Kapitel 19

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Wir gingen in den Garten und ich genoss die Farben der Blätter, die sich mittlerweile verfärbten. Ein Blatt fiel auf den Weg und ich hob es zärtlich auf. Die Farben verliefen wunderschön von Grün zu einem angenehmen Braun. Es glänzte in der Sonne und ich hob es an, um den Geruch vom Herbst zu riechen. Ich schloss die Augen. Ich liebte die Natur. Ich liebte diesen Garten und alles was ich damit verband. Das hier, war ein wundervolles Leben. Ich seufzte, als ich mich in die Realität zurück holte. Ich wollte eine Beziehung mit meinem Herrn eingehen? Was denkst du dir da gerade? Sobald er Sex mit dir hat, bist du ihm wieder egal. Wie jeder andere Diener auch. Bilde dir ja nichts ein. Hör auf mit diesen Träumen. Vielleicht sollte ich nicht so häufig mit ihm in Kontakt kommen. Ich hatte mir den Garten doch ausgesucht, um das alles eben nicht zu wiederholen! Rasch schob ich die Gedanken beiseite. Nicht jetzt, daran denken. „Kleines, denk an etwas schönes.", erinnerte mich nun auch Lucas Stimme daran. Ich nickte und ließ das Blatt fallen. Wir gingen weiter und ich konzentrierte mich auf Lucas und unsere Umgebung. Lucas Atem ging regelmäßig nah an mir und seine Hand in meinem Rücken ließ das Kribbeln durch meinen Körper strömen. Das Kribbeln war angenehm und ich wollte es nicht gehen lassen. Er führte mich auf den Hof und dann ging er tatsächlich, ich hielt den Atem an, durch das Tor von dem Anwesen runter. „Kleines, du solltest besser weiter atmen. Das ist nicht gerade gesund.", lachte er. „Wir sind von dem Anwesen runter.", stotterte ich verblüfft. „Ja, weil ich dir etwas zeigen möchte.", lachte er weiter. Ich war noch nie in meiner Zeit, in der angestellt war, von dem Anwesen eines Herrn runter gegangen! Etwas verschreckt suchte ich seine Nähe, indem ich etwas näher an ihn heran trat. Seine Hand fuhr von meinem Rücken in meine Seite und hielt mich sanft fest. Ich atmete tief ein und schaute mich dann neugierig um. Das Anwesen umgab Felder, die in der Herbstsonne golden glänzten. An einem Feldweg standen einige Bäume und von dem Anwesen weg führte eine Allee zu der Stadt am Horizont. Wir gingen um das Anwesen herum und hinter diesem war ein Wald mit einem wunderschön plätschernden Bach, der klar unter einigen Weiden herführte. Interessiert löste ich mich von Lucas und ging an das Ufer. Von hier sah man die Forellen spielen und noch einige andere Fische. Ich ging wieder zu Lucas zurück und folgte an seiner Seite dem Pfad, der um das Anwesen herum führte. Einige Schritte weiter, zweigte ein Pfad ab in den Wald hinein. Wir folgten diesem und gingen über eine wacklige Brücke über den Bach. Hinter der Brücke erstreckte sich der Wald dicht und kühl, aber mit Licht durchflutet. Wir kamen zu einer Lichtung auf deren Wiese so viele Blumen standen, dass ich fasziniert stehen blieb. Mein Mund hatte sich geöffnet, um etwas zu sagen, doch ich brachte nichts hervor. Nach einiger Zeit, fand ich die Sprache wieder und flüsterte: „Das ist wunderschön, Lucas." Ein Kloß war in meinem Hals. Dagegen war mein Garten einer der hässlichsten! Gegen diese Schönheit der Natur, kam ich nicht gegen an. „So schön.", wiederholte ich fassungslos. „Ja, fast wie dein Garten.", nickte er. „Nein, viel, viel schöner.", widersprach ich und starrte auf dieses Blumenmeer. Es war ein Blumenheer. So voll entwaffnender Schönheit war diese Wiese. Hier standen all diese Pflanzen in Frieden nebeneinander und übertrafen sich in ihrer Schönheit ohne eine schönste zu finden. Das Licht plätscherte wie der Bach auf diese Blumen und der herbstliche Duft dieser Wiese, die noch die Energie des Sommers versprühte, vermischte sich mit dem Duft des Waldes. Noch tummelten sich hier einige Insekten in der wärmenden Sonne und nutzten den warmen Herbst. Das Licht schien golden und verlieh den Blumen nur noch mehr Glanz. Sanft strich Lucas Hand über meinen Rücken und das Kribbeln vermischte sich mit meiner Andacht über diese atemberaubende Schönheit, die sich mir offenbarte. In diesem Moment kam mein kindlicher Glaube zum Vorschein und ich dankte Gott für diese Wiese und diese Natur. Nur Natur brachte diese Schönheit hervor, die nicht zu übertreffen war. „Deine Haare glänzen mit den Blüten um die Wette in diesem Licht. Wie Gold.", flüsterte Lucas nah an meinem Ohr. Ich nahm eine Strähne und hielt sie ins Sonnenlicht, das ich warm auf mir spürte. Sie glänzte tatsächlich, aber ich fand es noch lange nicht so toll wie diese Wiese. Ich könnte hier Stunden stehen und immer wieder nur denken, wie schön diese Wiese doch ist. Ganz vorsichtig ging ich in die Knie und berührte sanft eine Blüte, die vor mir stand. Sie war blau und verlief in ein lila. Ihre Blätter waren so weich, wie Kissen, eher noch weicher. Und die winzige Struktur in ihren Blättern war so zart wie die Schokolade der Köchin. Ich roch vorsichtig daran und der Duft ließ meine Geruchsnerven explodieren so wundervoll war er. Lucas hatte sich neben mich gehockt und pflückte sanft diese eine Blume und drehte meinen Kopf zu sich. Mit seinen blauen Augen lächelte er, während er mir die Blume in die Haare steckte. Andächtig hielt ich den Atem an und spürte sein Hand über mein Gesicht streichen. Ich holte tief Luft und tastete ganz vorsichtig nach der Blume in meinen Haaren. Gerne hätte ich sie heraus genommen, ich war einer solchen Blume gewiss nicht würdig, aber ich wollte nicht Lucas damit die Freude, die sich auf seinem Gesicht abzeichnete, verderben. „Du siehst wunderschön aus.", lächelte er. Ich nahm meine Hand von der Blüte und legte sie auf mein Bein. Ich wandte meinen Blick zu dem klaren Himmel über der Lichtung und musste geblendet von der Herbstsonne die Augen schließen. Ich genoss kurz die Wärme und drehte meinen Blick dann wieder der Wiese zu. Sie schien magisch zu sein und immer wieder meinen Blick an sich zu ziehen. „Wir sollten wieder gehen, Kleines.", flüsterte Lucas in entschuldigendem Ton. Ich nickte und ließ mich von ihm hochziehen. Langsam gingen wir zurück. Ich warf noch mal einen Blick über meine Schulter und sah, wie die Bäume die Wiese mit jedem Schritt weiter verdeckten und schützten. Ich lehnte mich nach der Brücke an Lucas und flüsterte leise: „Das war wunderbar. Vielen Dank." Er lächelte und blickte mich einfach nur mit seinen blauen Augen weiter an. Ich schluckte bei dem Gedanken daran, diesen Blick in zwei Tagen nicht mehr zu sehen. Ich konnte es mir nicht vorstellen eine Beziehung zu führen. Es war so ein hohes Risiko. Ich atmete tief seinen Geruch ein und versuchte ihn mir möglichst gut einzuprägen. Wir gingen wieder zurück und als wir durch das Tor gingen und ich die verblasste Schönheit von meinem Garten sah, warf ich einen sehnsüchtigen Blick zurück. Ich riss mich zusammen und blickte tapfer auf meine Blumen. Gegen die Wiese waren sie blass und alle nach einem Maß geschnitten. Sie waren einfach, nicht besonders. Das einzige besondere war, dass ich sie trotz allem so ins Herz geschlossen hatte. Du schließt Blumen in dein Herz? Du solltest vielleicht doch mal eine Beziehung haben. Blumen? Pah! Ich verscheuchte die trotzigen Gedanken und ließ etwas bedrückt meinen Blick streifen. Warum musste Schönheit auch immer gleich Trauer bedeuten? Ich musste dringend mit Julia sprechen. Ob sie von der Wiese wusste? Ich würde das morgen spätestens herausfinden. Ich folgte Lucas zu der Bank vor dem Gewächshaus, wo wir uns setzten. Schweigen. Irgendwann fragte Lucas: „Hast du bei Filda Klavier gespielt?" „Ja. Deshalb wollte ich nicht, dass du es bemerkst.", antwortete ich mit den schrecklichen Bildern im Kopf. „Warum?" „Er wollte, dass ich spiele. Ich musste spielen und ... wenig später hat er ..." Meine Stimme brach und ich starrte stumm auf den Boden. „Tut mir Leid, Mila." Wir schwiegen wieder. Irgendwann, wir verpassten das Mittagessen, fragte Lucas: „Was wollen wir machen, Mila?" Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte keine winzige Idee. „Dann bleiben wir hier sitzen?", fragte er und legte einen Arm um mich. Sanft zog er mich zu sich, so dass ich an seine Brust gelehnt da saß. Ich nickte und wir schwiegen.

Erst als es dämmerte gingen wir hinein und aßen zu Abend. Danach gingen wir in sein Zimmer, wo wir uns in sein Bett legten. Wir waren müde und so hatte sich Lucas ausgezogen, bis auf seine Boxershorts, und sich unter die Decke gelegt. Ich legte mich im Kleid neben ihn. „Willst du das Kleid auch zerknittern?", fragte er belustigt. Ich schüttelte den Kopf: „Nein." Auffordernd sah er mich an. Ich seufzte. Obwohl er mich nun schon öfters so gesehen hatte, mochte ich es nicht sonderlich. Ich setzte mich auf und zog mir das Kleid aus. Eine Gänsehaut überfuhr mich und ich legte mich wieder hin. Er hob die Decke, sodass ich darunter schlüpfen konnte, doch ich hielt Abstand zu ihm. Ich hatte etwas Angst davor jetzt so nah bei ihm zu liegen. Er lächelte mir ermutigend zu und drehte sich zu mir auf die Seite. Ich versuchte die Augen zu schließen und einfach einzuschlafen, doch ich schaffte es lange nicht. Irgendwann bin ich dann doch eingeschlafen.


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