Teil 6: unerwartete Wendung

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Auf der Rückfahrt waren wir noch stiller als auf der Hinfahrt, wenn das überhaupt ging. Zu Hause ging Isaac in sein Zimmer. Naja eigentlich eher das von meinem Bruder, aber der war ja zur Zeit bei unseren Großeltern, deshalb konnte Isaac es benutzen. Auch ich ging in mein Zimmer, legte mich aufs Bett und holte mir eins meiner Lieblingsbücher von dem Regalbrett darüber. Es hieß „Keeper of the lost Cities" und es ging um eine Gedankenleserin. Mehr hatte ich noch nicht herausgefunden und mit der Motivation das zu ändern schlug ich das Buch auf und war kurz darauf in der Elfenwelt gefangen.

Irgendwann am Abend, so genau konnte man das wegen der anhaltenden Helligkeit nicht sagen, klopfte es an meiner Tür und meine Mutter kam herein und setzte sich auf mit aufs Bett. Sie seufzte. Ich legte mein Buch zur Seite, setze mich auf und lehnte mich an ihre Schulter. „Der arme Isaac...", sagte sie leise, damit er es nicht hörte. „Er macht zur Zeit sehr viel durch." „Wie lang bleibt er denn noch bei uns? Es macht mir ja nichts aus, aber was machen wir, wenn Nico wiederkommt? Soll Isaac dann mit ihm zusammenwohnen? Ich weiß nicht ob er so darüber begeistert wäre, wenn er sich das Zimmer mit einem durchgeknallten 5-jährigen teilen muss." „Stimmt", meinte meine Mutter und zum ersten Mal an diesem Tag sah ich ein kleines Lächeln über ihr Gesicht huschen. „Naja, dein Vater und ich haben uns nochmal über diese Schule informiert, von der du erzählt hattest. Das ist ein Internat, mitten in der Wildnis. Ihr würdet dort lernen eure Verwandlungen zu verbessern und so weiter. Wie wär das?" Ich war überrascht. Ich hatte ihnen erst gestern davon erzählt und heute schlug mir meine Mutter vor dorthin zu gehen??? Wahrscheinlich wurden ihr zwei pubertierende Jungendliche doch etwas zu viel. Konnte man irgendwie verstehen. „Ich überleg mal", antwortete ich und ging mit meiner Mutter zum Abendessen. Jetzt waren wir etwas gesprächiger. Alle versuchten irgendwie die Angst um Lyle Wood wenigstens für ein paar Minuten zu vergessen. „Was ist das jetzt mit der Schule?", fragte ich. Ich wollte endlich mehr wissen. „Also, das ist ein Internat im Gates of Arctic Nationalpark. Die Schule ist relativ neu, deshalb ist das dieses Jahr die erste Klasse. Mehr weiß ich leider auch nicht.", erklärte mein Vater. „Alle Leute dort sind Wandler. Die Schüler, die Lehrer, das Personal,... ihr könntet euch verwandeln ohne Angst zu haben, dass jemand euch dabei sieht.", fügte meine Mutter hinzu. „Moment mal... ihr?", meldete sich jetzt auch Isaac zu Wort. „Heißt das, ich soll auch dahin?" „Ich habe heute im Krankenhaus mit deinen Eltern gesprochen. Sie wären einverstanden. Sie glauben, dass es dir gut tun würde mal andere Leute kennenzulernen. Und außerdem wollen sie uns nicht noch mehr mit dir belasten...", als mein Vater Isaacs gekränkten Blick sah fügte er hastig hinzu: „...nicht, dass es uns was ausmacht, dass du hier bist."

Nach dem Abendbrot, schauten Isaac und ich nochmal im Internet nach der Schule. Die ersten Seiten waren von irgendwelchen Öko-Organisationen, doch irgendwann fanden wir die Seite der Schule. Sehr viel mehr, als meine Eltern uns erzählt hatten fanden wir nicht heraus, da die Seite für Unwissende gemacht war. Man sah nur ein paar Fotos von dem Schulgebäude. Die Schule lag wirklich irgendwo im Nirgendwo an einem See, umgeben von Bergen. „Eigentlich ganz hübsch", meinte ich. „Was denkst du? Wollen wir das mal ausprobieren?" „Bist du sicher?", fragte er. „Und was ist mit unserer alten Schule?" „Ach komm schon. So toll war die auch wieder nicht. Und außerdem hatte ich eh keine sonderlich guten Freunde. Mrs. Merry war zwar echt cool, aber vielleicht sind die Lehrer an diesem Internat auch nett.", versuchte ich ihn zu überreden. So langsam bekam ich irgendwie Lust diese Schule mal auszuprobieren. „Ich weiß nicht...", Isaac war immer noch nicht überzeugt. Ich seufzte und schloss die Augen. Ich rief mir das Bild meiner Luchsgestalt vor Augen und wartete auf das inzwischen altvertraute Kribbeln. Endlich, mein Körper schrumpfte, auf meinen Armen wuchs Fell und schließlich saß ich als Luchs auf dem Boden von meinem Zimmer. Ich konzentrierte mich und schickte Isaac den Misch-masch aus Gefühlen, der in mir rumschwirrte. Ich hoffte, dass ich ihn damit überzeugen konnte. Es wäre zwar viel weniger umständlich gewesen, wenn ich mich einfach nur teilverwandelt hätte, aber dafür konnte ich mich noch nicht gut genug konzentrieren. Ich schaute Isaac fragend an, doch man sah ihm keine Änderung an, außer dass er mich verwirrt anschaute. Na toll, es hatte mal wieder nicht geklappt. Ich verwandelte mich so gut es ging wieder zurück, während Isaac den Blick abwandte. Wir machten das schon so, seit wir uns kannten. Ich zog mich an und setzte mich wieder neben Isaac. „Was hattest du gerade vor?", fragte er. „Ach egal. Hat eh nicht funktioniert.", murmelte ich. „Lass uns ins Bett gehen. Morgen ist auch noch ein Tag." „Na gut." , seufzte Isaac und verschwand aus meinem Zimmer. 

Woodwalkers - Reise in die Wildnis  |  ein Community-ProjektWo Geschichten leben. Entdecke jetzt