L U C I F E R
The Fallen Angel
Kapitel 1
Dunkelheit.
Absolute Dunkelheit umgab Theliel, als er die Augen aufschlug. Ein unangenehm modriger Gestank schlug ihm entgegen, noch bevor er die Kälte des harten Steinbodens, auf dem er lag, spürte. Er wagte nicht, sich zu bewegen, während er mit wild schlagendem Herzen in die Finsternis lauschte. Seine Flügel zitterten leicht.
Mehrere Minuten lang lag er regungslos auf dem Boden, bis er sicher war, allein zu sein. Vorsichtig setzte er sich auf und keuchte erschrocken, als ein stechender Schmerz durch seinen Oberkörper fuhr. Mit weit aufgerissenen Augen tastete er über seine Brust, um eventuelle Verletzungen festzustellen, doch außer einer leichten Hitze, die von seiner Haut auszugehen schien, konnte er nichts feststellen.
Irgendwo fiel eine Tür ins Schloss und Theliel zuckte atemlos lauschend zusammen. Seine Nerven waren bis zum Äußersten gespannt, als er langsam in die Hocke ging und sich lautlos in den Stand erhob, wobei er mit den Flügeln das Gleichgewicht hielt. Erleichterung überkam ihn, als er die ferne, rötliche Lichtquelle entdeckte, die jedoch nicht ausreichte, um die Umgebung zu erhellen.
Das Geräusch von Stiefeln auf Stein erklang, woraufhin Theliel langsam zurückwich, ohne den kleinen Lichtpunkt aus den Augen zu lassen, bis seine Flügel eine kalte, steinerne Mauer berührten. Die Schritte näherten sich unablässig weiter und verstummten, als Theliel grade gehofft hatte, sie würden sich wieder entfernen. Er schluckte und drückte sich ängstlich an die Wand.
Licht flammte auf, es schien von einer Laterne zu kommen, in deren flackerndem Schein Theliel den Verursacher der Schritte erkennen konnte: Ein großer Mann mit breiten Schultern, dessen Finger in länglichen Klauen endeten. Theliels Knie wurden weich, als ihm aufging, dass es sich bei dem Mann um einen Dämon handeln musste.
Die Laterne ließ ihn außerdem mehrere Gitterstäbe erkennen, die ihn von dem Dämon trennten, der sich nun umdrehte und aus rötlich glühenden Augen direkt zu ihm sah. Sein rundes Gesicht verzog sich zu einem diabolischen Lächeln, das einen Mund voll Reißzähne offenbarte. Theliel duckte sich unwillkürlich, was mit einem höhnischen Lachen des Dämons geahndet wurde, bevor dieser sich mit schlurfenden Schritten wieder in Bewegung setzte und aus dem Sichtfeld des völlig verängstigten Engels verschwand.
Zitternd rutschte Theliel an der Wand entlang zu Boden, den Blick stur auf das tröstende Licht der Fackel gerichtet. Er befand sich in einer etwa drei mal drei Meter großen Zelle, deren Boden, Wände und Decke aus feuchtem, kalten Stein bestanden; nur die Seite zum Gang hin war mit Stäben und einer Türe versehen. Eine Stufe führte hinauf auf den gepflasterten Gang. Er konnte unmöglich erkennen, was sich rechts und links seiner Zelle befand.
Theliel legte die Flügel um den Körper, um sich vor der Kälte zu schützen, die durch seine dünne Tunika zog, und kauerte sich zusammen. Wo war er hier nur? Wie war er hergekommen? Was würde jetzt mit ihm geschehen?
Er erinnerte sich daran, dass sein Mentor Fraciel, der zum Rang der Herrschaften in der mittleren Triade der himmlischen Hierarchie gehörte, ihn angewiesen hatte, einen wichtigen Brief dem auf der Erde lebenden Engel Nathanael zu überbringen. Wie befohlen hatte er sich also zu Nathanaels Wohnsitz begeben, wo er jedoch niemanden angetroffen hatte. Also hatte Theliel beschlossen, auf den Engel zu warten, bis er plötzlich eine dunkle, beunruhigende Präsenz verspürt hatte. Dann war er in dieser beängstigenden Dunkelheit aufgewacht.
Vereinzelte Tränen liefen über Theliels Gesicht und er presste eine Hand auf den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. Sicherlich war er den Dämonen in die Hände gefallen und befand sich jetzt als ihr Gefangener in der Hölle. Fraciel hatte kürzlich im Gespräch einem höheren Engel gegenüber erwähnt, wie unruhig sich die Dämonen auf der Erde in letzter Zeit verhielten. Menschenseelen seien gestohlen und Engel getötet worden. Aber den Gerüchten zufolge töteten die Dämonen Engel, die sie auf der Erde trafen, lediglich. Was hatte sie also dazu gebracht, einen unbeteiligten Engel aus der untersten Triade zu entführen?
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LUCIFER - The Fallen Angel
Fantasy[ABGESCHLOSSEN] Der junge Engel Theliel gerät versehentlich in den bereits Jahrtausende andauernden Konflikt von Engel und Dämonen - und wird kurzerhand in die Hölle entführt, wo er dem Höllenkönig und gefallenen Engel Lucifer als "Geschenk" dargebo...