Children

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Eine Dreiviertelstunde später saßt du mit in deine Hände gestütztem Kopf in der weitläufigen Caféteria der Dispatch Society, die vierte Tasse Kaffee neben dir, und noch ungefähr genau so verwirrt, wie du es zuvor in deinem Büro gewesen warst. „Ich kann das noch immer nicht wirklich glauben", stöhntest du ein wenig entnervt auf. Mr. Carter, der dir nun schon seit einigen Minuten schweigend gegenübersaß, hatte dich genauestens in alle bekannten Details des Vorfalls eingeweiht - das meintest du bei der auf dich eingeströmten Flut an Infos zumindest - und war bis jetzt wieder und wieder auf jede zweifelserfüllte Frage deinerseits bemüht ruhig und ausdauernd eingegangen. Aber dennoch... „Ich meine, Kinder? Das ist einfach unvorstellbar!"

„Sie haben die Akte gesehen, die Berichte gelesen. Mehr kann ich Ihnen auch nicht zur Verfügung stellen, um Ihnen zu helfen", unterbrach dein Vorgesetzter nun ein wenig bestimmter als in den Minuten zuvor deinen mehr an dich selbst als an Andere gerichteten, zersplitterten Monolog, den du nun schon eine Weile führtest. „Es ist geschehen, und Sie können sich dem bald selbst überzeugen, nein, Sie sollen es sogar tun. Vielleicht wird es Ihnen dann leichter fallen, damit umzugehen", er atmete schwer aus, setzte eine Mine auf, die ein wenig Mitleid erahnen ließ, „aber dass Sie es wirklich verstehen werden, das kann ich Ihnen leider nicht versichern. Zu meinem Bedauern muss ich zugeben, dass ich es selbst nicht tue." Etwas zerknirscht fuhr er sich durch die Haare, als er dies eingestand. Das grelle, kalte, unnatürliche Neonlicht des Raumes, welches sich in den mattsilbernen Tischen schwach brach, ließ sein sonst eigentlich stets frisches Gesicht noch erschöpfter wirken, und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Unwissen, sowie die Unfähigkeit, die Situation zu managen, sprachen deutlich aus seinen kristallgrünen Augen. Zudem warst du dir fast sicher, dass zusätzlich noch leichte Geneigtheit durch dein stetiges Leugnen hinzukam. „Aber ich vertraue darauf, dass Sie das trotzdem ausgezeichnet hinbekommen werden."

Bei seinem eindeutig schmeichelnden Unterton in den letzten Worten schnellte deine Augenbraue, wie schon viel zu oft am heutigen Tag, nach oben, und signalisierte sehr deutlich, was du von dem Gesagten hieltest. „Das ist nicht wirklich Ihr Ernst, oder? Ich meine, niemand hier scheint überhaupt irgendetwas hinzubekommen, Sie sind heillos überfordert. Dazu kommt, dass es Kinder sind. Wenn Sie auch nur ansatzweise glauben, dass ich das ‚ausgezeichnet' meistern werde, dann kann ich nur schlussfolgern, dass Sie noch nie auch nur aus der Ferne Kontakt zu welchen hatten - oder mich fragen, was in Ihrem Kaffee gewesen ist", erwidertest du mit trockenem Sarkasmus. Mit einem schiefen Lächeln blicktest du zu seiner leeren Tasse, und sahst ihm dann herausfordernd in die Augen, die Braue noch immer unmissverständlich gehoben. „Das heißt nicht, dass ich den Auftrag nicht annehmen werde!", ergänztest du recht schnell noch, als sich das Gesicht deines kupferrothaarigen Gegenübers ein wenig enttäuscht verzog. Bei deinen Worten trat jedoch sofort eine Munterkeit in Mr. Carters Augen, die du zuvor während eurer Konversation vermisst hattest.

„Also sind Sie einverstanden, die Verantwortung zu übernehmen, und sich um die Bengel...ähh, ich meine, die Kinder zu kümmern?" Hoffnung und Erleichterung mischte sich mit Verlegenheit, einer dir von ihm völlig unbekannten Emotion. Zusammen mit seinem Ausrutscher in der Wortwahl brachte sie dich augenblicklich zum Schmunzeln. „Bitte verzeihen Sie... ich bin offenkundig nicht ganz ich selbst angesichts der Lage!", korrigierte er ein wenig peinlich berührt seine eindeutig umprofessionelle Äußerung, was du jedoch nur lachend mit einem Abwinken quittiertest. „Wer wäre das in so einer Situation nicht? Und bei mir müssen Sie sich nun wirklich nicht für umprofessionelle Äußerungen entschuldigen." Dein amüsiertes Lächeln zeigte nur zu deutlich, dass du dich keineswegs daran störtest, sich auch mal aus strikten Formalitäten zu lösen...was war schlimm, wenn ein Shinigami Menschlichkeit zeigte? Sicher, es hatte wenig mit ‚kalten und sachlichem Arbeiten' zu tun - aber erstens arbeitetet ihr in diesem Augenblick nicht, und zweitens sollte jedes nicht völlig abgestumpfte menschenähnliche Wesen ganz natürlicherweise Gefühle besitzen. Und gerade in Momenten, die vielleicht aus der Norm herausstanden, Momenten wie diesen hier, sollte es doch möglich sein, zu signalisieren, dass etwas nicht stimmte, und dass das ein Problem war. Wo kam man hin, wenn man wirklich besorgniserregende Dinge einfach hinter einer Fassade der Apathie verleugnete?

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 01, 2015 ⏰

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Children, Cookies...Chaos! (Black Butler)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt