„Wo sind wir?"
Deni sieht sich langsam um. Rosalie jedoch schließt ihre Augen. Sie befreit sich von Kyuhyun und steht auf. Langsam geht sie drei Schritte von der Bank weg und senkt ihren Kopf.
„Li?"
Kyuhyun sieht sie langsam blinzelnd, mit offenem Mund an. Rosalie dreht sich deshalb um. In ihren Augen glitzern Tränen, während sie am ganzen Körper zittert. In ihrer linken Hand hält sie das Spiegelstück, während sie schluchzend Luft holt.
„Das Teil hier.... Ist Schuld das ich nicht weiß wer ich bin? Das ich euch nicht kenne?!"
„L... Li..."
Kyuhyun will aufstehen, doch Rosalie schreit los.
„Dieses Teil ist Schuld das ich nicht weiß wohin ich gehöre... Das wir jetzt hier sind und verfolgt werden...."
Deni blinzelt und beginnt zu grinsen.
„Ey Li, das sieht aus wie London...."
„Li ganz ruhig...."
Kyuhyun steht langsam auf und streckt seine Hand in ihre Richtung aus, als wolle er sie damit beruhigen.
„Wieso soll ich ruhig bleiben?!"
Sie tritt einen Schritt zurück und spürt, das sie bereits auf der Kante des Bürgersteiges steht.
„Ich weiß nicht wer du bist, und ich weiß nicht was das eben war... Ich weiß nicht wieso ich Dinge in diesem Spiegel sehe, die keinen Sinn ergeben.. Und wieso wir jetzt hier in dieser Stadt sind.. Wieso mein angeblicher Onkel mich verfolgt... Wieso das alles hier so fremd ist...."
„Li, ganz ruhig, ich erkläre es dir so gut ich kann..."
Kyuhyun läuft langsam auf sie zu. Rosalie sieht den Spiegel an und schließt ihre Augen.
„Du hast mich hierher gebracht, also bring mich zurück zu Lyn... Bring mich wieder an den Ort wo ich hingehöre, bring mich in mein neues Zimmer.... Zu meinen neuen Pflegeeltern, und lass mich aus diesem verdammten Traum aufwachen...."
Sie spürt, wie mehrere Autos dicht an ihr vorbeifahren. Sie spürt den Zugwind, weswegen sie tief Luft holt und leise flüsternd ihre Hand fester um den Spiegel klammert.
„Bring mich nach Hause...."
„LI!"
Bevor sie sich nach hinten fallen lassen kann und von einem heranfahrenden, roten Doppeldeckerbus erfasst wird, reißt Kyuhyun sie im letzten Moment zurück auf den Bürgersteig. Er nagelt sie auf dem Boden fest und sieht ihr tief in ihre vor Schreck geweiteten Augen.
„Hast du eigentlich irgendeine Ahnung was du gerade tust? Nein hast du nicht, weil du noch nie ein Hirn besessen hast! Wenn ich nicht ständig neben dir gestanden hätte, hättest du nicht einmal die ersten Monate überlebt..!"
Kyuhyun schreit sie an, während aus seinen kreisrunden, braunen Augen dicke, glitzernde Tränen fallen.
„Du bist nie in einen Schacht geklettert um jemanden heraus zu holen, du hast dich nie vor Leute gestellt die dich umbringen wollten... Du bist nie bis an den Grund eines Sees getaucht weil jemand der dir viel bedeutet am ertrinken war... Du bist seit du geboren wurdest durchs Leben getanzt.... Und dank wem? Dank mir!"
Rosalie sieht ihn mit leicht verengten, tränenden Augen an.
„Du konntest das nicht, aber in den letzten zehn Jahren hab ich dich nie vergessen Li.... Es gab nicht einen Tag an dem ich nicht an dich gedacht habe... Und das lag nicht nur daran das ich mir Sorgen machte weil ich dich nicht genügend auf die Welt da draußen vorbereitet habe...."
Kyuhyun wischt sich mit seinem rechten Ärmel seine Tränen weg.
„Wenn hier irgendeiner einen Grund hat, vor einen Bus zu springen dann bin ich das.... Ich weiß, das du keine Ahnung hast was vor zehn Jahren war, aber wenigstens an dieses eine Versprechen hättest du dich erinnern müssen.... Nämlich das was du mir gegeben hast, bevor du mich von dir weggestoßen hast..... Das, bevor ich das erste Mal in so ein Tor gefallen bin, weil ich dir folgen wollte... Weil ich dich nicht alleine gehen lassen konnte..."
Damit steht er mit gesenktem Kopf auf und schnieft.
„Ich hab mich an dich geklammert als deine Mutter dich vom Balkon stieß um dich zu retten.... Ashita konnte nicht mehr durch einen Spiegel sehen... Zumindest hat sie es nie wieder getan seit dein Vater gestorben ist..."
Rosalie blinzelt und schließt schluchzend ihre Augen, bevor sie die überlangen Ärmel ihrer grauen Jacke auf ihre Augen presst.
„Sie hat gewusst das sich ein Tor öffnet, unterhalb vom Balkon und um dich zu retten hat sie dich herunter gestoßen... Ich bin nur hinterher weil ich dich nicht alleine lassen konnte... Meine Mutter ist irgendwo in der Masse verschwunden, ich hab sie nicht mehr gefunden... Bis ich deinen Schrei gehört hab... Seitdem du da bist folge ich dir auf Schritt und Tritt.... Deshalb bin ich mit gesprungen... Und dann, als wir gerade in dem Tor waren, siehst du mich an...."
Er holt zitternd Luft, während Deni ebenfalls zu schniefen beginnt. Sie sieht die beiden an und wischt sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel weg.
„Als wir gerade durch das Tor sind, hast du mir versprochen das wir für immer zusammen bleiben werden.... Und dann hast du mich von dir weggetreten und ich bin in einem Wald mitten im Nirgendwo aufgewacht...."
Rosalie zieht weinend ihre Knie an sich und bleibt weiterhin auf dem Boden liegen. Kyuhyun holt tief Luft und sieht den azurblauen Himmel an. Er betrachtet die hellgelbe Sonne und spürt ihre warmen Strahlen auf seinem Gesicht. Er schließt seine Augen und sieht gerade aus.
„Wenigstens an das hättest du dich erinnern können... Wenn du nicht weißt wer ich bin, oder welche Rolle ich in deinem Leben spiele, dann wirst du mich auch nicht brauchen.... Ich muss nicht unbedingt zurück in meine Heimat, ich hab dort nichts mehr was mich hält... Meine Mutter wird bestimmt tot sein, so wie ich Siwon's Leute einschätze... Ich hab nichts mehr, weswegen ich hier gut zurecht kommen werde...."
Gerade als Kyuhyun sich umdrehen will, ertönt eine Explosion. Rosalie spürt, das sie von der Druckwelle vom Bürgersteig gefegt wird. Sie rollt auf die Straße, wo gerade die vorbeifahrenden Autos stehen bleiben. Sie spürt am ganzen Körper Schmerzen. Zudem hört sie nichts bis auf einen sehr hohen Piepston. Als sie schließlich unter einem blauen LKW liegen bleibt und zur Bank sieht, sieht sie drei Männer in schwarzen Anzügen. Sie sieht, wie einer von ihnen Deni auf die Beine hieft und sie mit sich zerrt. Sie sieht, wie die anderen beiden den regungslosen Kyuhyun hinter sich her zerren. Rosalie bricht in Tränen aus und streckt ihre blutbeschmierte Hand nach ihnen aus. Kraftlos lässt sie sie jedoch fallen und muss zusehen, wie die Männer verschwinden. Bevor ihre Sicht verschwimmt und sie bewusstlos auf den kalten, grauen Asphalt sinkt.
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The Girl with the Mirror
FantasyErinnerungen sind etwas, was jeder Mensch besitzt. Ob schön, traurig, böse oder gut. Jede Erinnerung ist etwas, das diesen Menschen besonders aufgewühlt hat. Etwas, das ihm im Gedächtnis blieb. Etwas, an das er sich erinnern kann, selbst wenn Jahre...