber so richtig bergab ging es erst an dem Tag, an dem sie 18 Jahre alt wurde. Sie erinnerte sich noch daran, als wäre es erst gestern gewesen. An diesem Tag vernahm sie zum ersten Mal das Flüstern in ihrem Kopf. „Du wirst mein sein...", waren die Worte, die zu diesem Zeitpunkt noch mystisch klangen. Damals glaubte sie noch, dass sie einfach zu viel getrunken hatte, aber als sie diese geheimnisvolle Stimme fortan häufiger hörte, fing sie ernsthaft an, ihren Geisteszustand anzuzweifeln. Wenige Wochen später begannen dann die Träume, in denen sie immer wieder von einem jungen Mann, der eine Maske trug, erwartet wurde. Dabei handelte es sich stets um inszenierte Rendezvous, die sorgfältig geplant schienen. Die Ironie, die sich daraus ergab, war, dass er wirklich immer höflich, zuvorkommend und vorbereitet war. Eben ein waschechter Gentleman, wie er im Buche stand. Hört sich zunächst romantisch an, aber das war es ganz und gar nicht. Schließlich traf sie ihn nicht aus freien Stücken und fühlte sich mehr als nur unbehaglich, wenn er sich so bevormundend und besitzergreifend benahm . Prinzipiell war es eher nicht der Fall, dass er sie um etwas bat. Er handelte einfach so, wie es ihm gerade in den Kram passte und dagegen konnte sie sich nicht wehren, da er wortwörtlich über ihre Träume herrschte. Das Schwierigste für sie war jedoch ihr zunehmender Realitätsverlust, den sie erlitt, wenn er in ihrer Nähe war. Es gab Zeiten, da erkannte sie oft keinen Unterschied, zwischen Phantasie und Wirklichkeit, was ihr sogar schon einen Aufenthalt in der Psychiatrie verschafft hatte. Für mehrere Monate wurde sie in der Forensik inhaftiert, weil sie einen fremden Mann mit einer Glasscherbe angegriffen und verletzt hatte. Sie glaubte damals daran, dass dieser Typ die leuchtenden Augen besaß, nach denen sie tagtäglich Ausschau hielt und hatte vorgehabt ihn zur Rede zu stellen. In ihrer Verzweiflung hatte sie diesen, ohne den Funken einer Vorwarnung, überwältigt und bedroht. Natürlich hatte sie eine panische Angst vor dem, was sie verfolgte, aber sie wollte und konnte sich nicht eingestehen, dass sie verrückt war. Es hieß, sie leide an schwerer Schizophrenie und einer multiplen Persönlichkeitsstörung, was sie zu dieser Straftat getrieben haben soll. Erschrocken von ihrer Handlung glaubte sie dies sogar anfänglich und leistete keinerlei Widerstand, während sie in dieser Irrenanstalt weggesperrt wurde. Außerdem war Melodie schlau genug, um zu wissen, dass sich ihr Aufenthalt nur verlängern würde, wenn sie sich dagegen wehrte. Über ein Jahr lang bekam sie starke Psychopharmaka und andere Mittel, die sie zwar ruhig stellten, aber ihr nicht die Träume, oder gar die Stimme fern hielten. Wirklich alle hatten sich seit diesem Vorfall von ihr abgewandt und sie war völlig allein mit dieser Last. Zudem wusste sie, dass ihr Niemand glauben würde, weshalb sie so tat, als würden ihr die Medikamente helfen. Direkt nach ihrer Entlassung, entsorgte sie diese jedoch und begab sich auf die Suche, nach sinnvolleren Alternativen. Es war keine Lösung, auf die sie sonderlich Stolz war, aber es verschaffte ihr immerhin kurzzeitige Ruhe. Sie nahm den letzten Zug von ihrer Kippe und blies den Rauch in die kühle Herbstnacht hinaus. Einen Moment lang schaute sie noch in den Wald und war verloren in ihren Gedanken. Mittlerweile war sie schon 21 und wirklich alles fühlte sich so sinnlos an. Was sollte sie bloß mit ihrem Leben anfangen? Sie war kaum in der Lage sich selbst zu versorgen und verbrachte den Tag damit durch die Weltgeschichte zu streifen, in der Hoffnung, dass sie finden würde, wonach sie suchte. Was sie dann allerdings tun würde, wenn es jemals so weit sein sollte, wusste sie auch nicht. Alles was sie wollte waren antworten. Es musste doch einen Grund für all das geben. Sie schloss ihr Fenster und bewegte sich in ihr kleines Bad, in dem gerade einmal genug Platz war, um sich einmal umzudrehen. Dabei schaute sie in den Spiegel und betrachtete sich selbst. „Warum bin ich bloß mit solchen Haaren geplagt? Ist mein Leben nicht verkorkst genug?", blubberte sie genervt vor sich her und begann mit ihrer täglichen Morgenroutine. Eigentlich war Melodie wunderschön und stach mit ihrem Äußeren aus jeder Menge heraus, aber sie selbst sah sich mit ganz anderen Augen. Sie konnte ihrem Aussehen einfach nichts abgewinnen. Ihre mondhelle Haut, war mit Schönheitsflecken und Sommersprossen übersäht und leuchtete förmlich. Wilde, naturrote Locken, die ihr bis zur Taille reichten rahmten ihr elfengleiches Gesicht ein, welches durch ihre hellblauen Augen, die so klar strahlten wie reine Aquamarine, besonders zur Geltung kam. Mit einer Körpergröße von 1,63 Meter und mit einem Gesamtgewicht von knappen 48 Kilogramm war sie zwar recht zierlich, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Zumindest ließ sie sich früher nicht so ohne weiteres den Mund verbieten. Wie jeden Tag versuchte sie mit aller Macht ihre Lockenpracht zu bändigen und fluchte dabei unentwegt. „Verdammter Mist! Ich rasier die bald ab!", schimpfte sie, während sie sich den Kamm brutal durch die Haare zog. „Das wirst du schön bleiben lassen!", hörte sie die Stimme in ihrem Kopf, die ihr eine Gänsehaut bescherte. Mit aufgestellten Nackenhaaren fuhr sie herum und suchte ein weiteres Mal nach möglichen Umrissen. Es konnte doch nicht sein verdammter Ernst sein, dass er sich selbst in diese Angelegenheit mit einmischte. „Was willst du von mir? Sag mir doch endlich, wer du bist und was das soll!", schrie sie ihr eigenes Spiegelbild an. Egal wo sie hin ging und egal was sie tat, er war immer überall und nirgendwo. Wie zu erwarten, bekam sie wieder keine Antwort auf ihre Fragen, was sie innerlich zerstörte. Im Grunde führte sie stets einen Monolog mit sich selbst, was sie noch weiter verunsicherte. Obwohl augenscheinlich Niemand in ihrem Bad stand, spürte sie dennoch eine starke Präsenz, wodurch sie wie erstarrt auf der Stelle stehen blieb und sich zunächst nicht rührte. Nach einem Moment der Stille, nahm sie jedoch all ihren Mut zusammen und machte weiter. Mit einem unguten Gefühl behaftet zog sie sich widerwillig aus und schob ihren Schlafanzug mit ihrem Fuß beiseite, bevor sie, wie ein scheues Reh, unter die Dusche huschte. Dass warme Wasser, welches sich um ihren Körper schmiegte, verschaffte ihr einen kurzen Moment der Entspannung und ließ sie ihre Gedanken vergessen. Diese Unbeschwertheit, war jedoch nur von kurzer Dauer, da sich die Stimme wieder bemerkbar machte. „Du bist wunderschön...", hallte es in ihren Gedanken, was sie aus der Dusche springen ließ. „Lass mich doch endlich in Frieden!", schrie sie, während sie sich versuchte in ihr Handtuch einzuwickeln, welches sie regelrecht von der Stange riss. Würde man sie so sehen, hätte man sie sofort wieder in die Klapse verfrachtet und vermutlich in eine Gummizelle eingesperrt.
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Feuer der Leidenschaft - Dunkle Begierde
ParanormalVon der Gesellschaft verstoßen und heimgesucht von einem mysteriösen Dämonenfürsten, versucht Melodie verzweifelt einen Platz in ihrer tristen Welt zu finden. Im Stich gelassen und Verraten von den Menschen, die sie gebraucht hätte, begibt sie sich...