„Daskommt dann doch etwas unerwartet.", gummelt ein elegant gekleideterMann. Er hält die Arme verschränkt vor der Brust. Sein Blick istfinster, während das hektische Klackern seiner Absätze, verursachtdurch seine immer wieder auf und ab wippenden Fuß, durch den Raumhallt.
Mephisto befindet sich inseiner Villa. Niemand darf sein Reich, ohne seine Zustimmungbetretten. Niemand kann es betreten. Das Gebäude ist durch einemagische Barriere geschützt, weshalb nur er allein entscheidet, werZutritt hat und wer nicht. Und trotzdem sitz da eine ihm vollkommenFremde vor ihm. Auf einem seiner Stühle.
„Ist das so?", fragtsie verwundert und erhebt sich von dem prunkvoll verzierten undäußert bequemen Stuhl. Eine Frau, etwa Ende 20, mit langem rosanemHaar und strahlenden blauen Augen, tritt einige Schritte näher anden Dämon heran. Auch Ihre Arme sind vor der Brust verschränkt.Eine ablehnende Haltung, denn sie will eigentlich nicht hier sein.„Du bist Samael, König der Zeit. Solltest du nicht eigntlich dieZukunft kennen? Du hättest wissen müssen, dass ich komme.".
Sein finstere Mine erhelltsich etwas. Ein amüsiertes Grinsen stielt sich auf sein Gesicht, alsihm klar wird, dass er es mit einer Exorzistin zu tun hat, dieeindeutig ihre Hausaufgaben gemacht hat.
„Meine Liebe, so einfachist das nicht.". Sie wollte sofort etwas Schnippiges erwidern, dochder Mann erhebt seinen Finger und bringt sie mit dieser einfachenGeste zum Schweigen. „Ich sehe alle möglichen Versionen derZukunft, aber ich weiß nie, welche sich erfüllen wird.".
Ivette schnaupt genervt undverdreht die Augen. Sie hasst jetzt schon alles an diesem Auftrag.Schlimm genug, dass ihr Exfreund sie zu dieser Mission befohlen hat,aber dass sie jetzt auch noch Tag ein und Tag aus mit diesem Dämonunter einem Dach feststeckt, ist einfach unfassbar nervig.
„Wie auch immmer..",brummt sie genervt und kramt ein Dokument aus ihrer Tasche. „Hierstehen alle Informationen, die dir zustehen. Warum ich hier bin,sollte ja eigentlich klar sein.".
„Die Ritterschaftmisstraut mir.". Ivette nickt zustimmend und schaut sichgelangweilt im Raum um.
„Das ist richtig. MeinAuftrag ist es, dich Tag und Nacht zu überwachen.". Schon bevorIvette hier herkam, war ihr bewusst, dass Mephisto das Leben einesMilliardäres führt, aber sie wusste nie, wie das überhauptaussehen mag. Sie war also doch etwas überrupelt von dem poliertenMarmorboden, von den riesigen und teuer aussehenden Ölgemälden undauch von den aber tausenden Vasen und Kronleuchtern, die wohl mehrals doppelt so viel Welt waren wie ihre bloße Existenz.
Mephisto atmet genervt auf.„Das kommt mir ja gerade recht.". Doch Ivette erwidert seineironischen Worte mit einem lauten Zischen. „Glaub ja nicht, dass duder einzige bist der so gar keine Lust auf die ganze Sache hat.".Sie spuckt ihm die Worte gefährlich entgegen. Vielleicht reagiertesie etwas zu sensibel, doch darüber dachte sie nur den Bruchteileiner Sekunde nach. „Ich wollte diesen verdammten Auftrag nieannehmen. Hast du eine Ahnung, wie langwierig so eine Mission ist?".Die Worte sind rhetorisch, doch sie macht dennoch eine kurze Pause,nur um Mephisto direkt das Wort abzuschneiden, als er etwas sagenwollte. „Es dauert mehrere Monate bis Jahre! In dieser Zeit hätteich mehrere hundert Kampfaufträge abschließen können und wäre demPaladin-Rang ein Stück näher gekommen!". Als der jungen Frau klarwird, was sie da gerade alles gesagt hat, weiten sich ihre Augen.Sofort presst sie ihre Lippen aufeinander und versucht, die Röte inihrem Gesicht zu unterdrücken. Doch es war zu spät. Mit dieserVorstellung hat sie nun die volle Aufmerksamkeit des Dämons geweckt.Er grinste sie breit an, so dass Ivette freie Sicht auf seine spitzenFangzähne hatte. „Vielleicht wird das Ganze doch nochunterhaltsam.".
Mephisto führt die jungeFrau in sein Arbeitszimmer. Er hat beschlossen, das Urteil derRitterschaft ernst zu nehmen und sich auf dieses kleine Spielcheneinzulassen. Ivette ist damit nur eine weitere kleine Nebenfigurseines Plans. Und am Ende hat sie vielleicht doch noch einen Nutzen.Wer weiß.
„Dein Name istIvette..?", der schick gekleidete Mann zieht seine Augenbrauen nachoben, als würde er eine Antwort erwarten. Doch Ivette verdreht nurdie Augen.
„Ivette Quinn."
„Quinn? Wirklich?".Langsam krümmt sich die Rückenlehne des Stuhls etwas nach hinten,als sie unter dem Gewicht des Dämons zu krächzen beginnt. „..dasist aber kein typischer japanischer Name."
„Nein. Ist es nicht.".Beide starren sich für einen Moment an. Ivette ist sichtlich genervtvon dem scheinheiligen Spiel des Dämons, während Mephisto es invollen Zügen genießt, wie sie nicht einmal versucht, ihre Gefühleunter Kontrolle zu halten. Obwohl sie gerade in einem Auftragunterwegs ist. Zugern würde er wissen, was für einenSchicksalschalg sie erlitten hat, um einem der Dämonenkönige soemotional und schutzlos gegenüberzutreten.
Schließlich hält sie dieStille und das Starren nicht mehr aus, und verdreht die Augenabermals genervt. Wenn das so weitergeht, wird ihr noch schwindelig.
„Ich komme aus Amerika.".
„Und wie kommt es, dassdu einen Auftrag in Japan erhälts?". Warum stellt er solchebelanglosen Fragen, dachte sich Ivette. Ihre Augen verengen sich undsie mustert den unermütlich lächelnden Dämon vor sich. Mit einerlangsamen und akkuraten Bewegung legt Mephisto seine Beineübereinander. Er scheint sich bereits als Sieger aus diesem kleinenDuell zu fühlen und nimmt daher eine etwas bequemere Haltung ein.Während Ivette immer noch wie eine Eins auf dem plötzlich viel zuhart wirkenden Stuhl sitzt. Nervös verlagert sie das Gesicht immerwieder von links nach rechts, weil sie sich einbildet, dassirgendetwas drückt oder zwickt.
Schließlich seufzt sieerschöpft und lässt sich gegen die Rückenlehne fallen. Die Reisewar anstrengend. Die letzten Tage und Wochen waren anstrengend. Siehat gerade keine Nerven für einen belanglosen Kampf. Also gibt sieeinfach nach.
„Mein Vorgesetzter hatetwas gegen mich. Also bekomme ich als Exorzist oberen Ranges nurnoch Überwachungsaufträge und keine Kampfaufträge mehr."
„Ohh meine Liebe, du hastjemandes Herz gebrochen, mhm?", verspielt rollt er die letztenWorte mit der Zunge und wartet gespannt auf ihre Reaktion. Ihre Mimikbleibt hart, wie die eines Felsengoblins, doch den Rotschimmer kannsie einfach nicht kontrollieren. Verdammter Dämon!
„Vielleicht. KeineAhnung.". Blaue Augen fokussieren den roten Teppich unter IvettesFüßen, während sie die Spitze ihres Schuhes nervös nach links undrechts kreisen lässt. Seine Worte brachten sie zum Nachdenken.Ivette hat ihren Exfreund vor vielen Jahren als Exorzistenanfängerinkennengelernt. Sie waren in derselben Klasse und haben sich schnellineinander verliebt. Es war eine ungesunde Beziehung. Ihr wurde erstbewusst, wie besitzergreifend er eigentlich war, nachdem ihr Brudergestorben war. Als sie in tiefer Trauer fast ihr eignes Lebenbeendete, zeigte er sein wahres Ich. Ivette versank allein in derFinsternis ihrer Depression, während er die Zeit nutzt, um seinenRang zu verbessern. Als sie dann irgendwann wieder zu sich kam undeinsatzfähig war, wurde er zu ihrem nächsten Vorgesetzten ernannt.Ein Schlag ins Gesicht. Seitdem tut er alles, um sie an der kurzenLeine zu halten. Sie hat das Spiel verloren. Irgendwann musste sie essich ja eingesethen.
Zitternd drückt sie ihreLippen aufeinander. Ivette spürt bereits, wie sich ein Kloß inihrem Hals bildet, während ihre Gedanken die allzu bekannte dunkleAbwärtsspirale hinabsteigen. Es ist wie ein Teufelskreis. Deswegenhasst sie es auch so, darüber zu sprechen. Aber warum hat sie sichdann erst dazu hinreißen lassen?
„Nun...ich denke wirsollten dieses durchaus interessante Gespräch vertagen. Die Reisenach Japan war sicherlich anstrengend. Mein Diener Belial wird dichauf dein Zimmer bringen und dir außerdem die Räumlichkeiten meinerbescheidenen Behausung zeigen.", drang plötzlich die raue Stimmedes Dämons zu ihr hindurch. Es war, als würde jemand gegen ihrenKopf schnippsen und somit das Gedankenchaos in ihrem Kopf mit einemHieb zerstören. So etwas ist bisher noch nie passiert. Verblüfftstarrt sie in die grünen Augen ihres Gegenübers. Ivette nickt underhebt sich schließlich von ihrem Stuhl. Irgendetwas ist anders.Plötzlich fühlt sie sich so leicht und unbeschwert. Bevor sie sichvon Belial aus dem Arbeitszimmer führen lässt, wirft sie nocheinmal einen Blick über die Schulter. Mephisto steht hinter ihr, dieArme hinter dem Rücken verschränkt. Dämonische Augen funkeln siebelustigt an. Es war ein Zeichen. Mephisto hat sie als neuenSpielball akzeptiert.
DU LIEST GERADE
Königin des Lichts
RomanceIn einer Welt, in der das Übernatürliche allgegenwärtig ist, wird die müde Exorzistin Ivette von der Heiligkreuzritterschaft mit einer unerwarteten und unerwünschten Mission betraut: Sie soll den Dämonenkönig der Zeit, Mephisto Pheles, überwachen. D...