Kapitel 2

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In Seffens Augen sah ich mein Spiegelbild und obwohl ich eigentlich hätte zurück schrecken müssen, betrachtete ich mein glänzendes schwarzes Fell und meine gelbstechende Augen. Ich hatte die Gestalt eines Panthers angenommen und brachte ein kehliges Knurren heraus.

Seffen brach zuerst unser Starren und sprang auf mich zu. Seine Zähne schlugen sich in meinen Nacken und ich warf mich zur Seite, sodass der Wolf auf der anderen Seite auf den Boden geschlungen wurde. Er jaulte kurz auf und ließ mich los. Schnell rappelte ich mich auf, biss mich in seinem Ohr fest und zog daran. Seffen riss mir mit einer Pfote das Bein weg und ich spürte wie etwas spitzes in meine Flanke stach. Gleichzeitig sah ich aus dem Augenwinkel, wie ein kleiner Pfeil mit rosa Puschel am Ende mein Gegenüber in den Hals traf. Ich wollte aufspringen, das pieksend Ding auf meinem Beim ziehen und Seffen meine Krallen durchs Gesicht ziehen, doch ich konnte mich nicht rühren. Meine Augen wurden trüb und es bildete sich ein schwarzer Rand um mein Blickfeld. Langsam dämmerte es mir, wir wurden beide betäubt.

Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als ich wieder zu mir kam, doch es war früher Abend. Ich sah mich um. Neben mir saß Seffen an den Zaun gelehnt, der sich in meinem Rücken bis zum Horizont entlang zog. Ich wusste nicht was los war, doch als dann plötzlich die Erinnerungen zurück kamen, sprang ich auf und sah mich um.

Das konnte nicht wahr sein. Ich war keine Wandlerin! Ich war nicht fähig mich in ein Tier zu verwandeln und wieder zurück, ich wollte nicht in den riesigen Waldgebieten um das Territorium meines Rudels kämpfen und im Wald leben. Niemand in meiner Familie war ein Wandler gewesen, wieso war ich denn jetzt ein Panther? Das konnte doch nicht wahr sein!

"Hey! Komm mal runter..." Seffen sah mich genervt an und ich bemerkte erst jetzt das ich rastlos hin und her gelaufen war. "Sorry." Damit ich nicht zitterte oder wieder rum rannte, setzte ich mich etwas von Seffen entfernt an den Zaun. "Wo sind wir?" "Kannst du dir das nicht denken?" Abwertend sah der Junge auf mich hinab. "Nein?" Ja. Er sah mich schweigend an. "In den Waldgebieten. Es heißt, hier kommen in der Woche jede Nacht die friedlichsten Wandler aus denn unterschiedlichen Rudeln her und sammeln ihre Neulinge ein." "Oh...." "Ja, oh." Wir schwiegen. Ziemlich lange.

Irgendwann, als die Sonne bereits weiter gewandert war und bereits ein oder zwei Sterne zu sehen waren, stand Seffen auf und stellt sich mit dem Rücken zu mir hin. Er stand ganz still und atmete regelmäßig. Unsicher fragte ich: "Was machst du?" "Du störst, sei leise." "Äääh..." Du bist ja mal wieder freundlich. Er stand gefühlte 20 Minuten auf der Stelle, atmete und ignorierte mich, bis etwas geschah. Sein Körper fiel nach vorn auf alle Viere und schrumpfte. Seine Beine wurden kürzer und auch der Rest seines Körpers veränderte sich. Er hatte sich verwandelt. Ich spürte wie meine Augen größer wurden. Und wollte kurz dem Instinkt folgen, es auch zu versuchen, doch dafür war ich zu stolz. Ich käme mir vor als würde ich ihn nachmachen und wenn ich es dann nicht schneller, oder gar nicht, schaffen würde, wäre das ziemlich peinlich. Also blieb ich sitzen, lehnte den Kopf an den Zaun und schloss die Augen. Es war seltsam die Sinne eines Wandlers zu besitzen. Ich roch das Gras, den Wald und.... und nassen Hund. Ich ging davon aus, dass das der Geruch von Seffen, oder besser von dem Wolf Seffen war. Ich lauschte seinem Atem, den Vögeln im Wald, den Insekten um uns herum und einem etwas entfernten Bach, bis ich in einen leichten Schlummer sank.

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