Teil 9: der Aufbruch

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Am nächsten Tag weckte uns meine Mom sehr früh. Wir mussten nämlich schon um Acht in Fairbanks sein, wo uns der Hubschrauber abholen würde. Eigentlich war diese Uhrzeit meiner Meinung nach nicht zum Aufstehen geeigtet, aber ich war so aufgeregt, dass ich sofort hellwach war. Als ich in die Küche kam, war Isaac noch nicht da. Ich ließ mich auf einen der Stühle fallen und verschlang schnell ein Brötchen, bevor ich ins Bad ging um mich fertig zu machen. Als ich etwas später wieder in die Küche kam saß Isaac mit verstrubbelten Haaren am Tisch und sah ziemlich müde aus, was ich aber verstehen konnte. „Los beeil dich, wir müssen in ner Viertelstunde los.", sagte ich und bekam ein „Jaja, nerv nicht", zurück. Morgens war echt nicht seine Zeit.

Etwas später standen wir zu viert vor unserem Auto. Zum gefühlt hundertsten mal schaute ich nach, ob ich alles hatte. Meine Mutter war gestern zum Glück nochmal meine Sachen durchgegangen, sonst hatte ich wahrscheinlich die Hälfte vergessen. Als wir schließlich unsere Rucksäcke im Kofferraum verstaut hatten und im Auto saßen ging es endlich los. Ich war sehr aufgeregt, aber auch etwas nervös. Um mich abzulenken holte ich mein Handy an und schaute, ob mir irgendwas einfiel was ich tun könnte. Kurz spielte ich eins von den zwei Spielen, die ich auf meinem Handy hatte, hörte aber bald wieder auf, weil es langweilig wurde. Den Rest der Fahrt schaute ich aus dem Fenster und hing meinen Gedanken nach. Irgendwann war ich wohl eingeschlafen, denn ich wurde von einem „Aufwachen Schlafmütze, wir sind da!", das von Isaac kam, geweckt. Ich blinzelte verwirrt und wartete, bis meine Augen sich wieder scharf stellten. Unser Auto stand anscheinend am Rande einer Wiese etwas abseits der Stadt, aber weit und breit war kein Hubschrauber zu sehen. „Wo ist denn jetzt der Hubschrauber", fragte ich. „Keine Ahnung. Aber er sollte eigentlich gleich kommen, meinte mein Vater. Keine zwei Minuten später fingen meine feinen Wandlerohren ein Geräusch auf, das verdächtig nach Hubschrauber klang. Etwas später kam er auch in Sicht und landete schließlich neben uns auf der Wiese, wobei wir uns alle vier die Ohren zuhielten. Aus dem Hubschrauber stieg eine etwas rundlich Frau mit kurzen roten Haaren. Sie kam zu uns und stellte sich als Jara Larsen vor. Soso, das war also das Moorschneehuhn in Menschengestalt. Sie nickte meinem Vater unauffällig zu und wandte sich dann an mich: „Du bist Nía, oder?" Ich nickte. „Und du bist Isaac?" „Ja.", sagte der. „Also..., wir werden jetzt ca. drei Stunden fliegen. Seid ihr schon mal geflogen?" Wir verneinten. „Gut. Also es wird ziemlich laut werden, aber es gibt Ohrenschützer, die liegen auf euren Plätzen. Wenn ihr in Panik geraten solltet, könnt ihr uns über eure Mikrofone erreichen. Wie das geht erklär ich euch drinnen." Sie lächelte und klatschte dann in die Hände. „Na dann, holt mal euer Gepäck." Wir holten unsere Rucksäcke aus dem Kofferraum, schleppten sie zu hinteren Ende des Hubschraubers und verstauten sie in einem Fach, in dem schon zwei andere Reisetaschen lagen. „Na los, verabschiedet euch. Wir müssen uns beeilen, wenn wir zum noch vor dem Mittagessen ankommen wollen." Wie unsensibel willst du bitte sein, dachte ich mir, hielt aber den Mund, da dieser Kommentar wahrscheinlich nicht so gut angekommen wäre. Als ich zu meinen Eltern ging, zwang ich mich nicht zu weinen. Es waren ja nur ein paar Wochen, bis wir uns in den Ferien wiedersehen würden. Und trotzdem liefen mir, als ich sie umarmte ein paar Tränen die Wange herunter. „Hab euch lieb", sagte ich und meine Mutter drückte mir einen Kuss auf den Scheitel. „Wir dich auch." Währenddessen stand Isaac etwas abseits und schaute uns traurig an. Klar, er wollte sich schließlich auch von seinen Eltern verabschieden. „Na los, komm schon her:", meinte meine Mutter mit einem aufmunternden Lächeln, als sie ihn sah. Etwas widerstrebend kam Isaac auch zu uns und wurde von meinem Vater mit in die Gruppenumarmung gezogen. Nach einer Weile lösten wir uns voneinander, Isaac sah jetzt schon etwas glücklicher aus.

Wieder klatschte Mrs. Larsen in die Hände. Sie rief „Auf gehts!" Und kletterte dann ziemlich umständlich in den Hubschrauber. Isaac und ich folgten ihr, wenn auch deutlich eleganter. 

Woodwalkers - Reise in die Wildnis  |  ein Community-ProjektWo Geschichten leben. Entdecke jetzt