Die Zeit verging schleppend. Außerdem habe ich noch nie so häufig nonverbal geflucht, wie in den Tagen nach dem Vorfall mit Shina. Ungefähr eine Woche war es her und meine Laune war seitdem dermaßen im Keller. Sie hatte mich nicht ein einziges Mal angesehen oder in irgendeiner anderen Weise gezeigt, das ich sichtbar für sie bin. Jedes Mal nach dem Literatur-Unterricht kam Rambo ins Klassenzimmer stolziert und holte das undankbare Mädchen ab, das ihn dann mit Bussi hier und Bussi da begrüßte. Mittlerweile hatte ich mir angewöhnt den Raum kurz nach dem Glockenschlag zu verlassen. Warum mich das Ganze so störte? Wahrscheinlich, weil ich dieses Mädchen, das ich in meinen Armen tröstete und mit zu mir nach Hause nahm.... irgendwie wirklich mochte. Des Weiteren konnte ich diesen muskulösen Lackaffen nicht ausstehen!
Ich war in meinem Stuhl etwas nach vorn gerutscht und schaute in mein Buch, während Herr Johnson voller Begeisterung begann unser neues Thema vorzustellen. „Dieses Mal werden wir uns mit einer Tragödie aus dem Jahre 1597 befassen! Hat jemand eine grobe Idee was es sein könnte?", ich spürte regelrecht wie er mich anschaute. „Keiner? Wie sieht es mit dir aus Kouta? Irgendeine Vermutung?" Ich hob langsam meinen Kopf und sah ihn an. „Vielleicht William Shakespeare... Romeo und Julia?", obwohl ich das eher fragte, war ich mir ziemlich sicher mit meiner Antwort. „Bingo! Unser nächstes größeres Projekt wird also Romeo und Julia sein. Die Geschichte eines Liebespaares, die zu verfeindeten Familien gehören und durch unglückliche Umstände durch Selbstmord zu Tode kommen.", fröhlich wühlte der aufgeregte Lehrer in seiner Tasche. Warum freut er sich denn so? Die Geschichte hat nichts Besonderes... und ist irgendwie deprimierend... Herr Johnson verteilte einige Unterlagen und ging dann zurück an sein Pult, auf das er sich mit beiden Händen abstützte. „Ich werde euch jetzt in Gruppen einteilen. Und jetzt will ich kein Gejammer hören! Ich bestimme wer zusammenarbeitet!", ein regelrechtes Murren ging durch die Reihen. Einige jammerten tatsächlich, andere wiederum hofften auf eine bestimmte Zusammensetzung. Mir war es ziemlich Schnuppe für wen ich letzten Endes die Arbeit machen musste. So oder so, es bleibt ja doch an mir hängen!
Unmotiviert blätterte ich durch die Unterlagen, die Herr Johnson auf meinen Tisch gelegt hatte. Meinen Kopf stütze ich auf meinem Handballen ab und überflog die Zeilen der Zusammenfassung. Wer mit wem in einer Gruppe war, bekam ich gar nicht mit. Ich will einfach nur, dass dieser Tag... die Woche... das Jahr... endlich vorbei ist. Dann bin ich weg hier und kann endlich das tun was ich will. Und überhaupt, könnte ich aufhören mir den Kopf über das Mädchen zu zerbrechen, das ich eh niemals für mich gewinnen werde. Meine Güte... bin ich negativ... Ich fuhr mir durch Haar und seufzte leise. Auf einmal nahm ich einen bekannten Geruch von Vanille wahr. Diese Tagträume müssen endlich aufhören... Mein Blick wanderte zur Seite und ich sah zwei zierliche Hände die einen Schreibblock festhielten. Langsam schweiften meine Augen den schlanken, mit einem karierten offenen Hemd über einem engen Trägertop bekleideten, Oberkörper hinauf, bis zu Shina's Augen die mich fragend anblinzelten. „Bist du taub? Wir sollen das Projekt zusammen machen.", stirnrunzelnd sah sie auf mich runter. Na wunderbar! Kein Traum... Die verdammte Wirklichkeit wirft mal wieder mit faulen Eiern nach mir! Ich glaube, ich hatte sie eine ganze Weile angestarrt, in der Hoffnung es sei doch ein Traum, als sie erneut etwas sagte: „Shouta... echt, wie sollen wir zusammen arbeiten, wenn du keinen Ton sagst?" Sie schaut mich ja gerade zu an als wüsste sie gar nicht wer ich bin. Und verdammt nochmal ich heiße... „Kouta!", unterbrach Herr Johnson mich in meinen Gedanken, „Alles in Ordnung? Gibt es ein Problem?" „Alles okay, es gibt kein Problem.", sagten Shina und ich im Einklang, woraufhin wir uns überrascht anschauten. Diesen irritierten Gesichtsausdruck sah ich bei ihr zum ersten Mal. „Dann ist ja gut", grinsend wendete unser Lehrer sich ab und ging zu den anderen Mitschülern. Shina war schon dabei sich einen Stuhl heran zuziehen, während ich noch da hinschaute wo sich eben noch unsere Blicke trafen. ,,Also gut, überlegen wir uns wie wir es angehen, okay?", sie rückte mit dem Stuhl ziemlich nah an mich heran und beugte sich leicht über die Unterlagen auf dem Tisch, was mich nicht gerade weniger nervös machte. Auf ihre Frage nickte ich kurz und entgegnete ihr mit einen knappen ,,Okay". Ernsthaft... ich weiß echt nicht ob ich sauer und froh darüber sein sollte, dass wir dieses Projekt zusammen machen. ,,Um so schneller und intensiver wir an dieser Aufgabe arbeiten, desto schneller sind wir damit fertig.", meinte sie ohne mich auch nur einmal anzusehen. Und desto schneller ist sie mich los... ,,Also was hälst du davon, wenn wir uns am Freitag nach der Schule treffen und das ausarbeiten, hm?", als ich das hörte verschluckte ich mich glatt beim Einatmen und hustete laut los. Ich wusste, dass mich gerade alle anglotzten, aber ich war viel mehr damit beschäftigt endlich wieder Luft zu bekommen. Die Frage von Herrn Johnson, ob alles okay bei mir sei, winkte ich mit einer Handbewegung ab. Sie will sich mit mir treffen? Nach der Schule? Sie will nicht das ich alles allein mache...sie will das wir es zusammen machen? Kann mich mal jemand zwicken? Als sich der Husten endlich gelegt hatte, spürte ich wie diese blau-grünen Augen mich anschauten. ,,Passt dir Freitag nicht?", ihr Blick wirkte allmählich genervt. ,,Doch... schon, aber ich muss bis 18:00 Uhr arbeiten.", ich konnte zwar nicht behaupten, dass ich das sonderlich selbstbewusst gesagt hatte, aber für den Anfang war das ganz annehmbar. ,,Hm... dann hat die Bibliothek schon zu. Dann komm ich einfach zu dir." Scheiße, was? ,,I-Ist gut." Was sag ich denn? Bin ich irre? ,,Perfekt! Also am Freitag.", die Schulglocke läutete im selben Moment, Shina stand auf und ging zurück auf ihren Platz, als wenn sie nur so darauf gewartet hätte mich endlich los zu sein. Verdammt, Kouta! Bist du jetzt vollkommen durchgeknallt? Weist du was du dir da antust? Ich musterte das strahlende Mädchen, während sie sich von den anderen verabschiedete. Das ist alles für das Projekt... Shina ging an meinem Tisch vorbei und ich konnte noch einmal ihren angenehmen Geruch wahrnehmen. Lüge! Scheiß auf das Projekt! Ich kann Zeit mit ihr verbringen. Meine Augen folgten ihrem wehenden Hemd und ich musste mich schlagartig daran erinnern, wie ich sie im Regen in meinen Armen hielt. Diese Gedanken und Gefühle wurden unterbrochen durch ein "Hey Brad". Genervt stöhnte ich auf. Da war ja was... dieser Typ der Brad heißt. Ja genau, Brad... sowie Brad Pitt, mit dem Unterschied das dieser Brad, der gerade mit Shina eng umschlungen den Raum verlässt, aussieht wie der mutierte Hulk in einem viel zu engen Slim-Tank Top und Goldkettchen. Ich kann diesen Kerl nicht ausstehen... absolut nicht.
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Seifenblasen-Traum
RomanceIn dem Moment als sie mich mit ihren von Tränen überfüllten Augen ansah, traf es mich mitten ins Herz. Ein Gefühl das ich nicht beschreiben kann. Sie sah mich... ich war nicht unsichtbar und sie war kein Traum. Ich spürte ihre kalten Hände, die in...