~Kapitel 14 - So, als ob jemand mir das Wichtigste wegnehmen will~

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,,Sunny?"

Ich atmete das letzte mal tief ein und aus und drehte mich ganz langsam um bis ich in seine wunderschöne Augen erblickte. Seine goldene, karamelartige Augen, die jeder Vampir nach seiner Verwandlung bekam, faszinierten mich schon von Anfang an. Sie waren so geheimnisvoll und so anziehend, die aber Unerklärlich waren. Unerklärlich aber lebendig. Doch die Augen, die ich vor mir sah, da war keine Spur von Lebendigkeit. Sie waren leer und voller Trauer. Genau, wie meine.

"Worüber willst du reden?" Meine Stimme klang etwas giftig, was ich auch schell bereute aber ich hatte meine Stimme nicht unter Kontrolle. Julien hatte seine Hände in seiner Hosentasche versteckt und schaute mich eine Weile an, so als würde er versuchen irgendetwas an mir abzulesen. Das gefiel mir nicht. So etwas gefiel mir ganz und gar nicht. Diese Situation machte mich nervös, zu nervös. Diese Blicke, die er mir gab, diese Nähe, die ich immer bei ihm spürte, sie waren manchmal unerträglich, so wie jetzt. ,,Ich warte.",ertönte meine grauenvolle Stimme in der Halle und langsam verspürte ich die Ungeduld. Der Vampir vor mir, sah mich noch ein paar Sekunden an und schloss ganz langsam die Augen. Dabei hörte ich ihn schwer Luft schnappen. ,,Sunny...", seine Stimme klang verzweifelt und etwas Angst konnte man ebenfalls hören. Langsam machte Julien seine Augen wieder auf , wo immer noch kein Glanz zu entdecken war und sah mich mit seinen leeren Blicken an. ,,...es tut mir sehr Leid."

Ich verschränkte meine Arme ineinander und hielt Juliens Blicke stand. ,,Was tut dir Leid?", fragte ich nach, weil ich wollte, dass er genauer wurde. Julien löste seine Blicke von mir und schaute sich in der Halle etwas um, so als würde er diesen Raum zum ersten mal sehen. Es wurde wieder eine Weile still bis Julien endlich seine Stimme fand. ,,Irgendwie alles." Ich hob eine Braue hoch und Julien erkannte sofort, dass er etwas genauer sein musste, damit ich verstand, was er genau mir eigentlich sagen wollte. ,,Mit alles meine ich, einfach alles. Das ich dich in meiner Welt zu gelassen und dich damit konfrontiert habe. Das du wegen uns dein sterbliches Leben aufgegeben hast, um uns zu retten. Dann unser Gespräch vor ein paar Tagen - dass ich dir keine konkrete Antwort geben konnte, als du mich gefragt hattest ,ob ich dich verlassen würde, wenn Clara noch am leben wäre. Mir tut es Leid, dass ich dich immer wieder verletze und traurig mache, statt dich glücklich zu machen, so wie ich es dir eigentlich versprochen habe. Mir tut es Leid, dass...", er stoppte und sah mich mit einer gekränkter Miene an. ,,...dass meine Vergangenheit immer wieder zwischen uns steht."

Ich war über seine Entschuldigungn überrascht und wusste nicht sofort, was ich darauf erwidern sollte. Julien löste seine Hände aus seiner Hosentaschen und machte einen kurzen Schritt auf mich zu aber blieb immer noch bei Distanz.

,,Ich kann es verstehen, wenn du meine Entschuldigungen nicht annimmst. Du hast einen guten Grund dafür, es nicht zu tun.", sprach er weiter und lächelte traurig.

Wieder wurde es still. Juliens leere Blicke waren immer noch auf mir und diese stille war ein Zeichen dafür, dass diesmal mein Zug war zu sprechen und irgendeine Antwort zu geben. Ich zweifelte an mir in dem Moment sehr, da ich mir nicht genau sicher war, ob ich überhaupt ein Wort rausbringen konnte, weil sich mein Verstand ungewollt ins Chaos versetzt hatte. Jedoch musste ich meine Gedanke sortiert halten, ich durfte jetzt nicht wie ein kleines Kind handeln, sondern mit Julien wie eine erwachsene Person reden.
Ich löste mich aus seinen Blicken, weil es mich sehr schmerzte ihn so zu sehen, deshalb sah ich diesmal auf die Wandseite, wo dahinter sich die geheime Waffenkammer befand, die uns damals Julien und Louis das erste Mal gezeigt hatten, als Nelly und ich noch ein Mensch waren. Juliens Blicke zu meiden, war wenigstens eine kleine Hilfe um sinnvoll zu sprechen und zu Antworten.

,,Ich...ich kann deine Entschuldigungen nicht annehmen.", sprach ich langsam die Worte aus und wagte einen kurzen seitlichen Blick auf Julien und erkannte wie er plötzlich sich versteifte, als wurde er so ebend zu einer Statue verwandelt worden. Ohne weitere kostbare Zeit zu verlieren, sprach ich einfach weiter. ,,Ich kann deine Entschuldigungen nicht annehmen, weil..." Ich hielt inne und schaute wieder Julien an, der diesmal seine Hände zur Fäusten geballt hatte und auf irgendeiner Stelle vom Boden betrachtete. ,,Weil es nichts gibt, wofür du dich entschuldigen musst." , beendete ich meinen Satz und genau in dem Moment, huschten Juliens Blicke wieder zu mir und verzog seine Brauen ineinander, sodass auf seiner Stirn Falten entstand. ,,Was?", war das Einzige was er rausbrachte und sah mich entsetzt an, so als hätte ich ihn gerade etwas schlimmes gebeichtet.

,,All die Dinge, die du aufgezählt hast und der Meinung bist, dass du dafür verantwortlich bist, da kann ich dir nur sagen, dass du dich irrst."

Mein Freund schaute mich immer schockierend an und versuchte irgendetwas zu erwidern aber am Ende schloss er seine Lippe wieder.

,,Es ist nicht deine Schuld, dass ich in deine Welt konfrontiert wurde, sondern ich habe es zu gelassen, weil ich mich schon lange dafür entschieden hatte, ein Teil dieser Welt zu sein. Meine Verwandlung ist nicht eure Schuld. Es war meine Entscheidung, dass ich zu einem Vampir verwandelt sein wollte - nicht weil ich damit Alios vernichten wollte, sondern..." Ich machte eine kleine Pause und sprach dann aber weiter. ,,...weil ich die Unsterblichkeit mit dir verbringen will. Ich möchte ein Teil von euch sein, ein Teil der Familie und glaub mir, ich bereue meine Entscheidung zu einem Vampir nicht." Ich schüttelte dabei den Kopf, als ich die letzten Worte aussprach. Julien stand einfach nur da und schaute mich an, dabei merkte ich, dass er seine Fäuste wieder aufgelockert und geöffnet hatte. ,,Unser Auseinandersetzung vor ein paar Tagen - es war von mir nicht fair dich in solch einer Situation zu bringen, in dem ich deine Vergangenheit ausnutze. Es...es war nie meine Absicht gewesen, dich zu einer Entscheidung zu zwingen, wo du die Antwort selber nicht weiß. Ich habe seit langem deine Vergangenheit akzeptiert, Julien. Doch seitdem ich Clara gesehen habe, fühle ich mich komisch. So, als ob jemand mir das Wichtigste wegnehmen will.", die letzten Worte flüsterte ich nur noch und merkte wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildete. Wenn ich weinen könnte, dann würden mir in diesem Moment mehrere Tränen runtertropfen.

Julien, der sich aus seiner Starre endlich befreien konnte, lief langsam und unsicher auf mich zu und zog mich aber endlich in seinen starken, warmen Armen, wo ich immer Sicherheit fühlte. Ich erwiderte diese Umarmung und zog seine angenehme Duft ein, die ich seit Tagen so sehr vermisst hatte. Dann spürte ich wie eine Hand von Julien direkt auf meinen Kopf wanderte und dort meine Haare streichelte. Mit der andere drückte er meinen Rücken, damit die letzten Zentimeter-Lücke, die uns voneinander noch trennte, nicht mehr gab.

,,Schschsch...ich werde dich nicht verlassen, Sunny.", versuchte er mich zu beruhigen. ,,Du weiß gar nicht wie viel du mir bedeutest.", murmelte er in meinen Haaren und drückte mich noch mehr an ihm. Nach einer Weile schob mich Julien von sich aber nur um mich anzusehen. ,,Lass uns für heute die Sache mit Clara vergessen, okey?", fragte er und lächelte mich leicht an. Ich nickte und war froh für ein Tag Clara in meinem Kopf zu verbannen.

Der Klang der Liebe ( Bd 2 )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt