Shut up, Ben!

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Nachdem ich Ben eine Stunde lang davon überzeugen musste, dass es sich tatsächlich um Mord handelt und ihm alle möglichen Fragen gestellt habe, weiß ich genau so wenig wie zuvor. Mit dem Unterschied, dass ich jetzt mehr als genug details, zu Tobis „Mega abgefahrener" Geburtstagsparty weiß, bei der Ben, zum ersten Mal im Beer pong gewonnen hat. Ansonsten hat er nur das Alibi mit Dean bestätigt und zu Tobi hatte er eine freundschaftliche Beziehung. Und von Mobbing hat er natürlich noch nie etwas gehört. Wie auch, er und Tobi hatten auf der Party den Spaß ihres Lebens und Ben habe ihm, am Tag, sogar noch beim aufräumen geholfen. Das Problem ist nur, dass dieser Nerd vor mir, ein verdammt schlechter Lügner ist. Die Augen hinter seiner Brille verraten ihn. Aber so langsam verliere ich die Geduld. >>Ben, ich weiß, dass sie nicht die Wahrheit sagen. Tobi war ihr Mobber, es gibt sogar einen Zeugen der dies bestätigt.<< >>Und wer soll dieser Zeuge sein, Sir?<< der Unterton in seiner Stimme macht mich mehr als aggressiv aber ich muss ruhig bleiben. Ben ist schlau, er versucht  mich systematisch in den Wahnsinn zu treiben. Ich atme tief ein und wieder aus. Dabei überlege ich, ob es eine gute Idee ist, ihm zu sagen, dass ich mit Dean sowie den beiden Mädchen gesprochen habe und Dean derjenige ist, der mir diesen glorreichen Tip gegeben hat. Aber nein. Er soll nicht zu viel wissen. Sie sollen sich auf keinen Fall absprechen können, so wie vor drei Jahren. >>Der Zeuge möchte anonym bleiben.<< antworte ich knapp. >>Na wenn das so ist.<< Dieser Kerl macht mich wahnsinnig. Wie es scheint ist er absolut nicht bereit zu kooperieren. >>Ben, ich verstehe, dass das schwer für sie ist und<< Gerade als ich dabei bin ihm auf die sanfte Art den Ernst der Lage zu erklären, fällt er mir ins Wort. >>Schon okey, Officer! Spare sie sich ihre Rede, bitte! Also, was wollten die nochmal wissen?<< Wow, ich bin verletzt über seine Meinung zu meiner Empathie. Aber immerhin hat die Predigt gewirkt. Zumindest der Anfang. >>Du wurdest in der Schule gemobbt, von Tobi.<< Ben schnaubt >>Ja, das. Das ist korrekt. Es hat in der Oberstufe angefangen. Eigentlich waren wir immer gute Freunde, schon seit dem Kindergarten. Aber plötzlich hat sich alles verändert. Ich meine, Tobi war beliebt, bei seinen Jungs und natürlich auch bei Mädchen. Er sah gut aus, war Sportler und auf jede gute Party eingeladen. Ich schätze, ich habe einfach nicht mehr in sein Leben gepasst.<< Jetzt tut er mir beinahe leid. >>Ging es ihm da nur bei dir so oder auch bei den anderen aus der Clique?<< >>Naja, Dean war bis zum Tod sein bester Freund. Und er und Em führten eine glückliche Beziehung. Also, nein. Ich war der einzige auf den er irgendwann keinen Bock mehr hatte.<< >>Und bei Lucy?<< >>Nichts besonderes, denke ich. Lucy und er waren meist distanziert, sie hat noch nie viel geredet, war eher mysteriös.<< Interessant. Ich frage mich nur, warum Tobi, ein Kindergarten freund, mit einem Mal anfängt ihn zu schikanieren, ihn fertig zu machen. Als ich Ben frage, meint er, dass er selbst nie den Grund erfuhr. Wenn sie dann wieder mit der Clique waren, war alles wie immer. Tobi und Ben standen einander neutral gegenüber und haben sich manchmal sogar wirklich gut verstanden. Und am nächsten Tag in der Schule hatte Tobi wieder alles vergessen. Als ich Ben gerade aufmunternd auf die Schulter klopfen will, bemerke ich, wie es in seinem Kopf arbeitet. Worüber denkt er nach? Ist ihm noch etwas eingefallen das mir weiterhelfen könnte. Ich blicke ihn auffordernd an. Aber er erwidert meinen Blick nicht. Er presst die Lippen aufeinander und schnieft. Oh nein, bitte nicht weinen. Ich habe doch diesmal extra versucht, vorsichtiger und behutsamer zu sein. Da steht er auf, nimmt einen großen Schluck Wasser, aus einem glas, auf dem sein Name aufgedruckt ist und rückt seine Brille zurecht. Gastfreundschaft ist wohl nicht deine Art, aber ich nehme es ihm nicht über. Die drei Tassen Kaffee heute Morgen waren ausreichend um mich für den Rest des Tages zu hydrieren. Er führt mich den Flur entlang zur Haustür und ich verabschiede mich. >>Vielen Dank Ben für ihre Ehrlichkeit. Es tut mir sehr leid was passiert ist. Was mich noch interessieren würde: Tobis Mobbing, wie lange ging das eigentlich?<< Ben wirkt irritiert >>Von der Oberstufe, bis zu seinem Tod eben.<< >>Die Geburtstagsparty hold er du mir erzählt hast, war ca. 3 Wochen vor dem Mord. Die ganze Schule war bei ihm zu Hause, inclusive seine Jungs, die dich, wie du sagst, pausenlos auf dem Kicker hatten. Du und Tobi hattet allerdings dennoch euren Spaß zusammen. Das bedeutet er hat dich ab diesem Zeitpunkt in Ruhe gelassen. Immerhin hat es jeder mitbekommen, es gäbe also hunderte von Zeugen, die ich dazu befragen könnte<< Bens Wangen laufen rot an. Aber er wird mir die Wahrheit sagen. Ich habe die Überraschung auf meiner Seite.>>Naja, ich meine. Ja, er hat die letzten 3 Wochen seines Lebens, mit dem Mobbing aufgehört.<< gibt er zu. >>Und du weißt nicht, wieso?<< >>Nein, Officer.<< Mit diesen Worten schließt er die Tür und ich atme noch einmal die kalte Luft ein, bevor ich ins Auto steige, und mich auf den Weg nachhause mache.

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