1. Kapitel

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Gnadenlos brannte die Mittagssonne auf das FlussClan-Lager herab. Die Katzen schlichen träge umher und legten sich zum Sonnenbaden mitten auf den heißen Sand. Am Rande der Lichtung, nahe den aus Schilf geflochtenen Bauen, tappte eine Jagdtrupp, bestehend aus drei Katzen, die je einen mageren Fisch trugen, zum Frischbeutehaufen. Die letzte der Katzen, eine unauffällige Kätzin, deren einziger Vorzug ihre leuchtenden Augen waren, rümpfte angewidert die Nase, als ihr der Geruch nach vergammelten Fisch in die Nase stieg. ,,Warum können wir die Reste nicht einfach in den Fluss werfen oder sie vergraben?", mauzte sie anklagend. ,,Das isst doch sowieso keiner mehr und es stinkt zum Himmel!" ,,Aber wir befinden uns in einer kritischen Zeit.", entgegnete ihre Schwester Heidelbeerherz. ,,Der Fluss und der See sind voller Algen und du hast doch heute gesehen, dass überall tote Fische treiben. Wir brauchen jeden Bissen, den wir kriegen können." Ihre Stimme war so unglaublich sanft und eindringlich. Sie wird schon bald eine gute Mutter für Eiskralles Junge werden, wenn sie sich schon so um ihre Schwestern sorgt, dachte die junge Kätzin und schaute verträumt in die Luft. Wenn sie erst einen Gefährten und eigene Jungen hatte... ,,Sternenglanz? Kommst du?", schnurrte Wachtelfeder, ,,Wir sollten schon mal frischen Fisch zu den Königinnen und ihren Jungen bringen." Die drei Schwestern trotteten gemütlich zur Kinderstube, wo sie schon von Marmorschweif, der Ältesten der vier Wurfgeschwister und ihren beiden Jungen, Lachsjunges und Forellenjunges, erwartet wurden.
Bald würde auch Heidelbeerherz neben der großen, funkelnd weißen Kätzin mit den grau schimmernden Augen sitzen. ,,Wir haben dir was mitgebracht!", verkündete Sternenglanz stolz, denn den größten Fang hatte sie gemacht.
,,Es wäre schön, wenn wir ihn mit der ganzen Familie essen könnten.", miaute Marmorschweif und schaute hinüber zur Anführerin des FlussClans, Silbermond. Doch so oft ihre Kinder sie auch bitten würde, sie würde nicht kommen. Sie hatte ihr Leben Blutstern vom DonnerClan gewidmet, wie er es verlangt hatte.
Nur zu gern hätte Sternenglanz ihre Mutter hier, aber die Anführerin quälte ihre Jungen nur zu gern.
Das war eine Vorschrift, doch von den Ältesten hatte sie gehört, dass Silbermond, die damals noch Silberstern hieß, früher eine komplett andere Katze war. Sie hatte einen Gefährten und drei Töchter, die sie über alles liebte, doch als Blutstern die Clans überzeugte, nicht mehr an den SternenClan zu glauben, tat sie was er verlangte.

Sternenglanz beschloss, heute wieder Rußfeder aufzusuchen. Die Schwester ihrer Mutter hätte eigentlich noch Kriegerin sein sollen, doch wegen eines kaputten Beins und dem frühen Verlust ihres Augenlichts war sie zu den Ältesten gegangen. Rußfeder war die Einzige, die sich traute, über den SternenClan zu reden.

,,Sternenglanz? Schläfst du?" Unsanft riss Wachtelfeder ihre jüngere Schwester aus ihren Tagträumen.
,,Nein! Wie kommst du nur darauf!", miaute Sternenglanz empört, da sie es hasste, als Träumerin gesehen zu werden und stürzte sich hungrig auf den Fisch. Marmorschweifs Junge taten es ihr gleich und ihre Schwestern schnurrten belustigt. ,

,,Du scheinst ziemlich ausgehungert zu sein.", ertönte plötzlich eine Stimme hinter den Kätzinnen. Es war jemand, den sie nur allzu gut kannten. Marmorschweif schnappte nach Luft und Sternenglanz verschluckte sich beinahe. Nur die Jungen schienen aufgeregt, da sie die silber melierte Kätzin bewunderten.
,,Sorge ich denn nicht gut genug für meinen Clan, oder bist du einfach nur gierig, Tochter?", zischte Silbermond und spuckte das letzte Wort aus, als wäre es giftig.
Alle Katzen des FlussClans drehten sich zu Sternenglanz um und man sah den Blutdurst in ihren Augen funkeln.
,,Diese Katze verschlingt unsere Beute als hätten wir zuviel davon!", miaute Silbermond. ,,Sie verschwendet kostbare Beute! Lasst sie dafür bezahlen!"
Sternenglanz wusste was jetzt passieren würde. Ehrfürchtig kauerte sie sich vor Silbermond hin und betete, dass der Mond sie beschützen würde. ,,Hiermit fordere ich alle Katzen, die schon Fische gefangen haben, auf, diese Katze zu bestrafen!"
Die anderen sprangen auf und stürzten sich auf Sternenglanz. Es war ihr untersagt, sich zu wehren, sonst würde Silbermond härtere Maßnahmen ergreifen.

Als erstes spürte sie Marmorschweifs Krallen auf ihrem Bauch. Heidelbeerherz zerfetzte ihre Ohren und Wachtelfeder verbiss sich in ihrem Schwanz. Ihre Schwestern vergaßen schon mit nur einem Befehl, dass Sternenglanz ein Teil ihrer Familie war. Rußfeder schnellte vor und zerkratzte ihr die Nase. Ihr Gefährte Kieselstein, der Einzige, der behutsam war und nicht vergaß, grub seine Zähne so schmerzlos wie möglich in ihr Ohr und flüsterte: ,,Ich liebe dich und weiß, dass du es schaffst."
Ampferpfote, ihre Schülerin, riss ihr Fell von der Haut und ihre beste Freundin Rosenherz, die bald in die Kinderstube ziehen würde, tauchte unter ihr durch und zerrte an ihrem Bauch.
Erst als jede Katze des Clans ihr Blut geschmeckt hatte, trat Silbermond vor und fauchte sie an. Dann sprang sie auf sie zu und stürzte sie zu Boden.
Sternenglanz heulte auf, aber Silbermonds Zähne rissen trotzdem die Haut in ihrem Genick auf und ihre Krallen zerkratzten dennoch ihren Rücken. Die Anführerin ließ von ihr ab und sprang erneut auf sie zu. Sternenglanz starrte in ihre Augen, als sie ihre Zähne in ihrer Schnauze vergrub und riesige Hautfetzen heraus riss. Sie biss ihr in die Ohren, zerkratzte ihre Augen, biss in die Nase und zog daran, kaute an ihrem Bauch herum und riss sie von den Füßen.

Schwer atmend blieb Sternenglanz liegen und Glanzschweif, die Heilerin eilte zu ihr, um ihre Wunden zu versorgen. Sie fand das neu eingeführte Ritual zwar als Kräuter Verschwendung, traute sich aber nicht, gegen Silbermond zu protestieren und somit den Tod ihrer Familie zu riskieren. Für sie hatte die Abschaffung des SternenClan-Glaubens nur Vorteile gebracht - die Möglichkeit einen Gefährten und Junge zu haben, keine Nächte mehr für den SternenClan wach verbringen und die Beseitigung ihrer verhassten Schülerin Eispfote.
Ihre neue Schülerin hatte noch nie etwas vom SternenClan gehört und war perfekt für Glanzschweif, nämlich ihre Tochter Funkelpfote.

Sternenglanz schwamm in einem schwarzen See. Ihr war bewusst, dass sie träumte, doch langsam zweifelte sie daran, weil es so echt wirkte. Sie fühlte das Wasser und sie strampelte wild, wobei sie merkte, dass ihre Kraft schwand. Auf einmal wurde es hell. Die Sonne ging rasend schnell auf und Sternenglanz erkannte, dass es ein klarer See mit vielen Fischen war. Der perfekte Ort zum Jagen. Am liebsten wäre sie für immer hier geblieben, doch als die Sonne wenige Minuten später den Himmel verließ, breitete sich eine unbehagliche Stille aus. Sternenglanz schwamm weiter und bald sah sie die Sonne wieder. Unter ihr spürte sie eine Bewegung im Wasser und sah hinunter. Dort erkannte sie eine Katze, die aus einer Höhle aus den Tiefen des Sees kam. Etwas an der Katze kam ihr bekannt vor. Nur wage, aber sie hatte sie schon mal gesehen.
Die graue Kätzin schien sie zu ignorieren. Erst als eine weitere Katze an die Oberfläche kam und fragte: ,,Wo schwimmen wir heute hin, Mondstern.", erwiderte die Erste, die unlogischer Weise Mondstern hieß und so also nicht Anführerin werden konnte, da sie sonst Mondmond hieße: ,,Um diese Jahreszeit soll es angeblich viele Fische bei den Kaltfelsen geben." Nun tauchten auch zwei weitere Katzen auf, die noch Schüler zu sein schienen, auf. Die Patrouille folgte Mondstern und auch Sternenglanz beschloss, die Kaltfelsen zu suchen. Obwohl sie direkt neben der führenden Katze schwamm, wurde sie nicht von dieser bemerkt. Nur einige Erinnerungen blitzten in ihren Augen auf.

Dann geschah alles um sie plötzlich wieder schneller. Die Katzen schwammen davon und kamen nur Sekunden später mit so riesigen Fisch, wie sie Sternenglanz noch nie gesehen hatte, im Maul zurück. Danach ging der Mond auf und sie betete schnell, damit er sie auch am nächsten Tag beschützte. Den Sternen schenkte sie, wie sie es gelernt hatte keine Beachtung sondern stieß einen kurzen Fluch auf sie aus.
Da sie so vertieft zum Mond hinauf starrte, fiel ihr der Stern nicht auf. Er funkelte und wurde größer. Sternenglanz fokussierte noch immer den Mond.
Aus dem Stern lösten sich fünf Gestalten, die majestätisch über den Himmel glitten und hinter Sternenglanz stehen blieben.

WarriorCats - Der Tod der Sterne - Dunkle ZeichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt