Kapitel 1

12 1 0
                                    

Heute war ein verregneter Tag. Die Klasse war unruhig und schon in den ersten Stunden gab es Stress. Der Lehrer, Mister Parkerson, fiel plötzlich um und rührte sich nicht mehr. Kurz darauf wurde er in ein Krankenhaus gebracht. Danach wurde es nur noch chaotischer, doch die Pause toppte alles. Schon in den letzten Minuten der Stunde hatten Seffen und Mark angefangen sich zu streiten. Sie waren noch nie wirklich gut mit einander klargekommen, doch nun als Mark anfing schlecht über Seffens Familie und Freundin zu reden, platzte dem letzteren der Kragen. Bereits auf dem Gang pöbelte er Mark an und es entwickelte sich zu einer wilden Rauferei.

Als Mark Seffens Kopf gegen die Wand schlagen wollte, drang aus dessen Kehle ein seltsam grummelndes und ziemlich lautes Geräusch, dass - wenn es leiser gewesen wäre - als Knurren hätte durch gehen können. Doch so wandten sich alle Blicke im Umkreis von mindestens sieben Meter den beiden Jungen zu. Seffens Augen fixierten Mark und Mark wich zurück. Damit der beste Kampfsportler unsere Stufe (der neunten) zurück wich, musste schon etwas passieren. Die Brust Seffens hob und senkte sich langsam aber sehr stark. Er sah Mark unter seinen hellen Wimpern und zusammen gezogenen Augenbrauen tödlich an und begann seltsam animalisch seine Zähne zu zeigen.

"Komm... Mir nicht... Zu nahe... Ich warne dich! Halt dich von mir fern!", seine Stimme war bedrohlich und rau. An der Stelle des anderen hätte ich mich galant zurück gezogen, doch wer Mark kannte wusste, dass dieser niemals verlor, zumindest nicht bevor sein Gegenüber mindesten drei gebrochene Knochen hatte. Und so sprang er auf Seffen drauf, klemmte seinen Kopf unter den rechten Arm und schlug mit der linken Faust immer wieder auf seine Schulter ein, während er ihn zu Boden zog. Bald stützte der Angegriffene sich mit allen Vieren am Boden ab und blieb für seine Verhältnisse ungemein ruhig. Erneut war das seltsame Geräusch zu hören und Seffens T-Shirt riss am Rücken auf. Die Menge erschrak, denn anstatt der leicht olivfarbenen Haut sah man dort gräulich-braunes Fell und auch der Kopf des Jungen hatte sich verändert. Mark wich sofort zurück, doch war bereits zu spät. Seffen war ein Wandler. Ein Wandler des Rudels der Wölfe. Das Tier blickte uns alle aus hasserfüllten gelblich flimmernden Augen an und fletschte die Zähne.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie am Rand der Menge die Menschen vorsichtig davon liefen und wie Mark sich in die Mitte der Menschen zurück zog. Der Wolf bellte - wenn ich es so sagen konnte, ich wusste nicht, wie man die Töne die Wölfe von sich geben, nannte - und stürmte auf uns zu. Mark begann zu rennen und auch Seffen - wenn es denn überhaupt noch Seffen war - folgte ihm. Ich mochte Mark nicht besonders, aber noch weniger mochte ich jetzt, wo er in meine Richtung lief, sodass der frische Wandler direkt auf mich zu stürmte. "Katlyn, lauf!", schrie er mir zu und wollte mich mit ziehen, doch ich konnte mich nicht rühren. Im insgeheimen wollte ich mich sogar mit Seffen duellieren.

Schockiert stelle ich fest, dass auch aus meiner Kehle ein knurrender Laut drang und ich hatte das Gefühl etwas aus meinem Inneren wolle unbedingt nach Außen gelangen. Es war ein warmes Gefühl und ich hatte ein Kribbeln unter der Haut, das mir zu sagen schien, dass dieses Gefühl mich befreien würde. Also stand ich ruhig da und bahnte dem Gefühl einen Weg nach draußen. Ich fiel zu Boden und plötzlich sah ich alles aus einen viel klareren Perspektive. Ich konnte leise die verängstigten Herzen der Herumstehenden hören und fixierte den Wolf, der nun vor mir zum stehen gekommen war.

TerritorienWo Geschichten leben. Entdecke jetzt