Kapitel 4

51 3 0
                                    

Nach einigen Momenten, in denen mich fast vollends der Mut verliess, öffnete sich das Tor und dahinter stand...- niemand. Es war, als ob sich das Tor von selbst geöffnet hätte. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich machte einen Schritt in Richtung wärme. Hinter mir fiel das Tor mit einem lauten Dröhnen ins Schloss und ich war in volkommene Dunkelheit gehüllt- okay, fast volkommene Dunkelheit. Vor mir drang ein schwacher Lichtschimmer durch eine angelehnte Tür. Zaghaft trat ich darauf zu und klopfte an. "Guten Abend, ich bin..." "Lynn ich weiss", fiel mir eine Stimme ins Wort, die Klang als hätte die dazugehörige Person Schmirgelpapier gegessen. "Das Abendessen hast du verpasst. Dein Schlafzimmer ist im Turm, zweiter Boden, ein Bad hast du. Morgen gibt es Frühstück um sieben Uhr, da bist du besser Pünktlich."
Ohne auch nur ein weiteres Wort wurde mir die Tür direkt vor der Nase zugeknallt. Ach herrje da war ich aber wirklich in einem selten fröhlichen Dörfchen gelandet. Ich drehte mich um tastete im halbdunkel der Fackeln (woher zur Hölle kamen die denn Plötzlich?) Nach dem Treppengeländer. Die Räder meines Koffers waren nach meiner kleinen Buschwanderung mehr als unbrauchbar und so schlug mein Koffer gegen jede einzelne Stufe, was einen Lärm verursachte, als würde eine Kavallerie die Wändeltreppe hoch reiten.
Nach gefühlten 300 Treppen, die sich allesamt um eine weisse Marmorsäule in die Höhe wanden, sah ich endlich so etwas wie eine Zimmerdecke über mir. Der Raum der darauf folgte war rund (und das bei einem Turmzimmer, welch eine Überraschung) und besass einen Kamin. Viel mehr konnte ich bei dem Halbdunkel das vorherrschte nicht erkennen, denn als einzige Lichtquelle fiel ein Streifen Mondlicht durch eines der mannshohen Fenster. Beim Anblick des kühlen Lichtes lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, und ich musste an das Heulen denken, welches ich vorhin auf der Lichtung gehört hatte. Gab es in Irland eigentlich Wölfe? Ich merkte mir, dass ich das bei Gelegenheit unbedingt googlen müsste, und ging eine kleine Treppe hoch, die mich direkt in mein Schlafzimmer führte. Wobei "Schlafsaal" eigentlich irgendwie besser gepasst hätte. Zu meinem grossen Erstaunen gab es hier oben elektrisches Licht, und so konnte ich jedes Detail dieses absolut himmlischen Raumes erkennen. Zu meiner Linken befand sich ein Kleiderschrank von gigantischem Ausmass, der von wunderschönen Intarsien übersäht war, gegenüber dieses Schrankes standen ein Schreibtisch aus Mahagoni. Doch das Beste, das Allerbeste befand sich direkt vor mir. An der Westseite des Turmes gab es einen Erker, in dem ein Himmelbett von der Sorte stand, von der die Queen vermutlich träumte. Ein Baldachim aus wallenden, crème-weissen Tüchern wurde von vier Pfeilern getragen und gab einem das Gefühl, in mitten von Wolken zu liegen. Dieses Gefühl konnte ich im übrigen auf grund der Tatsache beschreiben, dass ich schon längst in jenem Prachtstück von Bett lag. Ich musste mich einfach der Länge nach in die weissen Daunen fallen lassen als ich sie gesehen habe.
Von einem urplötzlichen Gefühl der Müdigkeit übermannt, kuschelte ich mich (schmutzig wie ich war) in das Meer von Kissen und gab mich dem verlockenden Gefühl von Schwerelosigkeit, das mich überkam, hin.

GingerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt