25. Darf ich mich etwas zu dir legen?

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Mehrere  Stunden hatte ich dann anschließend bei Hadley verbracht, unsere Unterhaltung konnte kein Ende finden. So sprachen wir über den Strand, nachdem ich Hadleys Bemerkung über mein wahrscheinlich zukünftiges Verhalten Harry gegenüber gekonnt ignoriert hatte, wir redeten ein wenig über unsere Vergangenheit und Freunde -ich fand nebenbei heraus, dass Hadley früher von ihrer besten Freundin gemobbt wurde- Harry, unsere Gruppentherapie, und wie Hadley Magersüchtig wurde, fanden auch ihren Platz in unserem Gespräch.
"Und dann haben die ernsthaft behauptet, du wärst dick?", ich starrte Hadley ungläubig an, während sie nur ihren von traurigen Gesichtszügen geformten Kopf senkte und ganz leicht mit den Schultern zuckte. "Ja, und jetzt bin ich mir nicht sicher, ob sie damit recht hatten."
Ein stechen durchzog mein Herz, wie von alleine bewegte sich mein Kopf schüttelnd von links nach rechts während ich mich wunderte, wie man zu einem so dünnen Mädchen wie Hadley sagen könnte, dass sie dick sei. Sollte das etwa witzig sein? Spaß sein? Wenn ja, dann war das aber kein Spaß mehr!
"Das heißt du hast immer abgenommen, obwohl du eh schon viel zu dünn warst und trotzdem haben sie behauptet , du seist dick?"
Hadley nickte. "Krank, einfach nur krank ist das", sagte ich und wollte gerade dazu ansetzten, mich darüber aufzuregen, weshalb man so etwas gemeines sagt, doch verstummte, als ich das schuldbewusste stechen in meiner Magengegend vernahm.

Weil ich jeden Tag mit Mut mich quäl'
Und auch nur noch die Tage zähl'

Meine Finger fingen an, unkontrolliert zu zittern, ich konnte das Klopfen meines Herzschlags bis hinunter in meinem Bauch spüren.

Krank. Einfach nur krank.

Ich war doch selbst so. Krank war ich, auch, wenn das in meinen Kopf so falsch klang, denn ich war es doch, der Harry beleidigt hatte.
"Pff, armselige Missgeburt" kam es mir in den Sinn und ich erstarrte. Wie hatte ich so etwas sagen können? Meine Zähne schlugen aufeinander wie bei eisiger Kälte, meine zittrigen Finger krümmten sich zu Fäusten.
"Verdammt."
Knapp erkannte ich, wie Hadley ihre dunklen schmalen Augenbrauen fragend anhob, mich besorgt musterte.
"Verdammt, ich hab schon so viel versaut." Meine Hände preschten vor mein gesicht, als das Bild vor meinen Augen sich seltsam zu bewegen begann, richtig flimmerte, verschwamm. "Verdammt!"
Alle meine Gelenke spannten sich an, alles kam so plötzlich und auf mit einem Schlag. Es war wie, als hätte ich wochenlang kein Gewissen gehabt und jetzt plötzlich rächte sich mein Gewissen für all das, was ich in der Zeit, wo mein Gewissen wie weggeweht schien, versaut hatte. Ich dachte an meinen ersten Tag in der Klinik, ich dachte daran, wie mich die Pfleger in die Klinik zerren mussten, ich hatte währenddessen versucht, am selben Fleck zu bleiben und habe geschrien wie am Spieß. Ich dachte an meine erste Begegnung mit Harry den Tag danach. An den Anblick des so müde hereinblickenden Jungen, dessen Rücken zuerst meine Aufmerksamkeit erlangt hatte, bevor meine Augen das metallene Ding in seiner Hand fixierten. Ich dachte an an seine blutunterlaufenen Augen, die mich so trübe musterten, an das verkrampfte, traurige aber so liebevolle Lächeln, an seine zittrige tiefe Stimme. Ich dachte an alles, was ich damals mitbekommen hatte, der Tag, an dem ich Harry das erste Mal begegnet war, spielte sich wie ein Film in meinem Kopf ab. Ich erinnerte alles, die unnötig gemeinen Bemerkungen, meinen abschätzigen Blick, den ich Harry nicht einmal gönnen wollte, besonders oft erinnerte ich die Momente, die ich am liebsten ersetzt hätte, ausgelöscht hätte.
"Wovon sprichst du?"
Ich schnaubte.
"Von dem Wunsch, die Zeit zurückspulen und überschreiben zu können."
Wieder krallten sich meine Fingernägel tiefer in meine Haut, ich hatte das Gefühl, bald nur durch den Druck meine Haut zum Aufreißen zu bringen. Jedoch, kaum eine Sekunde später, nahm Hadley meine Hände sanft in ihre und öffnete meine mittlerweile weiß gewordenen Fäuste, rote Stellen durch meine Nägel zeichneten sich nun deutlich von der sonst so hellen Haut ab.
"Beruhig dich okay?"
Meine Gedanken schrieen "wie denn?", fragten sich, wie ich je wieder gesund werden sollte, mein Handeln war nur ein ruhiges Nicken.
"Was auch immer passiert ist, es ist okay. Wir alle machen Fehler." Ich wandte mich mit einem Kopfschütteln wieder Der Braunhaarigen zu
"Nein, nicht solche Fehler. Nicht solche, die jemanden dazu gebracht haben, an dem Wert des Lebens zu zweifeln."
ohne weiteres stand ich von dem Bett auf, erklärte, dass ich müde wäre und schlafen müsste, bloß, um dann schnell durch die Zimmertür zu verschwinden. Das Geräusch der zufallenden Tür hallte durch den dunklen Korridor, dessen Dunkelheit mich noch stärker verunsicherte. Ich eilte richtig durch den Gang, versuchte möglichst nicht aus dem Fenster zu sehen, denn zu beobachten, wie sich die nun schwarz aussehenden Äste der Bäume bedrohlich langsam mit dem Wind bewegen, die Blätter der Baumkrone darum kämpften, nicht von ihrem Baum losgerissen werden, machte mir schon ein wenig Angst.
Nie zuvor hatte ich mich so gefreut, bei meinem Und HarrYs Zimmer angelangt zu sein, ich lehnte mich erst einmal für einige Augenblicke an die Zimmertür und versuchte meinen Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bekomme , just nachdem ich endlich das warme Zimmer betreten hatte. Erstickte  Geräuscje waren aus der Bettrichtung zu vernehmen und ich seufzte kurz auf, ehe ich blind mit knappen Schritten durch das Zimmer tapste, meine Hände schützend vor mich gehalten, um gegen möglichst wenig zu stoßen.
Kaum hatte ich zum Bett gefunden, rutschte ich zur Mitte des Bettes, wickelte die Bettdecke so eng wie möglich um meinen noch immer etwas zitternden Körper.
"HarrY schläfst du sch-?" Begann ich flüsternd, anscheinend zu leise, denn Harry unterbrach mich. "Du Louis?"
Ich gab ein betätigendes Geräusch von mir.
"Darf ich", begann er, doch stoppte dann,"ach ist egal."
"Ne sag schon", forderte ich ihn auf, als ein unterdrücktes Schniefen in dem Raum erklang.

"Darf ich mich etwas zu dir legen? Ich-ich...meine Eltern..", stammelte er, stotterte etwas, seine Stimme beach, war so schwach und zitternd, ich konnte mir bildlich vorstellen, wie HarrYs Lippen jetzt wohl bebten, wie er oftmals blinzelte, um seinen Tränen den Laufbahn zu versperren. Und wie hätte ich da nein sagen können?
Ich schuldete dem Jungen eh etwas, dem Jungen, dem ich Teile seines eh schon geringen Selbstvertrauens gestohlen hatte, dem Jungen, den ich hatte es sich schlechter ergehen lassen, als es ihm eh Schon ging.
Ich sah Harry nicht, und ich denke er sah mich auch nicht, dennoch rutschte ich zu ihm, ganz zaghaft und verhalten, bis mich seine weichen Locken am Kinn kitzelten, einer seiner Wangenknochen sich an meine Schulter neigte. Und dann, dann tropften die ersten, minimal auf der Haut brennenden Wassertropfen knapp neben mein Schlüsselbein, erst wenige, dann mehr und mehr, bis die Tropten regelmäßig auf meine Haut prallten, ich mich entschloss, dem Jungen neben mir Halt zu geben und meine Arme ganz sachte um den durch das Schluchzen zitternden Körper Harrys legte.
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Hi  :)))
Ich hoffe das Kapitel gefällt euch?
Bitte bitte bitte schreibt eine Rückmeldung in die Kommentare und votet wenn es euch gefallen hat. Bitte xx

Was sagt ihr zu Louis?
Sein Verhalten, wie er sich verändert...?

Ok lasst doch bitte paar Kommentare da, all the loooove xx
elouarry

Bevor die Sonne untergehtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt