Familie Diaz

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Nerea PoV

Der frostige Wind peitscht mir ins Gesicht, und obwohl der Winter mit seinen tanzenden Schneeflocken eine fast magische Schönheit ausstrahlt, fühlt sich mein Herz schwer an. Kleine Eiskristalle landen in meinem Haar und auf meinen Wangen, schmelzen in der Wärme meiner Haut. Doch die Kälte, die wirklich in mir sitzt, hat nichts mit dem Wetter zu tun. Ein Jahr bin ich nun mit Morten zusammen, und in all dieser Zeit hat er mich kaum berührt. Immer wieder dieselben Ausreden: „Es hat noch Zeit", „Ich warte auf den richtigen Moment", „Ich bin noch nicht bereit." Aber wie kann das sein? Vor mir hatte er doch so viele andere, und ich merke genau, wie seine Blicke an den Cheerleadern hängen, während ich danebenstehe. Mein Herz schmerzt, und ich weiß nicht mehr, wie lange ich das noch aushalte.

„Nerea, komm rein, es ist kalt draußen!" Die Stimme meiner Schwester Darleen reißt mich aus meinen Gedanken. Sie ist Papas ganzer Stolz: Abschluss mit Bestnoten, Teil der Cheerleader und immer makellos gestylt. Und dann bin da ich immer behütet, immer in Watte gepackt. Zumindest war es so. Seit einigen Monaten hat sich alles geändert Ich muss oft mit in die Zentrale, werde trainiert, lerne, mich zu verteidigen. Aber wofür? Niemand sagt mir, warum das alles plötzlich nötig ist.

„NEREA!" Darleens genervter Schrei durchbricht die eisige Stille erneut. Ich seufze, stehe auf und mache mich auf den Weg ins Haus. Die Wachen, die den Eingang flankieren, nicken mir zur Begrüßung zu, doch ihr Blick bleibt wie immer unergründlich. Kaum habe ich die Schwelle übertreten, fährt Darleen mich an „Zieh dich um, die Gäste kommen gleich!" Sie scheucht mich die Treppe hinauf, und obwohl ich mich beherrschen will, merke ich, wie mein Ärger auf sie wächst. Sie kann so grausam sein, besonders, wenn sie für einen Moment nicht im Mittelpunkt steht.

Oben angekommen schließe ich die Tür hinter mir und steuere direkt ins Badezimmer. Das warme Wasser der Dusche prasselt auf meine Haut, und ich schließe die Augen, lasse die Hitze für einen Moment meinen Körper entspannen. Nach einer Weile steige ich aus der Dusche, wickele mich in ein Handtuch und gehe ins Ankleidezimmer. Meine Finger streichen über die Kleiderstange, während ich nach etwas Passendem suche. Ein langes weinrotes Kleid fängt meinen Blick, aber ich schüttele den Kopf zu formell. Dann entdecke ich ein anderes, knallrotes Kleid. Ich ziehe es vom Bügel und betrachte mich im Spiegel. Es ist knielang, mit einem gewagten Beinschlitz, der meinen Oberschenkel freilegt. Die glitzernden Träger und der tiefe Rückenausschnitt verleihen ihm etwas Verführerisches. Perfekt.

Ich ziehe das Kleid an, kombiniere es mit einem roten glitzernden Unterwäsche-Set und einem Paar Minava Plateau High Heels. Vor meinem Schminktisch betone ich meine Augen stärker als sonst und locke meine Haare. Als ich fertig bin, nehme ich meine kleine Handtasche, in der ich alles Nötige verstaue Geld, Handy, Karten und verlasse das Zimmer. Auf dem Weg nach unten höre ich vertraute Stimmen aus Papas Büro.

Mein Schritt stockt. Ich bleibe vor der Tür stehen, mein Herz schlägt schneller. „Du kannst Nerea nicht an dieses Monster verkaufen, Papa!" Darleens Stimme ist schrill vor Wut. Verkaufen? Was meint sie? Mein Puls rast, und ich drücke mich näher an die Wand.

„Ich kann es, Darleen", entgegnet mein Vater mit eiserner Ruhe. „Sie wollen Nerea nur dann steht der Deal."

Stille. Es ist, als hätte jemand die Luft aus dem Raum gesogen. Dann spricht Darleen wieder, und ihre Stimme zittert. „Ich bin älter als sie, Papa! Ich bin 21, sie ist gerade mal 18! Es war doch immer die Rede davon, dass die Älteste zuerst..."

Die Worte ersticken in meinem Hals. Zwangsverheiratung? Sie wollen mich an jemanden versprechen? Mein Kopf beginnt zu schwirren. Das darf nicht wahr sein. Ich bin doch keine Ware, die man einfach verkauft!

„Darleen, du verstehst es nicht", bricht Papas Stimme plötzlich. Er klingt erschöpft. „Ich würde Nerea niemals freiwillig hergeben, aber sie haben es klar und deutlich gesagt. Kein Frieden, keine Zusammenarbeit, wenn ich sie nicht gebe."

amor en las sombrasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt