Kapitel 2

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Die Landschaft zieht an mir vorbei. Bäume werden größer und wieder kleiner. Alles ist so schön grün. Er wird es nie wieder sehen. Nach einigen Minuten halten wir vor einer Kirche. Er selbst ist nie in die Kirche gegangen, allerdings ist er getauft worden, seine Eltern bestanden darauf. Wenn ich es mir jetzt so überlege hat er doch Glück damit . Das Ambiente für seine Verabschiedung ist unglaublich schön. Die hohen wunderbaren Buntglasfenster beleuchten ein zur Hälfte besetztes Kirchenschiff, in dem viele Kerzen leuchten und ihr sanftes Licht in langen Schatten an die Wände werfen. Mein Blick schweift zum Altar in den vorderen Teil der Kirche. Dort steht ein dunkler Sarg aus Mahagoni. Zu meinem Glück ist der Sargdeckel zu. Ich kann seinen toten Körper nicht sehen. Neben dem Sarg stehen Blumen und während ich mit meiner Mutter langsam nach vorne gehe dringt ein aufdringlicher Rosenduft in meine Nase. Seine Eltern und sein Zwillingsbruder Ashton geraten in mein Blickfeld. Sie sehen alle übernächtigt und verweint aus. Es ist ja auch erst 2 Wochen her seit es passiert ist , seit er sterben musste. Er war mit dem Auto unterwegs und dann ....
Wusch!!! Ein betrunkener Lkwfahrer. Er starb kurz nach dem Aufprall an seinen Verletzungen. Ich denke immer daran , dass er Schmerzen hatte.Jetzt stehen wir vor ihnen. Seine Mum, Julia, nimmt mich in die Arme. ,, hey " murmel ich . Sie drückt mich fester. Sie sieht ihm ähnlich. Sie hat die selben blauen Augen. Als ich sie umarme bemerke ich , dass sie abgenommen hat. Sie war schon immer schlank und zierlich, aber jetzt wirkt sie schmal. Im Gegensatz zu seiner Frau ist sein Vater riesig. Als jetzt auch er mich in seine langen Arme schließt merke ich, dass auch er abgenommen hat. John hat braunes lockiges Haar und dunkel braune Augen. Er lächelt mich gequält an und ich gehe weiter zu Ashton. Sein blondes Haar steht ihm in alle Richtungen ab, so als wäre er sich heute schon unzählige Male hindurch gefahren. Es ist schwer für mich ihm ins Gesicht zu sehen. Ihre Gesichter gleichen sich fast ganz.Er drückt mich fest an sich und küsst mich aufs Haar. Zwischen uns besteht seit seinem Tod eine besondere Bindung. Wir waren zwar schon vorher gute Freunde aber jetzt. ..
Er versteht mich wahrscheinlich ,mal abgesehen von Julia und John , am besten. Ashton als sein Zwillingsbruder und ich als seine Freundin, wir standen ihm wohl am nächsten. Ashton nimmt meine Hand und ich folge ihm zu einer der vordersten Bänke. Weiter hinten sehe ich meine Mum. Sie setzt sich gerade. Ich hebe kurz die Hand um ihr zu signalisieren wo ich bin . Als ich mich setze tritt ein Mann in einer langen Robe nach vorn. ,, Das ist der Pfarrer" flüstert Ash mir zu. Ich verdrehe die Augen und sehe ihn mit einem , dein Ernst Blick' an. Der Pfarrer tritt neben den Sarg und räuspert sich . Dann beginnt er eine Rede in das Mikrofon vor ihm zu sprechen: ,, Wir alle sind heute hier zusammen gekommen um einen geliebten Menschen zu verabschieden. Manuel Tarkmyr war außergewöhnlich, dass steht außer Frage. Viele fragen sich jetzt bestimmt wieso er, er war doch noch so jung. Nun, das Leben hat nicht auf alles eine Antwort. Wir müssen darauf vertrauen , dass Gott es so wollte. Gott hat Manuels Weg in diese Richtung gelenkt. Und vielleicht war es seine Bestimmung dort oben im Himmel auf uns zu warten. Manuel hat in seinen knapp 17 Jahren Lebenszeit nicht alles getan was er wollte, aber auf das was er geschafft hat in seinem Leben , kann er stolz sein." Applaus ertönt. Ich klatsche hölzern mit. Der Pfarrer sagt noch irgendwas , doch ich höre nicht zu. Meine Gedanken kreisen um Manuel. Ich liebe ihn . Ja , auch nach seinem Tod und ich werde nie damit aufhören. ,, Jumi?" Ash stupst mich an. ,, Deine Rede? " ,, oh" schnell stehe ich auf und gehe nach vorne. Der Pfarrer tritt zur Seite. Vor mir sehe ich ein Meer aus Gesichtern. Viele weinen. Ich hole tief Luft. ,, Manuel war unglaublich . Er war der schlimmste und gleichzeitig auch der tollste Mensch den ich kannte. Nicht selten trieb er mich mit seinem zweideutigem Denken , seinen Späßen und einfach mit seiner Art in den Wahnsinn. Ich finde ich hatte unglaubliches Glück, diesen Menschen zwei Jahre lang gekannt und geliebt haben zu können. Wir hatten gute und schlechte Tage . Alles in allem war er es, der immer alles perfekt gemacht hat; unsere Beziehung , die Dates. Er war ein unglaublich fanatischer Perfektionist. Manuel ich weiß , dass du noch da bist, mir aus dem Himmel zu siehst. Ich liebe dich und ich kann den Tag kaum erwarten , an dem wir uns wiedersehen. Bis dahin werde ich mich mit jeder kostbaren Sekunde Erinnerung an die Zeit mit dir trösten. Ich . Liebe . Dich."

Ich sehe nach vorn und sehe wie die Leute applaudieren. Es ist wie ein Rauschen in meinen Ohren. Nach meiner Rede halten noch 2 andere Leute eine Rede . Obwohl ich wahrscheinlich sollte, höre ich nicht zu. Irgendwann zupft mich jemand am Ärmel. Ashton.,, Er wird jetzt unter die Erde gebracht. " Ich nicke. Mir ist kalt. ,, Ich will das nicht sehen" Die Kälte nimmt zu. ,, okay" Ash bringt mich zu meiner Mutter. Sie nimmt mich in den Arm ,, Es ist ok mein Schatz" , sagt sie und umarmt mich . Wir verabschieden uns nicht und fahren einfach nach Hause . Wieder zieht die grüne Landschaft an mir vorbei, aber das einzige an das ich denke , ist: ich liebe dich Manuel.

Es ist halt wie es istWo Geschichten leben. Entdecke jetzt