„Li, wo steckst du?"
Von überall ertönen aufgeregte Stimmen und Schritte. Als Rosalie ihre Augen öffnet, sieht sie sich um. Sie sieht die Röhre aus grauem, dunklen Beton an, in welcher sie sich befindet. Wenige Meter von ihr entfernt befindet sich der hellstrahlende Eingang, welcher mit einem verrosteten Gitter versiegelt ist. Sie blinzelt, da es ziemlich dunkel ist. Als sich ihre Augen daran gewöhnt haben, bemerkt sie ein kleines Mädchen mit weißen Haaren. Sie lehnt sich an der Wand der Röhre an und hat ihre Arme um ihre Knie geschlungen.
„Li!"
Eine leicht tiefe, wütende Stimme ertönt, bevor es kurz dunkel wird. Rosalie sieht eine Gestalt, welche das Gitter öffnet und in die Röhre kriecht. Sie schließt das Gitter und krabbelt auf allen Vieren auf das Mädchen zu. Der Junge, welcher eineinhalb Köpfe größer ist und braune Haare hat, setzt sich neben das Mädchen und gibt ihr eine Ohrfeige, bevor er seine Arme um sie schlingt.
„Tief ein und ausatmen...."
„Er ist tot...."
Das Mädchen hebt ihren Kopf und sieht den Jungen mit verweinten Augen an.
„Sie haben ihn umgebracht, oder? Mama sagte er ist tot und er kommt nie wieder...."
Der Junge seufzt und streicht sanft über ihre weißen Haare.
„Li.... Das ist noch gar nicht bewiesen..."
„Mein Vater ist tot und er ist nicht hier... Oma sagte er wäre woanders, sie sagte er würde nicht mehr wieder kommen, und das ich keine Blumen auf sein Grab legen kann..."
„Dein Vater ist nicht tot, Yesung ist zu stark und intelligent dafür..."
Der Junge seufzt, doch das Mädchen drängt ihn von sich weg.
„Woher willst du das wissen?! Er ist tot weil.... Mama sagte wegen meinem Onkel!! Er bringt alle um...."
„Außer mich... Mich kriegt dieser Bananenschädel nicht klein..."
Der Junge schlingt erneut seine Arme um das Mädchen.
„Ich hab dir schon mal gesagt das du mich nicht loswirst Li... Merk dir das für alle Zeiten, egal was kommt... Mich wirst du nicht los...."
Rosalie blinzelt gerührt, bevor sie in ein schwarzes Loch fällt. Panisch reißt sie ihre Augen auf und richtet sich auf. Der Geruch von Sterilium und einer fremden Umgebung dringt in ihre Nase. Aufgeregt und verwirrt sieht sie sich in dem reinen, weißen Raum um. Rechts von ihr befindet sich ein kleiner Holztisch mit zwei hölzernen Stühlen. Dahinter ist ein großes Fenster, welches durch die orangefarbenen Vorhänge abgedunkelt ist. Rosalie sieht nach links, wo sich ein Nachttischen, ein weiteres leeres Bett und zwei graue Türen befinden.
„Guten Morgen...."
Rosalie dreht sich wieder nach rechts. Erst jetzt bemerkt sie einen Mann mit braunen, kurzen Haaren. Er trägt einen blauen Kittel und steht vom linken der beiden Stühle auf. Langsam läuft er zu ihrem Bettende und lehnt sich dort an, bevor er seine rechte Hand hebt und ihr das Spiegelstück zeigt. Sie blinzelt, bevor sie panisch ihre weiße Bettdecke umschlägt. Entsetzt stellt sie fest, das sie lediglich ein weißes OP-Hemd mit blauen Sternen trägt. Sie sieht ihre nackten Zehen an, bevor sie sich wieder zudeckt und den Mann ansieht.
„Ich hätte drei Fragen an dich... Erstens, wer bist du... Zweitens..."
Er mustert das Spiegelstück.
„Aus welchen Personen besteht deine Familie... Und zu guter Letzt..."
Nun sieht er sie mit seinen rehbraunen Augen an.
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The Girl with the Mirror
FantasiErinnerungen sind etwas, was jeder Mensch besitzt. Ob schön, traurig, böse oder gut. Jede Erinnerung ist etwas, das diesen Menschen besonders aufgewühlt hat. Etwas, das ihm im Gedächtnis blieb. Etwas, an das er sich erinnern kann, selbst wenn Jahre...