Christopher

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Zu Hause,
14:36 Uhr

Ich habe es mir zur undankbaren Aufgabe gemacht, in die Fußstapfen meines Lebensretters zu treten und die Wendigos zu vernichten.
Es ist schon erstaunlich, wie viele Menschen hier oben auf dem Berg in den letzten 10 Jahren dem Kannibalismus verfallen sind.
Jeden zweiten Abend ist Ashley alleine zu Hause.
Jedes Mal versucht sie, mich zu überreden, nicht zu gehen.
Doch ich fühle mich schuldig.
Mein Retter ist gestorben, weil Mike und ich Josh an diesem Pfahl festbinden mussten.
Doch in diesem Moment war es für mich das einzig Logische.

Mittlerweile wundert es mich allerdings, dass es uns wieder so gut geht.
Jess sieht man zwar jede einzelne Erinnerung an ihren Narben an, doch im Endeffekt haben wir alle richtiges Glück gehabt.
Wir treffen uns jedes zweite Wochenende und unternehmen etwas zusammen. Versuchen zu vergessen.

Von der Familie Washington habe ich aufgeschnappt, dass eine andere Familie den Berg gekauft hat, und eine neue Lodge gebaut hat.
Begeistert war ich nicht, doch uns glaubt ja keiner.

Aber genug geredet.
Ich muss schließlich noch eine ganze Stunde mit dem Bus hochfahren und dann hat sich noch Besuch angekündigt.
Jasper und Katherine McCloud. Die Millionärs Zwillinge.
Ich kenne zumindest den Jungen noch von früher.
"Chris! Kommst du bitte?", ruft mich Ash.
Ich laufe die Treppe runter und direkt in ihre Arme.
Eine gute Sache gab es da doch an jenem Abend auf Mount Washington.
Ich verbringe seitdem jede Sekunde mit Ashley.
Naja, bis auf die Nächte in den Minen und die Angelwochenenden mit Mike.

Ich packe die große Taschenlampe in meinen Rucksack und packe ein paar Vorräte, wie Wasser und Brot dazu.
Ich habe neues Öl und Feuerzeuge gekauft, damit auch ja Feuer da ist, wenn ich es brauche.
Von Em und Mike habe ich mir sagen lassen, wie sie am besten gegen die Wendigos gekämpft hatten.
Seitdem trage ich immer Fackeln, zwei Gewähre, eine Pistole und eine Machete mit mir.
Ich habe mir in der alten Hütte, genau an dem Ort, wo Jessica entführt wurde ein Versteck aufgebaut.
Aber genug geredet.
Ich drehe mich um und sehe in Ashleys Augen.
"Ich finde es immer noch nicht gut das du gehst", meint sie und ergreift meine Hand.
"Ich tue es für die Kinder, wenn es hart auf hart kommt, müssen sie gewarnt werden", antworte ich und werfe den Rucksack auf meine Schultern.
"Ruf mich an, wenn du am Berg angekommen bist."
"Mach ich!", sage ich und drücke ihre Hand fester.

"Nächste Haltestelle. Blackwood Pines. Mount Washington"
Die Anzeige könnte auch mal erneuert werden.
Der Berg gehört schon seit fast sieben Jahren nicht mehr den Washingtons.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube dass der neue Name Mount Cloud ist.
Also übersetzt Wolkenberg.
Die Lodge wurde neu aufgebaut, aber seit dem Brand, den Mike ausgelöst hatte, ohne Heizung.
Von den Bauarbeitern konnte ich leider nicht alle retten.
Die Außenbeleuchter waren nachts da.
Der eine wurde von einem Wendigo weggeschleift. Wahrscheinlich um ein neuer Wendigo zu werden.
Der andere wurde zerfetzt.
Ein paar konnten fliehen.
Ich habe mir schon damals große Vorwürfe gemacht.
Und das sind Kinder.
Wenn denen etwas passiert, ist das ja noch viel schlimmer als bei den Beleuchtern.
Es ist noch hell draußen, weshalb ich mir keine Sorgen machen muss.
Die Wendigos sind noch in den Minen und vor darunter zu gehen habe ich nicht.
Fallen tun den Wendigos leider nichts, sonst wären mittlerweile fast alle ausgerottet.
Ich stapfe den Pfad zur Seilbahn hoch und steige in eine Kabine.
Den Schlüssel hat mir damals Sam gegeben.
Die Washingtons haben, so weit ich das mitbekommen habe, die Schlüssel an die McClouds weitergegeben.
Als ich oben ankomme schicke ich die Bahn wieder zurück ins Tal.
Die neue Lodge hat rein gar nichts mehr mit der schönen alten Lodge der Washingtons zu tun.
Sie wirkt so modern und passt optisch nicht in die Landschaft, aber jedem das eigene.
Ach ja.
Ashley anrufen.
Hätte ich fast vergessen, aber Moment, was ist das?

,,Oh zum Glück", höre ich eine weibliche Stimme kreischen.
,,Was ist los?", ein Mann, den ich durch die Äste erspähe beugt sich sorgenvoll zu der Frau.
,,Es ist schon jemand da. Wir müssen also keine zehn Stunden in der Kälte warten."

Die Millionärs Zwillinge haben also noch Besuch.
Das kann ja ein Wochenende werden.

Written by: L.

Until Dawn 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt