Kapitel.18

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Unruhig schweifte mein Blick zwischen der Fensterscheibe und meinem Display hin und her. Ich wusste nicht warum ich das tat...warum ich mein Handy so fest in den Händen hielt als sei es ein rettender Anker. Warum ich hier in diesem Bus saß, von welchem ich noch nicht einmal wusste wohin er mich bringen würde...ich wusste nur eines, ich hatte alle enttäuscht. Finn..Mrs.Jones.. Mum und vor allem mich selbst. Ich war mir doch so sicher gewesen es zu schaffen. Hatte ich mich etwa so in mir getäuscht ? Ich liebte doch das Eislaufen. Ich war doch so glücklich gewesen. Ich war meinem Traum doch so nahe gewesen. Wollte ich aufgeben? Wollte ich das wirklich?

All diese Stunden des Trainings..die Verletzungen..und die Tränen der Verzweiflung...sie wären umsonst gewesen. Und Finn ! Finns ganze Arbeit ! Er hatte mindestens genau so hart trainiert wie ich. Finn hatte es verdient bei den Meisterschaften mitzumachen...er hatte es verdient sie zu gewinnen. Allmählich keimte Reue in mir auf und ich lehnte meinen Kopf gegen die kühle Glasscheibe. Am liebsten hätte ich losgeheult, aber das traute ich mich hier in der Öffentlichkeit nicht. Mir war es noch nie so wirklich leicht gefallen meine wahren Gefühle vor anderen zu zeigen und doch so wurde mein Verlangen meinen Tränen freien Lauf zu lassen immer größer und schlussendlich gab ich nach, drückte hastig auf den roten ,STOP' - Knopf vor mir und sprang an der nächsten Haltestelle aus dem Bus.

Kalte Luft schlug mir entgegen und fröstelnd schlang ich meine Arme um mich. Ich hätte mir eine Jacke mitnehmen sollen oder wenigstens einen Schal ! Langsam glitten meine Augen über den Platz , auf welchem ich mich gerade befand. Es schien nicht viel los zu sein, was mich auch nicht sehr wunderte, da das jetzige Wetter einen nicht gerade dazu verlockte einen Fuß vor die Tür zu setzen. Vereinzelt standen dunkelbraune Holzbänke herum, die fast unter all dem Schnee vergraben waren. Zwischen ihnen streckten ein paar kleine Bäumchen ihre dürren Äste in die Höhe. Es wirkte alles ein klein wenig wie in einem Märchen..es wirkte alles ..so.. verzaubert. Unberührt lag der Schnee vor mir auf dem Boden. Keine Fußabdrücke...keine Spuren von Vögeln...nichts hatte ihn geprägt. Er war einfach nur weiß und wunderschön. Bedächtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Mein Ziel war der niedrige Steinzaun, der sich vor mir erstreckte. Dort angekommen stockte mir für einen kurzen Augenblick der Atem. Unter mir befand sich viele Bäume und Büsche..alle weiß und mit Eiszapfen behangen und in der Mitte von ihnen...stand der Eiffelturm. Ich hatte ihn noch nie so nah gesehen. Einige Tränen liefen mir über die Wangen. Es würde wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass ich dieses Gebilde sehen würde. Ob es wohl nach dem Tod ein ewiges Leben gab ? Oder war alles doch nur eine Lüge ? Eine Lüge die wir Menschen uns auftischten um das Ende unserer Existenz zu versüßen. Wie oft meine Religionslehrerin auf mich eingeredet hatte was den Himmel anging und das Gott seine schützende Hand über mich halten würde. Immer hatte ich ihr nach mindestens der Hälfte nicht mehr zugehört..zu oft hatte sie sich wiederholt...zu oft wollte ich ihre Worte nicht hören...zu oft hatte ich einfach keine Kraft mehr die ganze Zeit mit meinem baldigen Ende konfrontiert zu werden. Wenn es wirklich einen Himmel geben sollte..ein Leben nach dem Tod und sogar einen Gott, der es laut der Bibel geschafft haben soll Todkranke zu heilen...wieso tat er mir das dann an? Wie konnte er das uns Menschen antun ? Was hatten wir getan?

Seufzend schüttelte ich meinen Kopf und wischte mir verstohlen einige Tränen weg. Jetzt war eindeutig nicht der richtige Zeitpunkt an meiner Religion zu zweifeln, ich hatte wichtigeres zu tun. Ich hatte wichtige Entscheidungen zu treffen. 

,,Will ich zur Meisterschaft oder nicht..will ich es wirklich versuchen?'', wisperte ich leise und schloss dabei für einen kurzen Moment meine Augen.

,,Natürlich willst du !'', erklang plötzlich eine dunkle Stimme neben mir.

Erschrocken riss ich meine Augen auf und sah mich suchend um. Bald wurde ich fündig. Es war Finn..mein Herz zog sich zusammen, als ich ihn sah..wie er da stand, locker mit seinem Rücken an den Zaun gelehnt. Seine dunkelbraunen Augen musterten mich prüfend, ehe er einige Schritte auf mich zu ging und mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr strich.

,,Das nächste Mal sagst du mir das du dir Paris anschauen willst. Ich bin diesem verdammten Bus hinterher gerannt..hab geschrien und gewunken..und bin sogar zweimal auf die Schnauze geflogen ! Guck mal !'', brummte er und schob dabei seinen Jackenärmel etwas nach oben. 

,,Es ist nur eine kleine Schramme.'', atmete ich erleichtert auf.

,,Was heißt hier klein ! Ich könnte verbluten ! Hier und jetzt !'', wimmerte Finn theatralisch und nahm mich daraufhin in den Arm.

,,Ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht...einfach abzuhauen..sah dir einfach nicht ähnlich.'', flüsterte er leise und legte seinen Kopf auf meine Schulter.

,,Tut mir leid'', weinte ich leise in seine Jacke.

,,Du bist verdammt kalt. Du erkältest dich noch du Vollidiot ! Hier nimm !'', seufzte er, ehe er mir seine Jacke gab.

Dankbar warf ich sie mir über die Schultern. 

,,Du bist traurig oder?'', stellte Finn fest und deutet dabei auf meine geröteten Augen.

Unruhig kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Jetzt wäre eigentlich genau der richtige Moment es ihm zu gestehen. Ihm zu sagen das ich Krebs hatte und das eine Beziehung zwischen ihm und mir nicht funktionieren würde, da ich bald unter der kalten Erde liegen würde.

,,Du hast nicht vor es mir zu sage-...''.

,,Finn was würdest du machen wenn ich bald sterben würde.'', unterbrach ich ihn leise.

Unruhig wartete ich seine Reaktion ab. Zuerst sah er mich an als wäre ich der Weihnachtsmann höchstpersönlich, dann wurden seine Gesichtszüge ernster...schon fast nachdenklich.

,,Ich glaube ich wäre sehr unglücklich, aber da ich dich nicht allein lassen kann, da du weder richtig werfen noch laufen kannst würde ich natürlich mit dir mitkommen!'', lachte er und tätschelte mir dabei den Kopf.

,,Du würdest dich umbringen? Für mich?'', hakte ich geschockt nach.

,,Ja.'', sagte er keine Sekunde später mit einem Lächeln auf den Lippen.

,,Denn du bist die Wichtigste Person in meinem Leben, ohne dich wäre es doch langweilig oder? Und vor allem ohne mich erst recht !'', plusterte Finn sich auf und klopfte sich stolz auf die Brust.

Es wunderte mich zutiefst, dass er nicht nachbohrte, warum ich eine solche Frage gestellt hatte..doch irgendwie war ich auch erleichtert..auch wenn es mich sehr schockierte und ich ihm eigentlich wenig Glauben schenkte, dass er mir in den Tod folgen würde..eine grausige Vorstellung.

,,Du?'', nuschelte Finn auf einmal ziemlich leise und zupfte an dem Saum seiner Jacke. Fragend sah ich ihn an woraufhin er mir einen Hundeblick schenkte und auf den frischen Schnee um uns herum deutete.

,,Bauen wir einen Schneemann?'', chuckelte er:,, Soll Glücksgefühle hervorrufen..habe ich von Experten gehört.'', fügte er noch schnell hinzu, nachdem er meinen noch immer nicht wirklich überzeugten Gesichtsausdruck entdeckt hatte. Und da ich weder die Lust noch die Kraft hatte mir mit Finn eine Debatte darüber zu liefern, dass es wichtigere Dinge gab als einen Schneemann mitten in Paris zu bauen, nickte ich einfach nur und ließ mich von ihm mitziehen. Vielleicht tat mir etwas Ablenkung ja gut ?

Und so liefen wir Beide also über den Platz, formten Kugeln, lachten und bauten einen kleinen süßen Schneemann, welcher schlussendlich auf dem Rand des Zaunes thronte.


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Vielen lieben Dank an euch alle :)

Ich hätte an euch ein paar kleine Fragen (ihr müsst sie nicht beantworten wenn ihr nicht wollt) :) :

1. Gefällt euch die Geschichte bis jetzt?

2.Gefallen euch die Charaktäre ?

3. Hattet ihr schon einmal eine Krankheit, welche euer Leben schwer beeinträchtigt hat?


Ich fände es schön, wenn ihr mir antworten würdet. :)

Lg CupcakeCloud

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