Kapitel 2

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Tief atmete ich aus, während ich den Abzug betätigte.

Routiniert schraubte ich das Zielfernrohr ab und steckte das Gewehr in die schwarze Reisetasche. Es war eine erfolgreiche Nacht gewesen. Das Warten in dem leerstehenden Gebäude hatte sich endlich ausgezahlt. Nach 16 langen, zähen Tagen war mein Ziel endlich in mein Fadenkreuz gelaufen. Er war verdammt vorsichtig gewesen. Bis auf den einen Moment, als eine Windböe die schweren Vorhänge vor dem offenen Fenster ein kleines bisschen bewegt hatte. Mehr brauchte ich nicht. Zielen, schießen, Job erledigt.

Der korrupte Politiker hatte sich offenbar von den falschen Leuten schmieren lassen, denn die, die mich bezahlt hatten, waren mehr als großzügig gewesen. Sehr, sehr großzügig.

Ich ließ den Kopf kreisen und mein Nacken bestätigte mir, dass die letzten 16 Tage auch ihren Preis gehabt hatten. Doch die Unannehmlichkeiten waren es wert gewesen. Jeden einzelnen Penny.

Auf der anderen Straßenseite ging langsam das Getümmel los. Meine Tat war entdeckt worden.

Mein Job hat mich jedoch eins gelehrt: nur Menschen, die etwas zu verbergen hatten, bewegten sich hektisch. Also nahm ich entspannt meine Reisetasche in die Hand und strebte die Feuertreppe auf der Rückseite des Gebäudes an, welche ebenso zwei weitere Häuser verbindet. Keine Ahnung welche Bauaufsicht das hatte zulassen können. Ich meine, würden im Notfall wirklich über diese schmale Treppe sämtliche Einwohner fliehen können? Egal, mir kam es entgegen, denn ich verschwand in einem der belebten Hausflure und spazierte gemächlich vorne zur Haustür hinaus.

Es war eine ausgesprochen schöne Nacht. Trotz der in goldenes Licht getauchten Altstadt konnte ich Sterne am Himmel funkeln sehen. Mittlerweile waren Sirenen zur hören, die ersten Blaulichter flackerten durch die enge Straße und zerstörten den goldenen Glanz. Schade eigentlich.

Ich lief den Streifenwagen entgegen und bog an der Ecke links ab. Auf der Brücke über den leisen plätschernden Fluss hatte ich mein Fahrrad abgestellt. Doch vorher entledigte ich mich unter der rein zufällig kaputten Straßenlaterne der Reisetasche und warf sie schwungvoll ins schwarze Nass. Ich schloss mein Fahrrad ab und drehte es in die gewünschte Fahrtrichtung. Wenig später entfernte ich mich immer weiter vom Tatort. Ich machte mir keine Sorgen, angehalten zu werden. Welcher Auftragsmörder würde schon auf einem klapprigen alten Herrenrad vor der Polizei flüchten?

Leise lächelte ich vor mich in. Gedanklich plante ich bereits meinen nächsten Urlaub. Nur eins fehlte mir bisher noch zu diesem nun sehr nahem Glück. Eine passende Begleitung.

Ich nahm mir vor, mich in den kommenden Tagen in einem der edleren Hotels der Stadt einzuquartieren. Nur ein Idiot würde sofort versuchen die Stadt zu verlassen und an einen der zahlreichen Kontrollpunkte gefasst werden. Und leider, leider hatte ich die Erfahrung gemacht, dass Fehler menschlich sind. Kameras gibt es mittlerweile überall, potenzielle Zeugen konnten in jedem Kiosk, in jedem Bus sitzen. Nein, es war definitiv besser sich bedeckt zu halten, bis sich die Unruhe wieder legte.

Mhm ein Hotel mit Balkon Richtung Osten und einem guten Zimmerservice wäre ideal. Am besten mit schallisolierten Wänden...

Deceptive SchemeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt