Chapter 8 Inmitten von Wölfen

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Ich richtete mich etwas mehr auf, beinahe als müsste ich meine verlorene Grösse wett machen.
Natürlich war das aber nur eine Reaktion auf diese merkwürdigen stechenden Augen von Jared, der mich nun abwarten aber ziemlich ausdruckslos musterte.
"Ich soll beim nächsten Vollmond hier aufgenommen werden."
Begann ich und er lehnte sich an den Mast, der das grosse Zelt stützte.
"Komm zum Punkt."
Ich biss mir auf die Lippen, sein desinteressierter Tonfall brachte mein Blut zum Rauschen.
Sofort wanderte sein Blick zu meiner Lippe und ich musste mich extrem beherrschen um nicht den Blick abzuwenden.
"Ich will dass du mir das Kämpfen beibringst.
Das Reiten, die Sprache, einfach alles damit ich überleben kann."
Ich hatte etwas schnell und leise gesprochen und er sah mich einen Moment überrumpelt an, bevor er die Stirn in Falten zog.
"Weil wir uns ja nicht ausstehen können, so gibt sich jeder mehr Mühe um schneller fertig zu werden."
Ereiferte ich mich zu sagen und starrte ihn dabei an als wäre er die letzte Patrone auf Erden die mich vor einer Horde Zombies retten konnte.
Wieso ich diesen Vergleich genommen hatte war mir schleierhaft, aber vielleicht weil er einfach zu all dem hier passte.
Er regte sich nicht, bevor er langsam nickte.
"Das ist ein Argument."
Ich atmete erleichtert aus.
"Also ja?"
Wenn er mir alles beibrachte, und bei seinem Können war das wirklich alles, würde ich später alleine zurecht kommen, nur für alle Fälle.
Und ich wäre Malia und all den anderen hier nicht mehr so unterlegen, hätte etwas mehr Respekt verdient.
Er zögerte, wieso wollte ich gar nicht wissen, solange er jetzt keinen Rückzieher machte.
Dann aber entdeckten wir beide Himari, die grinsend auf uns zu kam, einen Haufen Kleider im Arm, die geflochtenen Zöpfe hingen ihr über die Schultern.
Mein Blick zuckte wieder zu Jared, der nun schnell nickte.
"Triff mich ab jetzt jeden Abend nach der Wolfsfütterung auf der Lichtung im Wald."
Dann drehte er sich um und grinste wieder, so entspannt als wäre nichts gewesen, während ich stocksteif aufstand.
"Über was habt ihr geredet?"
Neugierig zog Himari mich hinter sich her, ich spürte Jareds Blick in meinem Rücken.
"Wie überaus heiss sie mich findet."
Rief er uns nach und ich meinte, für einen Bruchteil einer Sekunde Belustigung auszumachen.
Himaris Brauen schossen nach oben und sie zog mich mehr an sich, was meine Arme sofort in glühende Schmerzen aufgehen liess.
"Nein."
Ich hob die Hand und schüttelte heftig den Kopf, um meine Unschuld zu beteuern, aber ihr Grinsen verriet mir, dass sie mir das nun ewigs vorhalten würde.
Sie war ein bisschen wie Yana, ich vermisste sie bei jedem Gedanken mehr, erst recht wenn ich begann alles von ihr auf Himari zu übertragen.
Vielleicht weil ich Yana brauchte und so ein Stück von ihr zurück bekam.
Aber vielleicht war es auch nur das quirlige Mädchen neben mir, das mich nun hinter sich hinter eine, von Blicken geschützte, Absperrung im Zelt zog.
"So, ich wette das wird dir super stehen."
Sie grinste und half mir ais dem Kittel, meine Haut wurde von dem kühlen Wind umschmeichelt, bevor sie mir langsam in die Sachen half.
Meine Arme schmerzten wie tausend stechende Nadeln, aber ich liess nicht mehr als ein Zischen zu.
Ich wollte nicht mehr schwach sein sondern genauso überlebensfähig sein wie alle hier.
Und damit hatte ich jetzt begonnen.
Es dauerte eine Weile, bis ich komplett angezogen war, doch es half wirklich.
Ich fror nicht mehr und die festen Ledersachen verhinderten weitläufigen Schmerz an meinen Armen.
"Dreh dich mal."
Ich tat wie mir geheissen und nach einigen kritischen Blicken, liess ich sie an meinen Haaren herum fummeln.
Es tat ihr scheinbar gut, denn sie strahlte wir der Mond am Nachthimmel.
"Perfekt. Du siehst aus wie eine von uns."
Sie grinste breit und betrachtete ihr Werk, während ich mich in dem leicht eingeschlagenen Spiegel betrachtete.
Meine Beine steckten in zwei hohen aber engen Stiefeln, es sah nicht schlecht aus, eher so als würde ich keinen Laut machen und trotzdem elegant beim Laufen sein.
Meine Beine waren frei, dafür trug ich eine Art schwarzes Kleid.
Es war oben eng geschnürt und die rötlichen Fäden die es hielten, bildeten den guten Kontrast zu dem Ende des Kleides.
Es war etwas unterhalb meiner Knien zu Ende, unregelmässig eingerissen und mit roten Bänden verziert.
Ein langer Schwarzer Mantel hing auf meinen Schultern und trotz des Gewichts fühlte ich mich mächtiger.
Er war aus Leder doch behinderte mich in keiner Bewegung.
Er reichte mir weit unter Die Knie, überschnitt sich mit den Stiefeln, die mein Schienbein schützten und ebenfalls bis oben hin zugeschnürt waren.
Ich trug sogar einen etwas schrägen Gürtel, jedoch ohne jegliche Waffe daran.
Als ich mich umdrehte erkannte ich auf meinem Rücken neben den vereinzelten stacheln einen Vollmond, unter dem sich ein heulender Wolf breit machte.
Seine Augen waren blutrot und er schien mehr als nur Stärke zu symbolisieren.
Meine Haare hatte sie offen gelassen, nur zwei kleine feine Zöpfe verflochten sich miteinander.
Ich sah gut aus.
Gefährlich und so wie eine Wilde.
Sie beugte sich auf den Zehenspitzen über meine Schultern und grinste mich durch den Spiegel an.
"Zufrieden?"
Ich nickte perplex, so würde ich hier garantiert weniger anecken als mit dem weissen Zeug das Hector wahrscheinlich noch immer trug.
Hector...was würde er dazu sagen wenn er mich so sah.
Ich schluckte, was Himari auch bemerkte.
Schnell zog sie mich hinter der Plane hervor, ein wissendes Grinsen im
Gesicht, welches sie aber anscheinend falsch gedeutet hatte.
Die Kranken beachteten mich nicht, das Zelt war von Husten und Würgen erfüllt, wieso mir das erst jetzt richtig auffiel war mir schleierhaft.
Sie steuerte direkt auf Jared zu, der sich über einen Verletzten gebeugt hatte und beruhigend auf ihn einredete.
Seine zausen schwarzen Haare und der lange Mantel passten zu seinem Körper, er sah trainiert aus.
Aber eigentlich wunderte mich eher, wie freundlich und sanft er mit dem Verletzten redete.
Kurz wäre mir beinahe ein Lächeln entwischt, dann aber dachte ich daran dass er es zugelassen hatte, dass man mich folterte.
Sofort war ich wieder ernst, ich sollte sowas nie vergessen, es würde mich von dummen Fehlern abhalten.
"Jared!"
Himari zögerte nicht, es durch das ganze Zelt zu schreien und der Genannte richtete sich in aller Ruhe auf, es schien nicht wirklich ungewohnt zu sein.
Sie deutete auf mich als wäre ich ihr Kunstwerk und ich musste mich bemühen, nicht völlig verkrampft auszusehen.
Seine Augen erfassten mich sofort und er sagte kein Wort.
Kurz fuhr sein Blick an mir hinunter und verfing sich dann wieder bei meinen Augen, bevor er sich zu Himari drehte.
"Ich muss los."
Er nickte und kurz zu und drehte sich ohne Weiteres um, sein Mantel begleitete ihn leicht wehend, sogar so sah er aus wie ein Kriegsgott.
Etwas verblüfft und verunsichert sah ich zu dem Mädchen neben mir, welches mich breit angrinste.
"Es gefällt ihm."
Sagte sie und meine Brauen schossen in die Höhe.
Natürlich.
Sie schien Gedanken lesen zu können und seufzte.
"Glaub mir, ich weiss es."
Da ich keine Lust auf ein solches Gespräch hatte nickte ich bloss.
Besonders redselig kam ih nicht rüber, aber wieso sollte ich auch, nachdem meine Arme Bekanntschaft mit ihren Messern gemacht hatten.
Himari betrachtete mich erneut kurz.
"Er ist mein Freund."
Ja gut, er konnte viele Definitionen haben."
Ich hob fragend eine Braue und sie sah kurz zu Boden.
"Louis."
Bei dem Namen wurde mein Blick kalt.
"Ich weiss."
Verwirrt sah sie hoch und ich brachte ein minimales Lächeln hervor.
Sie konnte nichts dafür was mit mir passiert war, doch das brachte mich nicht davon ab, mir irgendwann meine Rache zu holen.
Ziemlich erleichtert nickte sie und das Thema war für sie gegessen.
Wie schnell die Menschen hier doch ihre Einstellung ändern mussten.
"Wegen den Wölfen, ein Tipp, halte den Blick gesenkt, renn rein, wirf das Essen in die Mitte und renn um dein Leben wieder raus.
So machen es alle."
Sie lächelt mitfühlend.
Grosse Hilfe wirklich.
Die wollten mich doch alle Umbringen, wer überlebte schon ein Zusammenkommen mit mörderischen Raubtieren.
"Danke."
Murmelte ich und lief los, auf den Ausgang des Zeltes zu.
"Warte."
Kurz hatte ich die Hoffnung sie würde mich von der Aufgabe erlösen aber sie drückte mir nur einen Kessel mit Fleischresten in die Hand.
"Pass auf dich auf."
Ich war erstaunt das zu hören, doch es drang nicht wirklich zu mir durch.
Ich wollte hier weg, wenn ich mich dafür hier einfügen musste war das eben so, aber ich würde niemals vergessen was das Volk zugelassen hatte, und was mir dadurch angetan worden war.
Ich behielt meine Freunde nahe, aber meine Feinde noch näher.
Das hatten wir früher einmal km Geschichtsunterricht. Wie sich alles verändert hatte...
Ich schüttelte den Kopf und trat mit erhobenem Haupt heraus.
Sie wollten starke Menschen, sie bekamen welche, welche die irgendwann Rache nehmen würden, auch wenn es der falsche Weg war, mit der ohnehin schon zerstörten Welt umzugehen.
Der Wind hatte keine Chance mehr, mich zum Frösteln zu bringen, er prallte an der Ledernen Kluft ab, die ich trug und zudem noch ziemlich bequem war.
Einige Menschen richteten ihre Blicke auf mich.
Eine Mutter zog ihr Kind weg, bei näherem Hinsehen erkannte ich den kleinen Jungen von vorhin.
Er sah mich mit grossen Augen an und schien mich zu bewundern, nicht wirklich wie all die anderen, die mich sonst alle ignorierten.
Es war mir aber auch recht, ihm lächelte ich zu, auch bei Hass konnte man nichts auf unschuldige Kinder schieben.
Danach lief ich weiter, dank Himaris Beschreibung wusste ich wo das Wolfsgehege lag.
Dass sie mich das Lager und die Mauern alleine verlassen liessen, verwunderte mich.
Aber ich war unbewaffnet und kannte mich hier nicht aus.
Zudem war ich verletzt und sie hatten den einzigen Menschen,der mir neben Yana etwas bedeutete.
Also doch nicht so verwunderlich.
Ich beobachtete wie die hoch gelegenen Türme einen Befehl nach unten brüllten und kurz darauf das Tor für mir ein klein wenig geöffnet wurde.
Ich schlüpfte hindurch und mit schmerzenden Gliedern machte ich mich daran, der Mauer entlang in die Richtung zu laufen, wo das weite Wolfsgehege abgesperrt war.
Schon von weitem sah ich den Draht, spitz genug um die Tiere davon abzuhalten darüber zu springen.
Aber nicht um sie davon abzuhalten mich zu fressen, wenn ich hinein lief.
Ich schauderte bereits, ich hatte Wölfe bisher nur im Fernsehen gesehen, und selbst da hatte ich den nötigen Abstand sehr zu schätzen gewusst.
Ich schluckte als der weiche Waldboden beinahe lautlos unter meinen Stiefeln nachliess.
Beinahe von alleine konnte ich so die richtigen Stellen finden, ohne dass ein Ast knackte.
Dann blieb ich vor dem dichten Draht stehen, das Wolfsgehege war gross, die Bäume und Büsche versperrten mir Teilweise die Sicht auf die leicht hügeligen Landschaftsbilder.
Kein Wolf war zu sehen, aber ich fühlte mich so beobachtet, dass ich mir beinahe sicher war, dass sie mich schon längst bemerkt hatten.
Meine Hand lag verunsichert am Knauf der abgesperrten Türe.
Sie können Angst riechen, ermahnte ich mich innerlich.
Ich hatte noch nicht vor zu sterben.
Trotzdem, ein Rennen gegen die Zeit, die Mitte des Geheges zu erreichen.
Viele Möglichkeiten blieben mir nicht, niemals würde ich aufgenommen werden wenn ich mich Malia widersetzte.
Diese Shagara hatte die Idee gehabt, sie war anscheinend genauso wie ihre Bhana, ich verzog das Gesicht.
Aber Hector, ja Hector war nur meinetwegen hier rein gerutscht, ich war es ihm schuldig einen Weg zu finden, ihn wieder raus zu holen.
Ich atmete langsam aus, schloss den Griff um den Eimer fester und drückte die Türe auf.
Es war ruhig.
Extrem ruhig, nur das leise knacksen der Stecken unter meinen Stiefeln war zu hören, ansonsten verschluckte das Moos und der weiche Waldboden jedes Geräusch.
Das Rauschen des Windes in den Blättern der hohen Bäume begleitete die Sonne, die durch ein paar feine Wolkenfetzen auf das Gehege hinab strahlte, sodass ich die Vielfalt der grünen Büsche und Sträucher sehen konnte.
Rennen, hatte mir Himari geraten, doch ich konnte nicht, vielmehr bewegte ich mich langsam weiter in das Innere, der Zaun verschwand schon hinter dem Grünzeug und nur meine Fusstapfen erinnerten mich an den Weg zurück, eindeutig Null Kondition.
Langsam bewegte ich mich weiter, versuchte meine Bewegungen den natürlichen Schwingen der Äste anzupassen, die mir ab und zu in den Weg ragten.
Es war hügelig und ich konnte die abgetretenen Pfade zwischen den Erhöhungen gut ausmachen, also folgte ich ihnen.
Ich fühlte mich verloren unter den Massen der Natur.
Wie ein Eindringling, der sich in ein Territorium wagte, das nicht für ihn geschaffen war.
Aber mir blieb nicht wirklich eine Wahl, also lief ich brav weiter.
Trotzdem hatte ich all meine Konzentration darauf angewendet, Geräusche auszumachen, um im Notfall schnellstens das Weite zu suchen.
Aber nichts war zu hören, nur das zwitschern der Waldvögel in ihren Nestern, die sich dem Himmel entgegen streckten.
Ich erreichte die Lichtung, ich wusste dass sie der Mittelpunkt war, denn die Mulde in der Mitte, neben einem feinen Bach der sich plätschernd durch das Unterholz grub, war bereits mit Essensresten übersät.
Wieso man die Wölfe nicht einfach jagen liess war mir klar, wer konnte sie dann schon unter Kontrolle halten, und vor allem mussten sie bis zu einem gewissen Masse hungrig sein, wenn man sie für den Kampf brauchen wollte.
So viel hatte ich begriffen, auch wenn mir die Tiere dennoch irgendwie leid taten.
Sie gehörten in die Natur und jetzt wo uns der Lebensraum aus unserer eigenen Schuld genommen wurde, krallten wir uns ihren und behandelten sie sogar wie unser Eigentum.
Als Tier hätte ich da auch einen Hass auf Menschen, ein Wunder dass hier kein Skelett herum lag.
Eilig leerte ich den Kessel über der Mulde aus und hörte etwas angeekelt dem Platschen der Stücke zu, an denen zum Teil noch Sehnen hingen, sodass mir übel wurde.
Ich war nicht abgehärtet, das war schonmal sicher.
Etwas erleichtert darüber das alles gut verlaufen war, dachte ich an die Shagara, die mich einfach eiskalt hier rein manövriert hatte, dabei dachte ich ernsthaft sie wäre besser als Malia.
Dann, direkt als ich mich aufrichten wollte hörte ich das Heulen.
Ein vereinzeltes Rufen, doch es ging mir durch Mark und Bein und liess mich erstarren.
Eine Gänsehaut machte sich auf meinem Körper breit und bald stimmten andere Wölfe mit ein, ihr Geheul liess die Tiere verstummen und ich fühlte die Stärke darin vibrieren, die sie als Rudel hatten.
Sie hörten sich traurig, nach mehr Freiheit verzehrend an, doch wie viel konnte man schon in ein Heulen interpretieren, wenn einem vor Angst das Herz in die Hose rutschte.
Danach waren Geräusche zu hören, die immer näher kamen.
Ich zitterte leicht, Angstschweiss konnten sie riechen, es machte sie aggressiv.
Kurz schossen meine Augen zu dem Weg von dem ich gekommen war, noch immer sitzend zog ich es in Betracht, wirklich um mein Leben zu rennen solange ich noch konnte.
Aber dann entdeckte ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung und sah langsam hoch.
Auf dem Hügel vor mir, zwischen den dicken Baumstämmen traten Wölfe hervor.
Über drei Dutzend, einer nach dem anderen stellte sich hin, sie schienen mich zu beobachten und die Reihe schien nicht enden zu wollen.
Es war einerseits ein unglaublicher Anblick, solche mächtige und schöne Tiere vor sich zu haben, aber andererseits war ich nicht in der Lage, mich zu bewegen.
Die Wölfe hatten die Ohren teilweise angelegt, doch die meisten sahen mich mit intelligenten Augen an, während ihre Schultern sich regelmässig bewegten, wenn sie ihre Krallen in die Erde bohrten.
Der starke Wolfsgeruch flog zu mir hinüber und er störte mich nicht mal.
Ich war verloren, vor Kampfwölfen die Hungrig waren konnte ich nicht weg rennen, egal wie schnell ich lief.
Trotzdem konnte ich nicht anders als mit meinen Augen ihre Reihen entlang zu fahren.
Keine Lücke, keine Schwachstelle.
Die Tiere waren perfekt organisiert und dennoch wollte sich keiner vordrängen.
Nur ein Wolf stand weiter vorne, kurz bevor es den kleinen aber steilen Abhang zu mir hinunter ging.
Ich hob, noch immer kauernd de Blick und traf direkt den des Tieres.
Eigentlich, so sagte man, machte es sie angriffslustig, durch ihre stark ausgeprägte Körpersprache waren sie darauf spezialisiert, meine Bewegungen zu deuten.
Aber mein Blick blieb hängen, an den dunkeln Augen, die mich ansahen.
Nicht leer oder dumm wie viele die "unterentwickelten" Tiere beschrieben.
Ich meinte darin alles zu sehen was auch wir Menschen hatten, Interesse, Aufmerksamkeit, aber auch Misstrauen.
Der Wolf war intelligent, seine schön geformten Augen faszinierten mich beinahe so sehr wie der Rest des majestätischen Tieres.
Meine Angst war nicht weg, doch in diesem Moment nicht real, nur das Tier das vor mir stand zählte.
Er hatte die Ohren etwas nach vorne geneigt und den elegant geformten Kopf hoch gehoben, seine Schnauze ruhig in den Wind gestreckt, als wollte er alles über mich erfahren, indem er meinen Geruch witterte.
Schwarzes, Nachtschwarzes Fell spannte sich über die deutlich erkennbaren Muskeln, jedes Mal wenn er wein Gewicht verlagerte konnte ich die geschmeidigen Bewegungen ausmachen.
Ich war verzaubert, nie im Leben hatte ich mich Tieren so nahe gefüht.
Vielleicht wurde ich verrückt, doch für einen kleinen Teil einer Sekunde fühlte ich mich in ihrer Mitte wohl.
Aber dann kläffte der Leitwolf einmal und der magische Moment krachte in sich zusammen.
Sofort prasselte die Angst auf mich nieder wie ein nie endender Regen, während mein Herz in meinem Hals schmerzhaft pochte.
Ich musste Ruhe bewahren, irgendwie zeigen dass ich keine Beute aber auch kein Jäger war.
Noch immer sah ich den schwarzen, grossen Wolf an, der nun die spitzen Zähne entblösst hatte und die Ohren scharf nach hinten anlegte.
Sofort taten es ihm die übrigen Wölfe gleich, ihre geballte Kraft würde das ganze Lager umrennen können, da war ich mir sicher.
Ich erinnerte mich an einen Dokumentarfilm aus meiner Kindheit, eine wertvolle alte Erinnerung.
Niemals hätte ich gedacht dass sie irgendwann mal mehr als ein verblichenes Ereignis sein könnte, doch ich erinnere mich wie die Omegas, die Jungtiere reagierten, wenn das Rudel um sie herum
Stand.
Unterwürfig.
Als Mensch wäre ich der Meinung, mich niemals einem Tier beugen zu müssen.
Doch es war ihr Revier, wir hatten Sie gefangen genommen, nun wollte ich ihnen zeigen dass ich ihnen gehörte.
Eine dumme Idee, aber was konnte ich andere machen als es aus zu probieren.
Ich hatte nichts zu verlieren...ausser mein Leben.
Das in letzter Zeit etwas zu oft an der Schwelle des Todes stand.
Trotzdem spürte ich den Wall an Energie, als ich ihr Knurren durch meinen ganzen Körper fahren spürte.
Ich versuchte mich so zu verbiegen dass ich keine Gefahr darstellte.
Nicht aufstehen, auf den Boden kauern und den Blick senken.
Ich roch die Erde und drückte mein Gesicht daran platt, während ich vor Angst nicht mehr genug Luft bekam.
Doch trotz der geringen Chance verstummte das Knurren.
Sie schienen sich mit bellenden oder Winselnden Tönen auszutauschen, dann hörte ich wie sie sich abstiessen und kurz darauf der Boden unter mir ruckelte, als sie aufsetzten.
Ich schloss die Augen und kauerte mich mehr zusammen, machte mich kleiner und wollte nur dass es schnell ging.
Ich lag eine Weile so, nur das Rauschen meines Blutes in den Ohren, lm Wissen das sie alle da standen, als ob sie mich und mein Durchhaltevermögen testen wollten.
Vermutlich vermenschlichte ich sie zu sehr, aber ich könnte schwören eine Taktik hinter dem ganzen zu sehen.
Irgendwann hörte ich das Schaben von Krallen, danach ein warmer Atem der über meine Haare wehte.
Ich biss die Zähne zusammen und stellte mir vor wie es wäre, wenn spitze Zähne sich in meinen Schädel bohren würden.
Ob sie wohl das Blut von den verarzteten Wunden rochen? Oder vielleicht waren die Desinfektionsmittel zu stark für ihre feinen Nasen.
Ich hörte das Schnauben, langsam, noch immer in derselben unbequemen Lage öffnete ich die Augen.
Auf dem morschen Boden standen zwei schwarze Pfoten, lange gebogene Krallen spiessten vereinzelte braune Blätter auf.
Er war es.
Er stand über mir, als wollte er signalisieren dass ich hier nichts war.
Und ich wollte dass er wusste dass ich es akzeptierte.
Verrückte Idee zu denken, mit einem Tier zu kommunizieren.
Wahrscheinlich war es ein Angstzustand, aber es fühlte sich echt an, als ich meine Haltung so gut es ging veränderte.
Dann spürte ich einen kurzen Stoss an meinem Kopf und als ich nicht reagierte ein leises Knurren.
Langsam und mit zitternden Armen richtete ich mich auf, sass im Schneidersitz da und hätte keine Chance auszuweichen, das grosse Tier stand direkt vor meiner Nase.
Aber er hatte mir das Zeichen gegeben, ich war mir ganz sicher.
Sein Fell bewegte sich leicht in der Bise, die durch das Gebüsch fegte.
Die anderen Wölfe hatten sich gierig über das Fressen hergemacht, vereinzelte Kämpfe darum
Konnte ich wahrnehmen.
Doch der Schwarze stand noch immer vor mir, beobachtete mich und stellte sich ganz offensichtlich zwischen das Rudel und mich.
Er beschützte es.
Ich brachte keinen Ton hervor, von oben sah er auf mich hinab, während ich zu ihm aufsah, ganz so wie die Welpen es taten, keine Gefahr, keine Konkurrenz.
Und so unglaubwürdig es war, es wirkte.
Vielleicht weil ich nicht nach den, von Menschen geschaffenen, Regeln spielte, sondern mich nach den Naturgesetzen richtete.
Sie respektierte.
Dann, nach einer Weile als das Rudel herum trottete und mich nicht beachtete, wurde mir ganz warm.
Die Angst verflog langsam, ich hatte die innere Bestätigung dass sie mir nichts taten, solange ich mich weiterhin so verhielt.
Es fühlte sich wahnsinnig an, in der Mitte eines Rudels zu sitzen, die warmen Körper um mich herum und das sanfte Knurren wenn sie miteinander spielten.
Der Wolf sass noch immer vor mir, sein Schweif bewegte sich langsam auf dem Boden und wischte Blätter hin und her.
Seine Ohren waren leicht angelegt, wahrscheinlich als Warnung, aber er beobachtete mich nur aufmerksam.
Lange sass ich da, auch schon als sich das Rudel wieder in den hinteren Teil des Reviers zurück zog.
Er blieb, die ganze Zeit achtete er darauf dass ich nichts falsches tat.
Dann waren da nur noch wir, bereits als es langsam dämmerte sass ich mit eingeschlafenen Beinen da und erwiderte den fesselnden Blick des Leitwolfes.
Irgendwann öffnete ich den Mund.
Meine Worte konnte er nicht verstehen, das wusste ich.
Aber ich wollte ihn mir ebenbürtig behandeln, und ich war mir sicher dass er den Ton meiner Stimme wahrnehmen konnte.
"Geh ruhig zu ihnen, ich gehe wieder, ich will euch nicht weh tun, auch nicht euer Revier stehlen."
Sofort spitzte er die Ohren, eine Sache von Millisekunden.
Dann erhob er sich, elegant so wie es nur diese Tiere konnten, die ich immer unterschätzt hatte.
Ich grub die Hände in meinen Mantel, als er den Kopf etwas vor streckte.
Wie hypnotisiert streckte ich langsam meine Hand in seine Richtung, ich wollte das warme Fell unter meiner Hand spüren.
Aber er schnaubte und wandte sich ab, bevor er mit einigen kraftvollen Sprüngen wieder auf dem Hügel stand.
Dann sah er nochmals zurück zu mir und setzte dann zum
Sprung an, bevor er im Unterholz verschwand und bald wieder Ruhe herrschte.
Er liess mich zurück, mit einem Erlebnis das ich nie wieder vergessen würde.
Und lebend.
Sie hatten mich nicht angegriffen.
Sie hatten mich leben lassen.

Destroyed - Die 7 Völker *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt