Lamborghini elemento

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Nachdem wir Eis gegessen haben und Lucas' ganzes Taschengeld draufgegangen ist, treten wir den Rückweg an und gehen diesmal wirklich zur Straßenbahnstation. "Ach du heilige Scheiße, könnt ihr den Rennwagen dort an der Kreuzung sehen?", rief Marcus. Emanuel staunt:" Ist das ernsthaft ein Lamborghini elemento? Die sind eigentlich nicht so oft zu sehen!?" Keiner von uns achtet darauf wohin wir laufen, sondern starren den teuren Wagen an. Niemand schaut auf die Straße, wir alle laufen einfach, verlassen uns auf unsere Füße und starrren über die Schulter zurück zu dem Auto. Wir wussten, das die Straßenbahn alle fünf Minuten ging, so machten wir uns beim Über die Schienen laufen keine Sorgen, dass etwas passieren könnte. Vermutlich war diese Unachtsamkeit, der Fehler den wir uns nie verzeihen würden.

Plötzlich geht alles ganz schnell und trotzdem würde ich mich später an jeden einzelnen Augenblick erinnern können. Die Jungs sind viel zu beschäftigt mit dem Auto, als dass sie die nur wenige Meter von uns entfernte Straßenbahn bemerken würden. Ich selbst bin auch zu beschäftigt, einerseits von dem Wagen andererseits von meinem Eis, dass mir mittlerweile bis zum Ellenbogen rinnt. Und dann höre ich das Kreischen der Räder auf den Schienen doch noch und beginne zu schreien, als mir klar wird, dass sie nur knappe vier Meter von uns entfernt ist. Auch Lukas und Emanuel stimmen in mein Entsetzen ein. Nur Marcus realisiert es noch immer nicht. Mein Gehirn sendet einen Adrenalinstoß aus und ich mache eine riesigen Sprung auf den Gehsteig bei der näher gelegenen Station und falle hin. Lucas macht es mir nach und landet einen Herzschlag später neben mir. Marcus hat die gefährliche Situation im selben Moment in dem ich abspringe begriffen. Vor Angst bleibt er aber stehen und erstarrt. Sein Bruder stößt ihn allerdings aus der Gefahrenzone zu uns auf den Bürgersteig und will ihm folgen, schafft es aber nicht mehr rechtzeitig wegzuspringen und wird von der, zwar bremsenden aber immer noch schnellen, Straßenbahn mitgenommen. Irgendjemand in der Straßenbahn hat die Notbremse gezogen, doch es ist bereits zu spät. Emanuel wird mitgeschleift und schlägt hart auf den Boden auf. Als die Straßenbahn endgültig zum Stehen kommt, starren wir alle seinen leblos daliegenden Körper an. Eines seiner Beine ist unter den Rädern eingeklemmt und sein restlicher Körper mit Aufschürfungen übersät. Langsam sickert das Ereignis zu mir durch und ich beginne zu schreien und zu weinen. Von den Menschen rundherum nehme ich ebenfalls Schreie nach Hilfe und der Rettung wahr. Ich stürme zu ihm und habe aber gleichzeitig Angst davor seine Verletzungen aus nächster Nähe zu sehen. Ich spüre die Körper von Lucas und Marcus neben mir knien. Höre Marcus immer wieder "Neeeiiin!!" schreien und Lukas verzweifeltes Schluchzen. Ich kann nicht aufhören "Scheiße" zu schreien und meine Tränen fallen in Emanuels Gesicht. Ich möchte meinen Blick so gerne wo anders hinwenden, bringe es aber nicht über mich. Seine Augen sind geschlossen, seine Wangen aufgeschürft und blutig und aus seinem Mund kommt nicht ein Laut. Obwohl es keiner von uns ausspricht weiß ich, dass wir alle Angst davor haben, dass wir ihn nie wieder lebendig sehen werden. Aus weiter Ferne höre ich die Sirene eines Krankenwagens und mir wird klar, dass wir schon seit mindestens fünf Minuten hier so neben diesem leblosem Körper kauern. Mein Gehirn weigert sich eben jenen Körper als Emanuel zu bezeichnen. Das hier kann einfach nicht der immer gut gelaunte Junge mit den blonden Haaren , den wunderschönen blauen Augen und den lieben Grübchen aus meiner Kindheit sein. Er darf es einfach nicht sein. Ich spüre wie kräftige Arme mich auf die Beine ziehen und zu einem Krankenwagen bringen wollen. Trotzdem wehre ich mich mit Händen und Füßen dagegen, dass sie mich von meinem Freund wegbringen. Auch Lucas und Marcus neben mir wehren sich. Doch im Endeffekt erreichen wir nichts und landen schließlich doch auf einer Liege im Rettungswagen.

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