Königin des Lichts

Kapitel 4: Unverhofftes Wiedersehen

Lautes Klackern halltmonoton durch den Raum. Das Geräusch war so vertraut, dass man estrotz seiner Lautstärke nicht mehr wahrnahm. Immer wieder stößtsie sich unbewusst den Kopf an der kalten Scheibe des Zugfensters.Die Strecke ist holprig, weshalb der Zug augenscheinlich fast von denSchienen fällt. Aber das eiserne Gefährt kriecht ächzend den Berghinauf. 10 Stunden ist sie jetzt schon unterwegs. Insgeheim ärgertsie sich, dass sie Mephisto nicht nach einem Schlüssel gefragt hat.Dann hätte sie einfach nur durch die nächstbeste Tür des Vatikansspazieren können, um zurück in ihre Heimat zu gehen. Aber dannhätte dieser verdammte Dämon wohl darauf bestanden, sie zubegleiten. Nein. Nicht hierher. Nicht in ihre Heimat. Nicht zu ihm.

Langsam läuft sie durchdie fast menschenleeren Straßen. Kieselsteine knirschen immer wiederunter ihren festen Schuhen. Es ist unfassbar früh. Die wenigstenLeute sind jetzt schon wach, zumal es auch Wochende ist.

Leise quietscht das schwereMetalltor, als es von der Exorzistin einen kleinen Spalt breitaufgeschoben wird. Ein eisiger Windhauch begleitet sie auf dasGelände des Friedhofs. Die Wege sind mit hellen Pflastersteinen inden Boden gestampft, während links und rechts bereits die erstenGräber stehen. Blumen, Bäume, Gestecke und auch Statuen oder Fotoszieren die Ruhestätten. In der Mitte des Geländes ragt ein großerKirchenturm heraus. Schützend erhebt er sich über die vielen Gräberund dient den Verlorenen als Rückzugsort. Das Tor steht immer offenund ein kleines, flackerndes Licht weist den Weg.

„Tut mir Leid. Ich warschon lang nicht mehr da. ... Ich... hatte wirklich eine schwereZeit.", Ivette schaut nervös auf den Boden. Die Worte kommen nurschwer über ihre Lippen. „Ich habe dir nicht mal Blumenmitgebracht...". Ihr Hals kratzt und lässt ihre Stimme zittern.Langsam verschwimmt ihre Sicht. Warme Tränen sammeln sich in ihrenvor Müdigkeit geröteten Augen. „..ich bin einfach eine furchtbareSchwester...Ich konnte dich nicht mal beschützen..". Schluchzendsinkt sie zu Boden. Ihre Brust zieht sich zusammen und lässt ihrInneres in Flammen stehen. Sie bemerkt gar nicht, wie eisig sich dergemeiselte Marmor an ihren Knien anfühlt, als sie sich vor das Grabihres Bruders kauert. Vor ihr steht ein wunderschöner schwarzerStein mit goldener Schrift. Ihr Bruder ist gerade mal 27 Jahre altgeworden. In jeder Nacht wurde er kaltblütig von dem Obersten derDämonenkönige ermordet.

Jedes Mal, wenn sie hierist, wird sie von diesen furchtbaren Bildern heimgesucht. Sie kann esnicht verhindern oder stoppen. Es prasselt auf sie herab wie einplötzlicher Hagelschauer. Jedes Hagelkorn trifft hart und präzise.Körperlich erkennt man keine Wunden. Dafür wird ihre Seele jedesMal in aber tausende kleine Stücke gerissen.

Ivette erinnert sich an denletzten Kampf mit ihrem Bruder. Sie war in einer kleinen Stadt, nahedes Mount Shasta. Dort wütete damals der Feuerdämon Ifrit. Er kamdurch eine Beschwörung nach Assiah. Ein kleiner Junge hat ihnbeschworen aus Rache. Er wurde von Schulkameraden gehänselt. Dochdas Ganze lief aus dem Ruder. Ivette und ihr Bruder wurden damitbeauftrag, den Dämon auszutreiben oder ihn als Verbündeten zugewinnen. Ihr Bruder war dafür bekannt, ein gutes Händchen fürDämonen zu haben.

Der Kampf war beendet.Ifrit wurde ein Vertrauter ihres Bruders, und die beiden sowie dasBergungsteam der Heilig Kreuz Ritterschaft halfen dem Dorf beimAufbereiten der Schäden. Aber das Schlimmste stand den Exorzistennoch bevor. Plötzlich erschien ein einzelner Helicopter am Himmel.Auf der Flanke leuchtet das Symbol der Illuminati. Sie waren für dasChaos verantwortlich. Sie gaben den Jungen die Beschwörungsformelfür einen viel zu starken Dämon. Ifrits Feuer hat eine verherendeStärke. Außerdem hat der Dämon eine sehr hoheRegenerationsfähigkeit. Weshalb er wohl auch zum Ziel derOrganisation wurde.

Lucifer, der Anführer derIlluminati, trat aus dem Helikopter und war sichtlich enttäuschtüber das Eingreifen der Ritterschaft. Sie haben seine Plänedurchkreuzt, doch er war sich sicher, er könne das schnell wiederbeheben. Im Bruchteil einer Sekunde erstrahlt ein helles Licht undrichtet fast das gesamte Team der Ritterschaft hin. Ivette und ihrBruder überlebten mit mäßigen Verbrennungen, und auch ein paarEinzelpersonen des Bergungsteams überlebten. Doch der König desLichts war noch nicht fertig.