Kapitel 4-Ich könnte meinen Kopf jetzt gerade wirklich gegen die Wand schlagen.

1K 56 6
                                    

Hey... Ich wollte dir nur mal mitteilen, dass ich dich wirklich vermisse und einfach nicht ohne dich kann! Aber... na ja. Du hattest schon deine Gründe, dich von mir zu trennen und irgendwie kann ich dich auch verstehen... Ähm... ja. Mir geht es im Moment richtig scheiße und... Ich will mich jetzt auf den Weg ans Meer machen... Ich weiß nicht, ob dich das eigentlich interessiert oder ob du einfach nur genervt von mir bist. Aber ich fände es wirklich schön, wenn du vielleicht auch dahin kommen könntest. Du weißt ja sicherlich, wo du mich findest... Also ich hoffe bis bald. Ich liebe dich....

-------------------------------

Ich könnte meinen Kopf jetzt gerade wirklich gegen eine Wand schlagen. Da ich aber in diesem Moment am Steuer sitze und auf der Autobahn fahre, geht das nicht. Ich habe nämlich keine Lust auf einen Unfall. Ich möchte meine Zeit am Strand verbringen und nicht im Krankenhaus.

Warum habe ich diesen Scheiß getan?! Warum habe ich Moritz diese Nachricht geschrieben und dann auch noch abgeschickt? Das war doch das Dümmste, was ich machen könnte. Jetzt wird er doch erst Recht denken, dass ich verrückt bin und in die Klapse muss! Vielleicht muss ich das sogar, wenn ich so darüber nachdenke.

Immerhin kenne ich keinen, der so was auch machen würde. Also muss in meinem Kopf ja was falsch sein.

Vor wenigen Wochen habe ich endlich meinen Führerschein bekommen. Endlich kann ich alleine entscheiden, wo und wann ich irgendwohin fahre. Deshalb brauche ich mir auch keine Gedanken um Bus- und Bahnverbindungen machen, um meinen Plan umzusetzen. Ich bin unabhängig.

Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass mein Gehirn zurückgegangen ist. Ich wusste nämlich vorher nicht, dass ich solche bescheuerten Dinge mache. Wie kann man seinem Exfreund nur so eine Nachricht schicken?! Ich verstehe es einfach nicht. Wahrscheinlich könnte ich mich noch stundenlang darüber aufregen, aber ich tue es nicht. Ab jetzt zumindest. Es würde ja jetzt eh nichts mehr ändern.

Ich werde schon sehen, ob er auftauchen wird, oder nicht. Wenn nicht, dann versuche ich ihn ein für allemal aus meinem Kopf zu verbannen. Wird zwar unmöglich sein, aber ich pack das schon.

Eine schlechte Sache mehr oder weniger werden bei mir eh nichts mehr bringen. Mein Herz ist schon geschadet genug. Aber vielleicht wird es komplett zersplittert, wenn ich diese Zeit am Strand alleine verbringen muss und Moritz wirklich nicht auftauchen wird. In meinem Herzen hoffe ich nämlich stark, dass er an einem Morgen vor der Tür auftauchen wird. Irgendwie leichtsinnig, oder? Sowas passiert doch eigentlich nur in Filmen. Warum also sollte es mir passieren? Ich glaube, ich mache mir einfach keine Hoffnungen und versuche die nächsten Tage an rein gar nichts zu denken. Mal gucken, ob ich das schaffe.

So langsam lässt meine Konzentration nach und ich gähne immer häufiger. Aber ich will jetzt keine Pause einlegen. Nicht, wenn ich nur noch eine halbe Stunde fahren muss. Das wäre hirnlos. Dann reiße ich mich lieber zusammen und gehe dann gleich in einem richtigen Bett schlafen. Das macht viel mehr Sinn. Also Augen auf und konzentrieren, René! Du hast eine Mission zu erfüllen und du wirst dabei nicht vermasseln.

Oh Gott, was rede ich da für eine Scheiße? Ich bin anscheinend echt übermüdet.

Aber das ist ja auch kein Wunder. Seit Wochen habe ich nicht mehr richtig geschlafen. Ich bin immer von bescheuerten Albträumen geweckt worden. Nicht wirklich erholsam. Meine Hoffnung ist ja, dass ich in einer anderen Umgebung auf schönere Gedanken komme und auch besser schlafen kann. Natürlich ist das nur Wunschdenken. Ein anderes Bett wird es wohl kaum schaffen, dass ich besser und tiefer schlafen kann.

Nur ganz bestimmte Menschen können dies schaffen. Nur leider sind diese hundert Kilometer von mir entfernt. Aber ich bin erwachsen. Jedenfalls erwartet man es von mir... Ich kann nicht mehr zu meiner Mutter laufen und mich von ihr trösten lassen. So geht das nicht mehr. Sie kann mich nicht vor allem und jeden beschützen.

In diesem Moment fällt mir auf, dass ich seit dem Vorfall nicht mehr mit ihr geredet habe. Ob sie von Noel's Verhaftung weiß? Natürlich tut sie das! Sie ist seine Mutter. Die Bullen werden sie wohl angerufen haben. Aber wenn sie es wirklich weiß, geht es ihr höchstwahrscheinlich genauso schlimm. Wenn nicht noch schlimmer. Immerhin ist er ihr Fleisch und Blut. Oh Mist. Ich muss wirklich mit ihr reden und für sie da sein! Dann können wir uns beide Halt geben.

Aber erstmal muss ich mich selber erholen und einen klaren Gedanken bekommen, denn sonst bin ich ihr keine große Hilfe. Vielleicht würde ich es damit nur noch verschlimmern.

Endlich sehe ich das große Gebäude, in dem ich die nächste Zeit wohnen werde. Ich freu mich jetzt richtig!

Ich parke in der nebenstehenden Garage den Wagen und strecke mich erstmal ausgiebig. Das Bett ruft wirklich nach mir. Aber ich muss ja jetzt erst noch rein gehen und meine Sachen ausräumen. Vielleicht verschiebe ich das Auspacken doch lieber auf morgen früh. Sonst schlafe ich noch im Stehen ein.

Im Halbschlaf trage ich die Tasche durch die Haustür und mache als erstes das Licht an. Ich kann es nicht haben, wenn es überall dunkel ist und schon gar nicht, wenn ich alleine bin. Das macht mir zu viel Angst.

Auf direktem Wege gehe ich den Flur entlang und stoße die Tür zu dem Zimmer auf, in dem ich immer wohne, wenn wir hier sind. Hier ist noch alles so wie beim letzten Besuch. Schön aufgeräumt und ordentlich. Wie immer.

Aber diese Tatsache interessiert mich jetzt nicht wirklich. Ich sehe nur dieses gemütliche Bett in meiner Umgebung. Schlaftrunken ziehe ich mir meine Jogginghose von den Hüften und lasse sie einfach so auf dem Boden liegen. Außerdem ziehe ich mir mein Shirt über die Arme und schmeiße es zu der Hose. Das mache ich morgen weg. Mit wenigen Schritten liege ich im gemachten Bett und kuschel mich unter die Decke.

Es dauert nur wenige Sekunden bis ich im Land der Träume bin.



Don't call me SweetyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt