Kapitel 2

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Jas:

Angespannt sitzen Chris, Dad, Ethan und ich vor unserem Mittagessen. Es herrscht eine erschreckende Stille, weil sich niemand traut das Thema anzusprechen, was uns so sehr beschäftigt; Kim.

Mürrisch stocher ich in den Nudeln herum. Hunger habe ich nicht wirklich. Meine Gedanken sind bei meiner Schwester und deshalb kann ich auch nicht ans Essen denken.

Dad räuspert sich und wir gucken ihn erwartungsvoll an. Er sieht nicht gut aus. Dunkle Schatten zeichnen sich unter seinen trüben Augen ab und er fährt sich kurz verzweifelt über sein Gesicht, bevor er anfängt zu reden. "Also, die Polizei hat angerufen, als ihr in der Schule wart. Es gibt noch keine neue Spur von Kim oder irgendwelche Anhaltspunkte, wo sie sein könnte. So wie es aussieht werden sie bald die Suche einstellen müssen.", den letzten Teil kommt nur noch geflüstert über seine Lippen.

Geschockt lasse ich die Gabel fallen und starre meinen Dad mit offenem Mund an. "Das dürfen die nicht!", ruft Chris aus. "Eben. Das kann doch nicht wahr sein! Kim ist drei Monate weg. Und niemand soll etwas gesehen haben?! Sie kann sich nicht einfach so in Luft aufgelöst haben!", ich bin aufgesprungen und gucke zwischen Dad, Ethan und Chris hin und her.

"Bitte Jas, wir wissen das und die Polizei auch, aber mehr als nach ihr suchen können sie auch nicht.", seufzt Dad erschöpft. Er leidet genauso wie wir unter Kim's Verschwinden, das weiß ich und ich sollte meine Wut nicht an ihm auslassen. Aber das war nur die Spitze des Eisbergs, ich habe die letzten drei Monate alles in mich hinein gefressen und jetzt bricht alles aus mir heraus. Die Wut, die Verzweiflung und die Trauer.

"Tut mir leid, Dad. Ich wollte dich nicht..." "Schon gut, Jas. Ich kann dich ja verstehen." "Geht ihr heute Abend wieder nach ihr suchen?", fragt Ethan Chris und mich. Wir beide nicken mechanisch. Das machen wir mit den Jungs schon die ganze Zeit, die Kim weg ist. "Entschuldigt mich, ich muss noch eine Telefonkonferenz abhalten.", schwerfällig erhebt sich Dad und geht in sein Arbeitszimmer.

Zusammen räumen Ethan, Chris und ich die Teller in die Spülmaschine. "Wann geht ihr los?", fragt Ethan so beiläufig wie möglich. "Acht, wieso?", Chris sieht unseren älteren Bruder stirnrunzelnd an. Ethan lehnt sich seufzend gegen die Küchenzeile:"Ihr habt es ja gehört. Die Polizei wird die Suche nach Kim bald einstellen. Und ich weiß von einem Freund, dass man dann davon ausgehen kann, dass die gesuchte Person als so gut wie tot gilt." Nach einer kurzen Pause fährt er fort. "Das heißt, wenn ihr sie auch nicht bald findet, dann....", er schüttelt den Kopf und fährt sich durch seine Haare. "Ihr müsst sie finden. Das ist unsere einzige Chance. Die Polizei hat sowieso nichts herausgefunden und wird es auch nicht mehr."

"Scheiße!", verzweifelt raufe ich mur die Haare. "Kannst du laut sagen.", lacht Ethan trocken und freudlos auf. "Scheiße!", ruft jetzt auch Chris aus und boxt gegen die Kühlschranktür.
"Gottverdammte Scheiße!", flüstere ich jetzt leiser und lasse meinen Kopf in den Nacken fallen. Zu sagen, wir wären verzweifelt, wäre maßlos untertrieben!

"Jetzt durch zudrehen bringt uns nichts, Jas. Wir müssen noch gründlicher suchen!", Chris hat sich entschlossen wieder zu uns umgedreht. Ich atme tief durch:"Du hast recht. Los komm, wir gehen uns umziehen." Ethan nickt uns aufmunternd zu und versichert uns sich um Dad zu kümmern.

Schweigend gehen wir die Treppe hoch und an Kim's Zimmer bleiben wir stehen. Chris guckt mich von der Seite an und ich nicke. Er öffnet Kim's Tür und wir betreten den Raum. Es riecht nach ihr, aber trotzdem wirkt ihr Zimmer einsam und verlassen. Wir haben es genauso gelassen, wie sie es verlassen hat. Mit einem durchwühlten Bett und einem totalen Chaos auf ihrem Sofatisch. Die Badezimmertür nur leicht angelehnt und ihre Schranktüre sperrangelweit offen.

Jedes Mal bevor wir nach ihr suchen gehen, kommen wir kurz in ihr Zimmer. Fragt mich nicht warum, aber es hilft uns.

Kurze Zeit später waren wir umgezogen und stehen vor unserer Auffahrt. Ich nehme gerade den letzten Zug meiner Zigarette als Rider, Zac, Marvin, Nic und Milo bei uns ankommen.

Me, my Boys and this fucking MemoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt