Kapitel Sechs

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„Bitte, Adi, verzeih' mir!" Den Spitznamen ignorierte ich einfach mal, da würde ich später drauf zurück kommen. Immer mehr Tränen liefen über Kira's olivbraune Haut. Und natürlich war sie auch eine der Menschen, die wenn sie weinten, sofort eine laufende Nase bekamen. Deswegen weinte sie inzwischen bereits Rotz und Wasser. Und dazu war es innerhalb von vielleicht zwei Minuten gekommen, eigentlich war das ein neuer Rekord für mich. Und doch brannten mir Tränen in den Augen und der Kehle, während ich unbeholfen den Mund auf und zu machte, aber nebenbei nicht wusste, was ich sagen sollte. „Anfangs habe ich genauso gedacht wie du, Adi. Doch dann habe ich etwas herausgefunden. Sie brauchen uns, Adi! Und nicht nur um uns zu foltern. Hinter dem was sie hier mit uns machen, verstecken sie etwas. Ich weiß nicht genau, was es ist, jedenfalls hängt es mit dem zusammen was wir durchgemacht haben. Mit unseren Narben." Sie glauben, dass ihr etwas besonderes seid. Und dieser Irrglaube wird euch alle umbringen, hatte der Mann am Telefon gesagt. Noch immer wusste ich nicht, wer er genau war. Er hatte mich gekannt, das stand aber fest. Kira setzte schon wieder an, etwas zu sagen, doch aus reinem Reflex hielt ich ihr den Mund zu. Zu meinem Nachteil sabberte sie daraufhin meine ganze Hand an. Ich verzog das Gesicht, ließ meine Hand aber dort, wo sie war. „Es ist okay, Kira. Ich bin nicht böse, nur irgendwie enttäuscht. Sie haben uns – dir – so weh getan und trotzdem deckst du sie. Trotzdem denk ich, dass du recht hast. Wir sind besonders für sie, aber ich denke auch, dass da noch etwas größeres hinter steckt. Ich..." Ich sah mich um, war mir aber sicher, dass niemand außer uns hier war. „Ich habe einen Anruf bekommen, als ich die Männer irgendwie... fertig gemacht habe. Ich weiß, dass hier irgendwas vor sich geht, das sagt mir mein Gefühl. Kira, wir müssen herausfinden, was es genau mit dieser Sekte oder was das sein soll, auf sich hat. Irgendwas stimmt hier nicht, glaube ich." Ich sah sie an, eindringlich. „Okay?" Noch immer mit meiner vorgehaltenen Hand nickte sie letztendlich, woraufhin ich meine Hand runter nahm. Ich wischte diese als erstes in meiner Hose ab. Ich sah Kira an. „Und wie wollen wir das anstellen?" Kopfschüttelnd zuckte sie die Schultern. Eine halbe Ewigkeit herrschte Stille, denn wir wussten einfach nicht weiter. Die Tränen auf den Wangen von Kira waren in der Zwischenzeit getrocknet und sie schnaubte nebenbei nur in ein Taschentuch hinein, an welchem sie auch gleichzeitig herumzupfte. „Weißt du noch wo das Telefon war?", fragte sie schließlich und musterte mich erwartungsvoll. Ich zog meine Augenbrauen zusammen und runzelte die Stirn, was mir einen tadelnden Blick von Kira einbrachte. „Du weißt schon, dass du davon Falten bekommst, oder?" In einer anderen Situation hätte ich wohlmöglich gelacht. „Ich weiß noch ungefähr, wo das Telefon lag. Aber es ist kaputt. Explodiert, glaube ich." Sie grummelte irgendwas unverständliches, was sich anhörte wie „verdammtes Scheißorchester", aber sicher war ich mir da nicht. Und dann holte sie tief - sehr tief – Luft und sagte etwas, womit ich nie gerechnet hätte: „Okay, ich kenne jemandem, dem es egal ist, ob das Telefon kaputt ist oder nicht. Er ist der Beste. Also lass uns das Telefon holen und los." Sie zog mich auf die Beine, ich hatte nebenbei noch immer den Mund offen stehen. „Er ist ein Hacker, Addi." Das sagte mir einiges, doch viel mehr beunruhigte mich das Wort er.

Wir liefen raus und es dauerte eine lange, viel zu lange Zeit bis wir das Telefon endlich gefunden hatten. Es war schwarz und sah genau genommen aus wie ein Scheißhaufen. Überall war es verkohlt und es hatten sich Blasen auf dem Plastik gebildet, die wahrscheinlich von der Hitze stammten. Mit einem lauten „ihhh" hob Kira das Telefon auf, sie war wirklich ein Girly. Wir hatten das Telefon unter ihrem dunkelblauen Blazer versteckt, als wir zurück ins Hauptgebäude der Academy gingen. Sie führte mich in den Jungstrakt, was mich nicht sonderlich wunderte. Fast wäre ich in Kira hineingelaufen, als sie ohne Vorwarnung stehen blieb und sich zu einer Tür drehte. „Au!", maulte sie mich an und ich warf ihr nur ein entschuldigendes Grinsen zu. Ehe ich irgendwas sagen konnte, klopfte Kira auch schon an die Tür. „Wer ist da?", kam von innen und meine Augen weiteten sich. Eindeutig ein Junge. „Lenn, ich bin es. Kira." Man hörte von drinnen nur irgendwas rascheln, knistern und dann wurde die Tür geöffnet. Sofort blickte ich in leuchtend grüne Augen und sie fesselten mich. „Was willst du?" Ein blonder Junge starrte mich so unverhohlen an wie ich ihn, nur war mein Blick wahrscheinlich um einiges Dämlicher. „Na, wen haben wir denn da?" Mit einem Zucken der Augenbraue deutete er auf meine Wenigkeit. Er sah gut aus. Verdammt gut. Ich konnte unter seinem weißen T-Shirt seine Muskeln erkennen. Seine Haare hatte er hochgegeelt und seinem Blick nach zu urteilen, wusste er genau, wie gut er aussah – nein, wie heiß er aussah. „Adi, das ist Lennox." Sie deutete mit einer leichten Geste auf den blonden Jungen, der sich als Lennox entpuppt hatte. „Und Lenn, das ist Adaline." „Wie schön dich kennen zu lernen, Adaline." Er warf mir einen sehr anzüglichen Blick zu, welcher mir die Röte ins Gesicht stiegen ließ. „Freut mich auch..." „Wir sind nicht zum Flirten hier", unterbrach Kira mich, „Wir brauchen deine Hilfe, Lenn."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 10, 2015 ⏰

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