Als ich mich am nächsten Morgen strecke, knirscht mein Rücken beängstigend. Mein Kater sitzt am Fensterbrett und sieht mich pikiert an, als ich mich an meinen Bartstoppeln kratze und mir dann zwischen die Beine greife um meine Morgenlatte einschätzen zu können. Nicht sonderlich groß. Gut so. „Was? Ich bin auch nur ein Mann", grummle ich das Tier an, das den Kopf zur Seite gedreht hat. So ein Schnösel.
Langsam komme ich in die Gänge und schlurfe in die Küche um mir einen Kaffee zu machen. Oder besser zwei, so wie ich mich fühle. Während die Kaffeemaschine blubbert sehe ich an mir herunter. Ich habe einen Kissenabdruck auf dem Unterarm, wie auch immer ich das geschafft habe, und Kratzspuren auf meinem Bauch. Ich betrachte mein Tattoo, wofür ich mich ziemlich verrenken muss. Es ist nicht meine Idee gewesen, sondern die von Domi. Er hat gemeint, ein Tattoo würde mich männlicher, maskuliner wirken lassen. Das war in der Zeit kurz vor meinem Coming-Out. Leicht angeheitert wie ich damals war, fand ich die Idee natürlich wahnsinnig toll. Ich wundere mich heute immer noch, dass das Tattoo doch entsprechend gut aussieht.
Ich sehe zu, wie die Maschine den letzten Rest Kaffee in meine Tasse quetscht. Erst jetzt fällt mir der kleine Zettel auf, der daneben liegt. Der Toaster steht halb darauf um ihn zu beschweren. Ich zupfe das Papier hervor. Es ist mit einer unordentlichen Handschrift beschrieben und ich brauche erst einmal eine Zeit, bis ich diese entziffert habe.
Danke das ich da sein durfte. und für das Bier. Ich würde mich gerne mehr bedanken aber das geht schwer und ich muss jetzt auch schon los. würde ich dir Frühstück machen wäre es schon kalt bis du wach bist. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder. Bist ein netter Typ. Sam.
Ich muss lächeln und lese den Text gleich noch einmal. Es freut mich, dass Sam ein Lebenszeichen hinterlassen hat. Wann ist er wohl aufgestanden? So wie sich die Notiz anhört, will ich es wahrscheinlich gar nicht wissen.
Mein Blick wandert zur Uhr, die über dem Küchentisch hängt. Halb Elf. Was für ein Glück meine Schicht beginnt erst um... ich muss kurz nachdenken. Was für ein Tag ist denn heute? Ich nehme die heiße Tasse in die Hand, während ich nach meinem Handy suche. Nach ein paar Minuten finde ich es auf dem Kühlschrank. Wie auch immer es da hingekommen ist. Inzwischen wundere ich mich schon gar nicht, es kommt mir manchmal vor, als hätte das dumme Ding ein Eigenleben. Ich schalte es ein, aber bis auf einen entgangenen Anruf von Domi zeigt es mir nichts an. Heute ist Freitag. Wann muss ich da auf der Straße sein? „Scheiße!" Von meinem Schrei aufgeschreckt, maunzt das Tier beleidigt von seiner Fensterbank aus.
Ich stürze den Kaffee hinunter, auch wenn ich mir dabei fast die Zunge verbrenne. In einer halben Stunde sollte ich in meinem Taxi sitzen. Jetzt muss ich aber schnell machen. Ich renne in mein Schlafzimmer, reiße mir einen Pulli und eine Jeans aus dem Schrank und ziehe mich so schnell wie noch nie um. Fürs Duschen ist jetzt keine Zeit. Im Bad putze ich mir nur kurz die Zähne, kämme meine Haare durch, neble mich mit Deo ein. Bei einem Sprint in den Flur stolpere ich fast über meine eigenen Füße. Grinsekatze maunzt fragend, als ich auf einem Bein hopsend meine Schuhe anziehe. „Tut mir leid, Fetter, aber ich muss jetzt weg." Ich klopfe ihm kurz gegen die Flanke, schnappe mir meine Wohnungsschlüssel und werfe die Türe hinter mir zu.
Meine Nachbarin Rosa wird sich schon um den Kater schon kümmern. Sie ist so eine typische nette Oma von nebenan, hat sogar Schlüssel für meine Wohnung damit sie das Tier füttern und bespielen kann. Wie aufs Stichwort öffnet sich die Tür nebenan und die alte Dame steckt ihren Kopf heraus. Ihre grauen Haare sind zu einem Dutt gebunden und zwischen den vielen Falten in ihrem Gesicht blinzeln mich ihre Augen an. „Scottchen, wieso denn so hektisch?", fragt Rosa mich lächelnd. Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und keuche: „Arbeit" und „Kater" bevor ich das Stiegenhaus hinunter und aus der Türe hetze.
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Have you found your fighting spirit?
Teen FictionScott ist ein kleiner, unbedeutender Taxifahrer. Er ist zufrieden mit sich selbst, hat eine schmuddelige Wohnung, einen fetten Kater und insgesamt ein ziemlich ruhiges Leben. Aber eines Nachts steigt ein Junge in sein Taxi, der alles verändert. Scot...