Epilog

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Epilog

Nachdem er unzählige Brand- und Schnittverletzungen behandelt hatte, fühlte Theliel sich abgestumpft gegenüber allem. Sein Kopf schwirrte und er wusste kaum, wo er war. Ständig rief jemand nach Wasser oder Schmerzmittel oder bat einfach nur um den Tod, da ohnehin klar war, dass er seine Verletzungen nicht überleben würde.

Jemand legte ihm die Hand auf die Schulter und riet ihm, eine Pause einzulegen. Theliel nickte automatisch und setzte sich auf einen freien Stuhl. Die riesige Halle, die normalerweise für Veranstaltungen wie Hochzeiten genutzt wurde, war nun vor Kranken kaum noch zu betreten, so voll war es.

Nach dem Eingreifen Gottes hatten die Dämonen die Flucht ergriffen und bisher keinerlei Anstalten mehr gemacht, die angeschlagene Lage der Engel auszunutzen. Seinen Bruder Cadmiel hatte Theliel heute noch nicht gesehen, doch der Nebel der Gleichgültigkeit und Leere, der sich über ihn gelegt hatte, verhinderte, dass er sich Sorgen machte.

Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, wie er das Lager der Dämonen nach seiner Nacht mit Lucifer verlassen hatte. Er hatte einfach weg gewollt, nachdem die Explosion und die verbrennenden Engel ihn aus dem Schlaf gerissen hatten. Sein Kopf schmerzte, obwohl er selbst nicht an den Kampfhandlungen teilgenommen hatte. Keine Angst, kein Mitleid, keine Gefühle. Er gehorchte einfach, ohne in Frage zu stellen, und versorgte die verletzten und sterbenden Engel.

Seine Augen fielen zu und salzige Tränen rannen über seine Wangen, doch kein Laut kam über seine Lippen. Theliel war am Ende.

Heerführer Midael betrat die Halle. Auch er wirkte abgekämpft und erschöpft, doch im Gegensatz zu den Engeln strahlte er Zuversicht und Hoffnung aus. Hastig kletterte er auf einen Stuhl, um aus einer erhöhten Position zu den Engeln zu sprechen.

„Ihr alle", begann er, „habt tapfer gekämpft und den Respekt eures Herrn verdient. Es gibt keinen Grund, sich noch länger zu fürchten: Der Krieg ist beendet – Lucifer ist ein Gefangener des Himmels!"

Eine hochgewachsene Frau mit sonnengebräunter Haut, wilden roten Augen und schwarzem Haar, das ein Eigenleben entwickelt zu haben schien, betrat das hergerichtete Arbeitszimmer Gottes. Ohne Scham setzte sie sich Ihm gegenüber und neigte den Kopf leicht zur Seite. Ihre Augen waren schmal, die Bewegungen hatten etwas animalisches. Das enge, weiße Top ließ den Bauch ohne Nabel frei, dazu trug sie eine kurze, mit silbernen Symbolen auf dunklem Grund verzierte Hose, die kaum bis zu den Knien reichte. Hinten wies die Hose eine Öffnung auf, durch die sich ein schmaler Schweif, der in einem Widerhaken endete, räkelte.

„Jahwe!", blaffte sie und als ihre schmalen Finger sich auf den hölzernen Tisch legten, warf die Oberfläche Blasen, als wäre sie verätzt worden.

„Was führt dich her?", antwortete Gott ruhig, ohne sich von ihr provozieren zu lassen.

„Ich bin hier, um einen ganz bestimmten gefallenen Engel einzufordern", entgegnete sie lässig.

Gott seufzte. Mit einer solchen Forderung hatte Er gerechnet und sich bereits eine Antwort zurechtgelegt.

„Das werde ich ganz sicher nicht tun... meine geschätzte Lilith."

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LUCIFER - The Fallen AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt