Kapitel 1

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»Sieh nur Ashley, wir sind fast da!«, ruft meine Mutter begeistert und rüttelt mich an der Schulter. Verschlafen sehe ich zu ihr rüber und strecke mich erst mal. Nachdem wir mitten in der Nacht aufstehen mussten, um rechtzeitig zum Flughafen zu kommen war ich wohl während der Autofahrt eingeschlafen. Ich war wohl ziemlich fertig, denn normalerweise schlief ich nie im Auto, aber da wir die letzte Woche mit dem Umzug beschäftigt gewesen waren, wundert es mich ehrlich gesagt nicht. Letzten Monat hatte meine Mutter für uns beide entschieden, dass wir nach Hoenn ziehen würden. Hoenn ist eine der sechs Regionen unserer Welt in denen es Wesen gibt die man Pokémon nennt. Mein Vater fing vor zwei Jahren an sie zu studieren, doch vor kurzem war er leider verstorben. Die Ärzte sagten uns es war ein Herzinfarkt, aber ich war mir da nicht so sicher. Jedenfalls sollte mein Vater diesen Monat in Professor Birks Labor anfangen zu arbeiten, aber stattdessen hat er meiner Mutter und mir sein Haus in der Stadt Wurzelheim vererbt. Ich habe lange mit meiner Mutter über den Umzug diskutiert und am Ende hat sie bei ihrer Firma gekündigt um in Wurzelheim ein Café aufzumachen. Es war mir nicht mal möglich die „Was ist mit Schule? - Karte" auszuspielen, da ich meinen Abschluss schon absolviert hatte.

»Jippie, ich freue mich ja schon so«, erwidere ich schläfrig und kann ein Gähnen nicht unterdrücken.

»Komm schon, zeig mal ein bisschen mehr Begeisterung.«

»Nachdem ich mein altes Leben aufgeben musste? Ich bin immer noch sauer auf dich deswegen, Mom.«

»Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein, Kleine«, wirft sie ein und biegt in die Straße ein, die in die Kleinstadt führt.


Es ist jetzt sieben Uhr Abends und ich habe gerade die letzten Sachen aus meinem Karton geräumt, als meine Mutter mich zum Abendessen ruft. Erst jetzt wird mir bewusst, wie hungrig ich doch bin. Die letzte Mahlzeit liegt schon ein paar Stunden zurück und wenn man den ganzen Tag mit Möbel verstellen, Staubwischen und dem Auspacken von persönlichen Gegenständen beschäftigt ist vergisst man etwas zu essen.

»Ich habe vorhin mit Professor Birk gesprochen«, erzählt mir meine Mutter während dem Essen. Weil ich nicht lange sauer auf sie sein kann sehe ich sie an und warte darauf, dass sie weiterspricht. »Er möchte dich gerne kennen lernen. Dein Vater und er hatten schon vorher Kontakt miteinander und beide waren sich sicher, dass dir diese Welt gefallen würde.«

»Meinst du das ernst? Hat Dad wirklich geglaubt ich würde mich für solche Fantasiewesen interessieren?«, kontere ich mit einer Gegenfrage und sehe sie ungläubig an. Meine Mutter seufzt tief und schenkt uns beiden was zu trinken nach.

»Vor zwei Jahren wolltest du unbedingt mit Dad nach Kanto gehen um ihm bei seiner Arbeit zu helfen. Was ist nur passiert?«

»Vielleicht bin ich ja zu alt für so einen Kinderkram«, nuschel ich und stehe ohne ein weiteres Wort auf. In meinem Zimmer schlage ich die Tür hinter mir zu und werfe mich auf mein Bett. Kurz darauf höre ich Schritte die den Flur hinunter kommen und wie meine Mutter leise das Zimmer betretet, doch ich sehe nicht zu ihr auf. Auch dann nicht als ihre Hand über meine Haare und dann meinen Rücken streicht.

»Es tut mir leid. Für mich ist das alles doch auch nicht so leicht«, sagt sie leise. Ich schniefe und sehe meine Mutter schließlich doch an.

»Er fehlt mir so. Wir haben ihn in den letzten zwei Jahren kaum gesehen und jetzt ist er plötzlich nicht mehr da. Hätte er diesen blöden Job nur nie angenommen, dann würde er noch bei uns sein. Das ist alles nur die Schuld von diesen blöden Viechern!«

»Scchht, Ashley! Niemand trägt die Schuld an seinem Tod. Ich bin mir sicher dein Vater hätte nicht gewollt, dass du seinetwegen die Pokémon hasst. Er hat doch immer erzählt was für faszinierende Wesen sie sind.«

Ashley und das Geheimnis des verwunschenen GuardevoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt