Teil6

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Ich lasse die Finger auf die Tasten sinken und schlage den ersten Ton von River Flows In You an...

Ich liebe dieses Lied wie eigentlich alle Kompositionen von Yiruma. Auch wenn ich ansonsten eher keine typischen Klavierstücke spiele, eher Songs die auch im Radio laufen. Zum Beispiel von Imagine Dragons, Demi Lovato, Jessie J und so. Viele Leute, vor allem meine Freunde meinen dass ich Talent habe, aber seh dass jetzt eher nicht so:D Ich meine, ich spiele jetzt nicht grade schlecht, aber es gibt noch Millionen andere Leute auf der Welt die genauso gut und besser spielen können. Ausserdem bin ich eh nicht so der Mensch, der gut Komplimente annehmen kann, ich bin halt eher schüchtern und das Wort "Selbstbewusstsein" findet sich definitiv nicht oft in meinem Wortgebrauch. Es klingelt. Oh Mist Mist Mist, die Pause ist schon vorbei! Schnell klappe ich das Klavier zu, schnappe mir meine Tasche und haste aus der 2. Tür in eine Art Abstellkammer. Von da aus husche ich zurück in den Flur und hoffe, dass mich niemand gesehen hat. Ich hasse Aufmerksamkeit, und diese würde ich wohl oder übel bekommen wenn ich vor alle anderen im Musikraum säße. Und da ich gut darauf verzichten kann das nächste Interview-Opfer unserer idiotischen Jungs zu werden, saß ich nun auf einer Bänke vor dem Musikraum, froh darüber, dass sich noch keiner im Gebäude aufhält und mich vielleicht sehen kann. Frau Müller kommt schon um die Ecke und lächelt als sie mich sieht. "Na Carina, heute keine Lust auf's Klavier gehabt?" Mist, ich hab gehofft dass es ihr nicht auffällt. "Äh doch, ich bin nur schon früher raus, musste noch auf Toilette." Eine peinlichere Ausrede ist dir auch nicht eingefallen oder?!  "Achso, freut mich dass du immer noch Spaß daran hast. Vielleicht hast du Lust uns heute etwas vorzuspielen?" "Nein, danke, wirklich!" sagte ich etwas zu schnell. "Wissen sie, ich... ich spiele nicht so gerne vor anderen." "Natürlich, dass verstehe ich. Sag Bescheid, falls du es dir anders überlegst." antwortete sie und bedachte mich mit einem mütterlichen lächeln, dass ich schüchtern erwiederte, während ich ihre Bitte gedanklich mit "Never in a million years" beantworte. Nach und nach trudelt meine Klasse ein und es wird lauter im Raum. Alle quatschen laut durcheinander und es stört eigentlich niemanden, dass der Unterricht offiziell schon vor 5 Minuten angefangen hat. Neben mir sitzt Mila und wir beide beschränken uns auf leises Flüstern, einerseits weil Frau Müller mir leid tut, andererseits weil ich will dass sie mich weiterhin mag. Als endlich etwas Ruhe einkehrt, begrüßen wir uns. Die Lehrerin mit einem fröhlich-optimistischen "Guten morgen", wir mit einem verschlafenen, unmotiviertem Gemurmel, dass man kaum als "Morgen" verstehen kann. "Nun, da ihr anscheinend nicht besonders motiviert seid werden wir erstmal ein Lied zum aufwachen singen. Irgendwelche Vorschläge?" Nur Ella, die Klassenstreberin meldet sich und wird dran genommen. Nachdem sie ihr Brille zurecht gerückt hat, räuspert sie sich und schlägt "Read all about it" von Emelie Sande vor. Aus einem Lied werden am Ende 5, wie sooft haben wir unsere Lehrerin zu einer Singstunde überredet. Am Ende lobt sie uns mal wieder in den Himmel, wir wären ja so eine tolle Singklasse und es würde so Spaß machen mit uns. Ja, guut.. Also ich fand unseren Gesang jetzt nicht berauschend, aber vielleicht hab ich ja auch was an den Ohren oder ihr geschultes Gehör erkennt ein Talent oder was weiß ich.

Nach 3 weiteren Stunden klingelt es endlich und ich stürme aus der Klasse. Wäre ich noch eine Minute länger geblieben, hätte mich unsere alte, schrullige Geschichtslehrerin vermutlich wirklich eingeschläfert. 

Im Bus lasse ich mich auf eine freie Bank relativ weit hinten fallen, schmeiße meine Tasche neben mich auf den freien Sitz und stöpsel meine Kopfhörer in die Ohren. Zufrieden schließe ich meine Augen, als "Lies Greed Misery", mein absoluter Lieblingsstück von Linkin Park ertönt. Kurz bevor der Bus losfährt, rempelt mich jemand an der Schulter an. "Hey, kannst du nicht...?!" motze ich denjenigen an, stoppe aber als ich sehe wer es ist...

  (So ein schöner Cliffhanger, aber ich mal nicht so sein ;)

Harry. Sofort schlägt mein Herz schneller und mein Hirn gerät völlig aus dem Konzept. "Ähm.. hii." Gott, wieso bekam ich keine ganzen Sätze raus?! "So sieht man sich wieder. Kann ich?" grinst er und deutet auf den freien Platz neben mir. "Klar." Schnell rücke ich rüber und stelle meine Tasche auf den Boden. Er hat sich neben mich gesetzt. Shit, was sollte ich denn jetzt machen? Mit ihm reden? Weiterhören? Ich will jetzt nicht aufdringlich sein und ihn nerven, aber einfach weiter hören ist auch unhöflich oder? Tja, da fällt dir wohl nichts mehr ein. Nein, aber du könntest mir auch mal helfen anstatt nur dumme Kommentare zu geben! , dass hättest du wohl gerne, vergiss es! Liebenswert und hilfsbereit wie eh und je... "Auf welche Schule gehst du?" Seine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. "Hubertus-Gymnasium, du?" "Auch, komisch dass wir uns nie gesehen haben! Naja, bin ja noch nicht lange hier. Bist du 12.?" Nee 11, und du?" Krass, hätte nicht gedacht dass mich mal einer älter schätzt.. Normal denken immer alle dass ich jünger bin. Jetzt sei doch einfach mal selbstbewusst und freu dich! Du hast leicht reden! Äh warte.. 2 Sekunden zurückspulen.. Hatte sie grad was NETTES zu mir gesagt?! Komischer Tag heute. "13." antwortet Harry. "Sei froh, dann hast du den Zirkus bald hinter dir." "Ja schon, aber der ganze Abirrtest ist auch nicht ohne. Und ich hab echt kein Plan was ich danach machen will." " Stimmt auch wieder. Was hast du so für Kurse?" Wooohooo, ein ganzer Satz, und das aus deinem Mund, bei einem Jungen! Ich ignorierte meine innere Stimme einfach. "Musik, Englisch und Erdkunde. Du?" "Ist ja lustig, ich hab dieselbe Kombi! Wie kommst du zu Musik?" "Ich mag Musik einfach, ausserdem spiel ich in einer Band." "Cool, welches Instrument?" "Ich spiel kein Instrument, ich singe. Hab mal Gitarre versucht, aber nach ner Woche aufgegeben." "Dass nenn ich Motivation" grinse ich ihn frech an. Keine Ahnung wo ich plötzlich das Selbstbewusstsein her habe, aber es gefällt mir. "Hey, werd jetzt bloß nicht frech!" "Was, ich?" Empört sehe ich ihn an. "Wie kommst du denn drauf? Ich bin doch ganz lieb " sage ich mit einem Engelslächeln. "Jaja, wer glaubt! Ausserdem kannst du bestimmt auch keine Gitarre spielen!" "Nicht wirklich, nur ein Lied. Aber dafür spiel ich Klavier, bzw. Keyboard." "Na gut, ich gebs auf! Was hörst du da eigentlich?" Bevor ich antworten kann, schnappt er sich meinen freien Kopfhörer und steckt ihn in sein Ohr. Zufrieden registriere ich, dass ein kleines lächeln über sein Gesicht huscht, als er auch schon "Geil, Linkin Park! Guter Musikgeschmack." sagt und mir lobend auf die Schulter klopft, was mir ein kurzes Lachen entlockt. " Danke, Linkin Park ist meine Lieblingsband." "Meine auch" grinst er und ich erwiedere. "Komm doch mal vorbei und hör in eine Probe von uns rein!" "Äh.. klar. wann denn?" "Heute 17.30?" "Ja müsste gehen, wohin soll ich denn?" "Ich.. ich kann dich abholen kommen, wenn du willst? Dann brauch ich nur deine Adresse." "Ja, warum nicht. Brunnenstraße 3, weißt du wo das ist?" "Jepp, also dann bis später." meint er und lächelt mich nochmal an bevor er aussteigt. Du hast ein Daahaate! grinste meine innere Stimme. Äh hallo, geht's noch?! Ich höre mir nur seine Band an, dass ist KEIN Date. Ausserdem wird er wohl nicht alleine in einer Band sein oder?" Jahaa, ist ja gut ich verzieh mich ja schon!  Wurde ja auch Zeit.. Siehst du, warum soll ich immer nett zu dir sei wenn du mich auch nicht  magst?!  DU bist sonst immer die die gemein ist, also wunder dich nicht wenn ich auch mal doof zu dir bin! Ausserdem, dann hör ich halt auf und du hörst auch auf ok? Nagut, ich versuchs. Aber nur heute!

Danke, endlich mal Ruhe! Es ist echt irgendwie krank, dass ich quasi mit meinem eigenen Kopf streite... 

Jetzt muss auch ich aussteigen, diesmal an der richtigen Haltestelle, sodass ich nicht gegen Harrys rannte und keinen ellenlange Weg gehen musste. Nach dem Essen gehe ich direkt duschen. Ich ziehe eine enge graue Jeans mit zerrissenen Knien, ein weißes Trägertop und eine rotkarierte Bluse an, die ich mir umbinde für später, wenn es kälter wird. Meine noch feuchten Haare nehme ich zu einem unordentlichen Dutt zusammen, dann setze ich mich an die Hausaufgaben. Um kurz vor halb nehme ich eine Tasche, schmeiße Handy, Kopfhörer, Portemonnaie, meinen eos Lipbalm, Taschentücher und all den anderen scheiß, den man am Ende eh nicht braucht hinein. Ich laufe die Treppe runter, schlüpfe in meine schwarzen Chucks und rufe schnell ein "Bye" an meine Mutter, während ich die Tür zuschlage. Nervös laufe ich vor der Tür hin und her und warte auf Harry. Er fände es bestimmt lustig wenn er sehen würde, dass du hier rumrennst wie ein aufgescheuchtes Huhn!  Soviel zu unserer Abmachung.. 

Nach weiteren 2 Minuten sinnlosen rumlaufens sehe ich, wie Harry um die Ecke kommt. Noch hat er mich nicht gesehen und mit einem fiesen Grinsen beschließe ich, dass das auch noch etwas länger so bleiben soll. Ich ducke mich hinter unsere Hecke und warte leise, bis er an mir vorbei in Richtung Haustür geht. Wie geplant dreht er sich nicht um, naja, normal steht hier ja auch niemand. Aber da es heute nicht normal ist und ich hier stehe, schleiche ich wieder auf den Weg. Mit Anlauf springe ich auf seinen Rücken und schlinge meine Arme um seinen Hals. Harry zuckt heftig zusammen und schreit wie ein Mädchen. "Respekt, so hoch komme noch nichtmal ich!" lache ich. Mittlerweile lacht Harry auch und dreht sich so schnell im Kreis, dass mir schon leicht schwindelig wird. "Harreeeh, lass das!" bitte ich. "Wie sie wünschen, meine teuerste." meint er ebenfalls lachend und geht ganz normal zur Straße und dann in die Richtung aus der er gekommen ist. "Äh Harry, dir ist bewusst dass ich immer noch auf deinem Rücken hocke?" "Jap, du bist zwar nicht schwer aber so leicht dann doch wieder nicht." Mit einem "Ey" schlage ich ihm auf den Arm, was ein lachen von ihm und ein schmerzhaftes Zischen von mir hervorruft. Mehr Muskeln als gedacht kann ich da nur sagen... 

In Harrys Gegenwart war ich anders. Am Anfang war ich genauso schüchtern wie immer, aber es hat sich viel schneller gelegt als bei anderen. Ich vertraute ihm mehr als Menschen, die ich schon über ein halbes Jahr kann, dabei kannte ich ihn noch nichtmal eine halbe Woche. Ich war nicht dieses brave, schüchterne Mädchen. Ich war selbstbewusster und traute mich Sachen, die ich sonst nie tat. Und es gefiel mir, sehr sogar. Ich würde gerne immer so sein, vielleicht wäre ich dann auch beliebt, nur ein kleines bisschen. Kein "Niemand" mehr eben. 

"Sie dürfen jetzt absteigen." sagt Harry und reißt mich aus meinen Gedanken. Ich hab gar nicht bemerkt dass wir schon da waren, er hat mich tatsächlich den ganzen Weg getragen. "Danke" antworte ich und lächel ihn an. 


Soo, ein eher langes Kapitel, hat auch einige Zeit gedauert ;) Ich hoffe es gefällt euch, wie immer freue ich mich natürlich über Kommentare und Votes :) Empfehlt die Geschichte auch gerne weiter ihr sie gut findet. Dass war eigentlich alles, ganz viel Liebe an euch besonders an meine Lieblingskiki :)) <3 




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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 28, 2015 ⏰

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