Als ich die Augen aufschlage, ist das Erste was ich sehe, der Himmel. Majestätisch, blau und unendlich schön erstreckt er sich über ganz Distrikt 11; ein Farbenspiel kündigt den Anbruch eines neuen Tages in Panem an. Mit einem leisen Gähnen setze ich mich auf und streiche mein Nachthemd glatt. Ich liebe es, dass mein Bett neben dem Fenster steht und dieses blaue Tuch das Erste ist, was ich morgens sehe. Verträumt strecke ich mich ausgiebig und hasche nach meinem Traum: dunkle Umrisse, verzerrte Gestalten, die vor meinem inneren Auge umherzucken. Die Visage eines Engels, ein sanfter Schimmer der ihn von der Masse abhebt, ihn besonders macht. Er breitet seine Flügel aus, doch sie sind federlos, sind aus dem fließenden blau des Himmels gemacht. Nun fliegt er los, fliegt einen Kreis, einen Stern und schließlich eine erfundene Form... In diese Parallelwelt vertieft, lasse ich den Blick durch den Rest des Zimmers schweifen, doch als mein Blick an dem einzigen Stuhl im Zimmer hängen bleibt, werde ich hart in die Wirklichkeit zurückgeschleudert. Das Kleid, dass über der Stuhllehne liegt, aus einem Stoff, der den Engelsschwingen aus meinem Traum bis auf die letzte Faser gleicht, kann nur bedeuten dass das meistgefürchtete Ereignis des Jahres eingetreten ist: Heute ist der Tag der 33. Hungerspiele! Sofort durchfährt die nackte Panik meinen Körper. Ich wusste schon immer wie grausam diese Spiele sind, doch als ich mit zehn Jahren meine Schwester in der Arena verlor musste ich feststellen, dass meine Gefühle in jenem Moment, alles bisher gekannte in den Schatten stellten. Inzwischen bin ich dreizehn und damit alt genug, um selber in die Arena zu müssen. Mir ist klar, wie gering mein Risiko gezogen zu werden ist, aber das meiner Schwester war es auch und trotzdem ist sie in den Spielen umgekommen. In ihren Spielen. Seufzend verdränge ich den Gedanken aus meinem Kopf und stehe auf um mich dem neuen Tag entgegenzustellen. Ich ziehe mich schnell an, schnappe mir das Geld das wir monatelang gespart haben, um uns heute ein vernünftiges Frühstück leisten zu können und laufe zum Bäcker um zwei Brötchen zu kaufen, einen Luxus, in dessen Genuss wir sonst nur an Weihnachten kommen. Der Bäcker ist heute sehr sentimental, er wünscht mir sogar Glück! "Werde ich brauchen", murmle ich leise und mache mich auf den Heimweg, mitten durch den Distrikt und vorbei an den Obstgärten, an all den sonst überfüllten Plätzen, die heute volkommen ruhig und verlassen daliegen. Zuhause angekommen lege ich die Brötchentüte auf den Tisch, dann gehe ich in mein Zimmer um mich "Erntefein" zu machen. Ich streife mir das Kleid über den Kopf, flechte mir die Haare an der Kopfhaut und betrachte mich in meinem alten, zerbrochenen Spiegel. Das Mädchen, das mich hinter einer feinen Staubschicht annstarrt, wirkt zerbrechlich und dürr, doch ich schätze das dies nun einmal zum Leben in den äußeren Distrikten dazugehört. Sanft streiche ich den Stoff meines Kleides glatt, da ruft mich meine, inzwischen anscheinend aufgewachte Mutter bereits zum Frühstück. Schweigend machen wir uns über die Brötchen her. Eigentlich würden wir uns nun unterhalten, lachen oder Witze reißen, doch heute hat sich ein geistierhaftes Schweigen breit gemacht, über und und über dem ganzen Distrikt. Schnell trinke ich noch mein Glas mit Milch aus und schlüpfe in Mutters alte, weiße Riemchenschuhe und dann ist es auch schon so weit: Der Moment der Ernte ist gekommen. Meine Mutter und ich gehen gemeinsam zum Marktplatz, danach trennen sich unsere Wege: Nachdem sie kurz meine Hand gedrückt hat, begibt sie sich in Richtung des Zuschauerbereiches, während ich mich in die Schlange stelle, um regrestriert zu werden. "Sky Byrd, 13 Jahre" sage ich und presse meinen blutenden Finger auf ein Blatt Papier, anschließend geselle ich mich zu den anderen Dreizehnjährigen. Um mich nicht dem unvermeidbaren widmen zu müssen, schaue ich mich auf dem Platz um und mal wieder wird mir schlagartig klar, wie deplatziert ich unter all den Bewohnern unseres Distriktes, meinen Nachbarn, Freunden, Feinden und Bekannten doch wirke: Mein Vater war zwar von hier, doch ich habe die helle Haut meiner Mutter geerbt und wenn man bedenkt, das meine brustlangen Haare ironischerweise dazu noch blond sind, könnte man mich als Unbekannter für eine Besucherin aus Distrikt 1 halten. Auf einmal ertönt eine zarte Melodie auf dem Platz, schwillt an und verkündet damit den Beginn des meistgefürchteten Ereignis des Jahres. Den Anfang vom Ende. Saphira, unsere Betreuerin betritt die Bühne, gefolgt vom Bürgermeister und unseren einzigen zwei Siegern. Zwei Sieger. Zwei mickrige Siege in 32 Hungerspielen. Und zweiundsechzig Tote. Zweiundsechzig schlichte, graue Grabsteine auf dem Friedhof. Zweiundsechzig Familien, die sich wahrscheinlich nie wieder von diesem unglaublichen Verlust erholen werden... "Wilkommen, wilkommen", Saphiras Stimme reißt uns alle schlagartig aus unseren Gedanken; Ruhe kehrt auf dem Platz ein. Zufrieden beginnt Saphira ihre Rede, wie in jedem Jahr wird ein Film abgespielt. Ich achte schon gar nicht mehr auf ihn, es ist jedes Jahr der Gleiche. Die Zeit verfliegt, schon alzu bald wünscht Saphira uns viel Glück: jeder einzelne der Anwesenden weiß, was das bedeutet. Die Ziehung der Tribute beginnt. Im Gegensatz zu den anderen Betreuern zieht Saphira immer zuerst denn Jungen, weshalb sie sich jetzt zur Kugel mit den Jungennamen begibt. Es ist still auf dem Platz, die Anspannung ist kaum auszuhalten. Nachdem Saphira ein wenig in der gläsernen Kugel herumgewühlt hat, zieht sie schließlich einen Zettel und liest den Namen laut vor: Will Evenwhits. Erleichtertes Seufzen von allen Seiten, ein schriller Schrei bahnt sich seinen Weg aus dem Zuschauerberreich. Ein etwa 15-jähriger Junge löst sich aus der Menge und besteigt das Podest. Seine Miene ist ausdruckslos, sein Blick ist beschwörend auf einen Punkt im Publikum gerrichtet. Wie erwartet meldet sich niemand freiwillig für ihn. Ohne weitere Show geht Saphira schließlich zu der Kugel mit den Mädchennamen hinüber und erneut habe ich das Gefühl, die Anspannung mit Händen greifen zu können. Sie lässt ihre Hand kreisen und schnappt sich schließlich einen Zettel von ganz oben. Totenstille. Die Spannung ist kaum auszuhalten. Betont langsam faltet sie ihn auseinander und verließt den Namen:
Sky Byrd
Ich wusste es.
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Die Tribute von Panem - Unvergessen
Fanfiction》24 Tribute und eine Arena. 23 Tote und ein Überlebender. Und dieser Überlebende werde definitiv nicht ich sein.《 Als die dreizehnjährige Sky Byrd für die 33. Hungerspiele gezogen wird, ist ihr sofort klar, dass sie keine Chance hat diese zu übe...