4 - SMS

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"Bis morgen?", fragte Miron mit einem Lächeln.
"Klar, gerne." Ich öffnete die Tür zu meinem Zimmer. Dann winkte ich ihm noch einmal kurz, bevor ich durch die Tür trat und sie hinter mir zufallen ließ. Ich schlüpfte aus meinen Schuhen und ging zu meiner Handtasche. Ich kramte darin herum. Leicht genervt seufzte ich. Immer diese Unordnung... Endlich fand ich es, es war ganz unten, eingeklemmt zwischen dem Boden der Tasche und meinem Buch. Ich zog mein Handy hervor und entsperrte es. Dann ging ich meine Kontakte durch, bis ich beim M angelangt war. Verwirrt kniff ich die Augen zusammen. Zwischen meinen alten Kontakten konnte ich Mirons Namen einfach nicht finden. Ich ging die Namen mehrmals durch, doch das Ergebnis was jedes Mal dasselbe. Immer noch verwirrt scrollte ich ganz nach oben, um meine ganzen Kontakte durchzugehen. Bei D fand ich endlich den einen Kontakt, der neu war. Er hieß "Dankeschön, Schätzchen ;)". Verblüfft sah ich den Kontakt an. War das Miron? Wahrscheinlich... Ich rief den Kontakt auf und schrieb ihm eine SMS.
Miron?
Nicht sehr einfallsreich, aber egal. Ich legte das Handy auf den kleinen Nachtschrank neben dem Bett. Wenn ich es zurück in die Tasche legen würde, würde ich es wahrscheinlich nie wiederfinden. Dann schnappte ich mir ein altes T-Shirt und eine kurze Stoffhose, in der ich so gerne schlief. Ich schlenderte ins Bad und machte mich fertig. Als ich gerade dabei war, mir die Zähne zu putzen, hörte ich, wie mein Handy vibrierte. Ich lief aus dem Bad, zum Bett. Als ich das Handy entsperrte, sah ich, dass es kein Anruf war. Also keine Hektik.

SMS von Dankeschön, Schätzchen ;)
Jasmin?

Ich schrieb mit einem Lächeln auf den Lippen zurück.
Ernsthaft? Schätzchen?

Die Antwort folgte prompt.
Wäre dir Täubchen lieber gewesen? ;)

Ich musste lachen.
Bloss nicht! Wir sind doch kein Ehepaar! ^^

Nicht? Oh, dann bist du wohl doch nicht die Jasmin, die ich meinte.

Ich sah den Bildschirm an. Mein Gehirn versuchte irgendwie, diese Wörter zu verarbeiten. Miron konnte unmöglich schon verheiratet sein... er war doch nur etwas älter als ich selbst. Er konnte nicht älter als 20 sein.

War doch nur Spaß ;),

kam die Antwort. Ich stieß die Luft aus, die ich, ohne es zu bemerken, angehalten hatte. Klar. Ich war wirklich dämlich. Dann kam noch eine SMS.

Okay, wie sollte ich dich denn nennen, wenn wir verheiratet wären?

Ich verdrehte die Augen, lächelte aber.

Meine liebreizende Gattin. Und nicht anders! :)

Okay, das merk ich mir schonmal ;)

Ich gab ein belustigtes Schnauben von mir (was mit der Zahnbürste im Mund nicht ganz einfach war), als ich diese SMS gelesen hatte.

Ich hatte nicht vor, mit 19 zu heiraten.

Vorhaben können sich ändern.

Jaja, träum weiter ;)

Dann legte ich das Handy zurück auf den kleinen Tisch und ging zurück ins Bad. Ich ignorierte das erneute Vibrieren des Handys und putzte mir die Zähne zu Ende. Kaum zu glauben, dass ich Miron heute erst kennengelernt hatte... es fühlte sich an, als würde ich ihn schon viel besser kennen. Ich bürstete mir die blonden Haare und sah in den Spiegel. Meine blauen Augen strahlten mir entgegen. Ich lächelte. Ich hatte mir Sorgen gemacht... dass ich Probleme haben würde, dass ich keine neuen Freunde finden würde und die ganze Zeit allein verbringen müsste. Dass ich Heimweh haben würde. Dass es andere Schwierigkeiten gäbe. So viel könnte schief laufen. Und so viel könnte so wunderschön sein. So viel war so wunderschön. Ich lächelte. Ich war erschöpft von der Reise und wollte gleich ins Bett gehen. Vielleicht würde ich morgen abend noch feiern gehen können, vielleicht ja zusammen mit Miron. Lust hätte ich auf jeden Fall.
Schließlich war ich fertig und trat aus dem Bad. Ich knipste das Licht im Bad aus und wurde von lockerer Dunkelheit umgeben. Der Boden und eine Wand wurden von dem goldenen Licht der untergehenden Sonne bestrahlt. Ich ging näher ans Fenster und sah hinaus. Der Anblick raubte mir den Atem. Links von mir glitzerte das Meer, rechts funkelten die ersten Lichter der Hotels, Restaurants und Kneipen. Und direkt geradeaus versank die Sonne. Die Lichtkugel wurde von einem rot-orangenen Leuchtfeuer umgeben, das den halben Himmel einzunehmen schien. Alle Häuser leuchteten golden in der Sonne und ich spürte die warmen Strahlen auf meinem Gesicht. Von der Sonne ausgehend veränderten sich die Farben am Himmel von weiß zu golden, orange, rot, lila, türkies, hellblau, blau, dunkelblau. Es war wie ein gigantischer Regenbogen, der den gesamten Himmel einnahm. Mein Handy vibrierte, doch ich beachtete es nicht. Ich konnte meine Augen nicht von diesem wunderschönen Farbenspiel lassen. Schließlich verschwand die Sonne hinterm Horizont, doch einen Teil der Farben ließ sie zurück. Ich stand bestimmt über fünf Minuten nur da und sah in den Himmel. Dann nahm das dunkelblau irgendwann überhand, verdrängte die hellen, frohen Farben. Sie verblassten, folgten der Sonne hinter den Horizont. Die Lichter unten in der Stadt nahmen zu. Bunt und blinkend versuchten sie, auf sich aufmerksam zu machen. Ich wendete mich vom Fenster ab. Mein Handy lag auf dem Nachtschrank und blinkte mich lockend an. Heyy, ich blinke blau. Du hast eine Nachricht! Komm, nimm mich hoch! Sieh sie dir an!
Ich schüttelte den Kopf. Manchmal ging meine Fantasy wirklich mit mir durch...
Ich hob das Handy hoch, setzte mich auf mein Bett und entsperrte den Bildschirm. Die Decke des Bettes fühlte sich glatt und kühl an. Ich hatte 2 neue Nachrichten von Miron. Die eine war eine Antwort auf unseren vorherigen Chat.

SMS von Dankeschön, Schätzchen ;)
Ich träume oft vor mich hin ;)

Die nächste SMS war ein Foto. Es war exakt der Ausblick auf den Sonnenuntergang, den ich eben noch angesehen hatte. Auch wenn es nicht möglich gewesen war, die Atmosphäre mit dem Bild einzufangen, war es trotzdem eine schöne Erinnerung. Darunter hatte er einen kurzen Text geschrieben:
Ich wünschte du wärst hier

Ein warmes Gefühl breitete sich in mir aus. Vielleicht konnte ich in Miron wirklich einen guten Freund finden.

Ich war doch da. Nur ca. 6 Meter neben dir

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.

Die Wand ist viel zu dick. Sonst hätte ich sie durchgeschlagen.

Es gibt auch etwas, das nennt sich Tür

Wie langweilig ;)

Ich musste lachen.

Benutz aber bitte die Tür, sone zerstörte Wand kann glaub ich ganz schön teuer werden. Und klopf vorher an, ich muss jetzt schlafen, bis morgen ;)

Ich wollte mein Handy gerade ausschalten, als ich plötzlich hörte, wie jemand 3 mal gegen eine Wand klopfte. Wäre es nicht so still gewesen, hätte ich es nicht gehört. Mein Handy vibrierte erneut in meiner Hand.

Okay, ich hab angeklopft. Bis morgen! :)

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