Kapitel Sechs

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Es ist halb acht morgens und ich sitze in meiner Küche, trinke einen tiefschwarzen Kaffee und esse ein Schokomüsli. Das Tier hat sich gnädig dazu herabgelassen mir Gesellschaft zu leisten und sitzt neben der Müslischüssel. Immer wieder schnellt seine rosa Zunge hervor und versenkt sich in der Milch. Er hat schon einen ganz weißen Bart davon. Vielleicht ist das nicht sonderlich gesund für einen Kater, aber er macht das immer wenn ich Müsli esse und bis jetzt hat es ihm noch nicht geschadet. Also fische ich ein Katzenhaar aus meinem Kaffee und kippe mir das Gesöff rein. Ich habe heute den Job bekommen, irgendein Bürofuzzi von A nach B nach C und wieder zurück zu chauffieren. Anscheinend kann der sich keinen eigenen Wagen leisten. Aber mir soll es recht sein, es ist ein ruhiger Job der genug Geld bringt, dass ich danach Feierabend machen kann.

Das Tier spitzt die Ohren, als sich Schritte der Türe nähern und schließlich ein völlig verstrubbelter aber fröhlich grinsender Domi eintritt. Er trägt nur eine Boxershorts, aber er kann sich das im Gegensatz zu mir leisten. „Morgen, mein allerliebster Gastgeber." Er wuschelt mir durch die Haare, was ich mit einem schlecht gelaunten Knurren quittiere und öffnet den Kühlschrank um sich die übrig gebliebene Pizzaschnitte von vorgestern zu schnappen.

„Ist dein Besuch schon weg?", frage ich und kann meine Stimme nicht daran hindern etwas neidisch zu klingen. Aber hey, ich hatte gestern auch Erfolg. Zwar nicht so bahnbrechend, aber immerhin etwas.

Domi setzt sich auf die Arbeitsfläche. Ich kann das nicht leiden, aber er ignoriert meine bösen Blicke und sagt glücklich: „Nein, der ist noch da. Er macht sich grad schön. Als wenn er das nötig hätte." Domi lacht, wobei er die halb kleingekaute Pizza fast wieder ausspuckt. Er fährt sich durch die Haare, schmiert damit die Tomatensauce von seinen Fingern in die blaugrünen Strähnen. „Ich versteh' jetzt übrigens was du am Schwulsein so toll findest. Das ist der reine Wahnsinn! Mann, ich hätte nicht gedacht, dass ihr Schwuchteln so, so... kreativ seid." Sein rechtes Auge zwinkert mir versöhnlich zu.

„Dass es dir gefallen hat konnte ich auch hören", knurre ich und schiebe Grinsekatzes Kopf von der Müslischale weg um selbst zu essen. Die Katzenhaare die dadurch in meinen Mund gelangen ignoriere ich einfach und schlucke sie hinunter. Domi wird rot bis zur Haarwurzel. Wenigstens etwas.

„Und wie ich das erst hören konnte." Ein weiterer Mann betritt die Küche und Domi quietscht erfreut mit vollem Mund. Ich stiere in mein Müsli, streichle mit dem Zeigefinger über das weiche Fell an den Pfoten des Tieres. „Das ist ja eine süße Katze." „Er ist ein Kater", murre ich und schaffe es nun endlich den Kopf zu heben. Domis Date sieht tatsächlich sehr gut aus. Wieso sind eigentlich alle Kerle bis auf mich attraktiv? Er hat millimeterkurz rasierte, blonde Haare, sodass es aussieht als hätte er eine Glatze. Seine Augen sind ein helles Braun. Er hat einen regelrechten Stiernacken, ist sicher über 1,90 Meter groß. Als er mich angrinst kann ich sehen, dass seine Zähne schief und etwas gelblich sind. Na wenigstens etwas Negatives. „Ich bin Ned", stellt er sich vor. Ich nicke diese Information gnädig ab und halte Domi meine inzwischen leere Kaffeebecher hin. Er nimmt ihn und füllt mir etwas Kaffee hinein. „Das ist Scott", erklärt er währenddessen. „Mein miesgelaunter bester Freund der mich bei sich einquartiert hat."

„Mh", grunze ich in meinen gerade zurückerlangten Becher. Ich will mich nicht mit Ned unterhalten und schon gar nicht will ich mitansehen wie er und Domi sich jetzt gerade abknutschen. Das ist einfach so unfair. Ich will auch Sex haben, ich will auch geküsst werden. Sam hat mich noch nicht angerufen und irgendwie zweifle ich daran, dass er jemals tun wird. Meine Laune ist heute tatsächlich im Keller. Ich stehe auf und drehe mein Radio auf. Metalmusik schallt durch die Küche, was die beiden Turteltäubchen erschrocken auseinander fahren lässt. Zufrieden setzte ich mich wieder an den Tisch.

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