"Sky", Saphiras Stimme ertönt in meinem Traum. Nach einiger Zeit realisiere ich, dass dies nicht das Werk meines Unterbewusstseins ist, sondern das sie wirklich vor meiner Zimmertür steht, das es Zeit ist aufzustehen und dem neuen Tag entgegen zu treten. Ich stehe auf, gehe ins Bad und spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht. Zurück im Zimmer fällt mein Blick auf die Kleidung die über der Stuhllehne hängt. Sie vertreibt die letzten Fetzen meines Traumes aus meinem Kopf und erinnert mich daran was heute für ein Tag ist: Heute ist das Einzeltraining. Was soll ich ihnen nur zeigen? Was soll ich denen Zeigen, die für meinen Tod verantwortlich sein könnten? Letztendlich ist es ja doch egal, die Leute interessieren sich meistens eh nicht für die äußeren Distrikte. "Es ist nur eine Zahl", versuche ich mich selbst aufzubauen, "Nur eine Zahl". Ich schlüpfe in meine Kleidung und mache mich, mein neues Mantra leise vor mich hin murmelnt, auf den Weg zum Frühstück. Die Erwachsenen sitzen bereits am Tisch, Saphira mit einem breiten lächeln, Hale und Daphne mit übermüdeten Mienen. "Guten Morgen", sage ich und versuche meiner Stimme einen optimistischen Klang zu geben. Dann nehme ich mir ein leicht grünlich aussehendes Brötchen und beiße hinein. Es schmeckt salzig und ich vermute das es aus Distrikt 4 stammt. Genüsslich kauend schaue ich in die Runde und bemerke das Will fehlt. Ob er noch schläft? Ich bezweifle es, in 10 Minuten beginnt ja schon das Einzeltraining. "Wo ist Will?", durchbreche ich die Stille die heute am Frühstückstisch herrscht. "Er war schon vor ein paar Stunden hier", schmatzt Hale, "sah noch vollkommen Müde aus. Ich frage mich warum er dann so früh aufsteht.". Ich mich auch. Es gibt nur einen vernünftigen Grund warum er so etwas tun sollte: Er will mir aus dem Weg gehen. Aber warum sollte er das wollen? Es ist besser so, werde ich von einer Stimme in meinem Unterbewusstsein unterbrochen, er ist ein Gegner. Es ist hart, aber es ist wahr. Wir sind Gegner. Wir waren es von Anfang an.
"Ihr schafft das", flötet Saphira während sie uns in den Aufzug schiebt. Sie strahlt uns noch einmal optimistisch an, dann setzt sich der Aufzug in Bewegung und wir fahren schweigend nach unten. Ich vermeide es, Will anzusehen und er macht das selbe mit mir. Unten angekommen steigen wir aus und gelangen zu einem kleinen Raum mit vielen Sitzmöglichkeiten, in dem Bereits schon die anderen Tribute warten. Ich habe mich gerade auf einem Sofa in der hintersten Ecke das Raumes niedergelassen, da ertönt auch schon eine monotone Stimme, die den Jungen aus 1 zum Einzeltraining aufruft, der daraufhin noch einmal gefährlich in die Runde blickt und aus dem Raum geht. Ich kann nicht anders als im nachzustarren und mir zu wünschen, den Spielemachern ebenfalls so zuversichtlich engegentreten zu können. Mit jedem Namen der aufgerufen wird, werde ich nervöser und als schließlich das Mädchen aus 7 durch die Tür verschwindet, halte ich es nicht mehr aus und beginne nervös im Raum auf und ab zu tiegern. Zwar werde ich von einigen der verbleibenden Tribute komisch angesehen, aber letztendlich kann es mir keiner von ihnen verübeln. Der Raum leert sich stetig und schon bald stelle ich erschrocken fest, das wir nur noch zu viert sind. "Will Evenwhits, Distrikt 11", ertönt erneut die Stimme aus den Lautsprechern. Will steht auf, den ausdruckslosen Blick starr nach vorne gerichtet, und verlässt den Raum. Ich bin die nächste, schießt es mir durch den Kopf. Erschöpft vom vielen laufen lasse ich mich auf eines der Sofa sinken und beobachte die Tribute aus 12, die gerade eine angeregte Unterhaltung zu führen scheinen. Ich vermute das sie sich streiten, da beide wild mit den Händen gestikulieren und das Gesicht des Jungen rot angelaufen ist. Ich kann sie gut verstehen, denn je näher der Tag in dem wir in die Arena müssen rückt, desto angespannter werden wir Tribute, weshalb aus kleinen Meinungsverschiedenheiten oft ein großer Streit wird. Gerade als das Mädchen aufsteht, sich die Haare zurückwirft und davon stolziert, ertönt die monotone Stimme erneut: "Sky Byrd, Distrikt 11". Langsam erhebe ich mich um durch die Tür zu gehen und die Trainingshallle zu betreten. Ich lasse meinen Blick flüchtig durch den Raum huschen um sicher zu gehen, das sich nichts verändert hat bevor ich vor die Spielemacher trete um meinen Namen und mein Distrikt zu nennen. Die Spielemacher sind größtenteils damit beschäftigt sich an einem Büffet zu bedienen, das neben ihnen aufgebaut ist, einer jedoch betrachtet mit belustigtem Ausdruck im Gesicht wie ich mich verzweifelt im Raum umgucke, auf der Suche nach etwas was ich vorführen könnte. Ich halte inne um ihn entgeistert anzustarren: Hat er den selben Ausdruck im Gesicht wenn er eine Falle auslöst, die den Tod eines weiteren Tributes bedeutet? Der Gedanke daran löst etwas in mir aus, die Wut die ich bei der Ernte gefühlt habe, den Wunsch ihnen zu zeigen, das sie mich nicht in der Hand haben. Und da blitzt ein Gedanke in meinem Kopf auf und plötzlich weiß ich was ich zu tun habe. Ich laufe zur Tarnstation, schnappe mir so viel Farbe wie ich tragen kann und renne damit zu einem der naheliegenden Plastikbäume, an den ich das Symbol des Kapitols zeichne. Kurz nehme ich mir Zeit mein Werk zu betrachten, dann laufe ich weiter zur Bogenschießstation, wo ich schlitternd stehen bleibe um mir Pfeil Bogen zu schnappen, befor ich schließlich an der Feuerstation ankomme. Nachdem es mir gelungen ist ein Feuer zu entfachen, ziehe ich einen Pfeil aus dem Köcher um zum schwierigen Teil überzugehen; jetzt muss es schnell gehen. Ich werfe den Spielemachern, die inzwischen alle interresiert zu mir herunterschauen, noch einen flüchtigen Blick zu, um mich in meinem Vorhaben zu stärken, dann setze ich den Pfeil in Flammen. Noch während ich aufspringe und mich dem Baum zuwende, lege ich zittrig den Pfeil ein, der in ein paar Sekunden entgültig von den Flammen verschlungen sein wird. Ich zwinge mich nicht an die Flammen, die wenige Zentimeter neben meiner Hand lodern, zu denken und vernünftig zu zielen, doch gerade als ich den Punkt gefunden habe, durchzuckt ein unvorstellbarer Schmerz meine Hand und lässt mich unwillkürlich aufschreien. Vor Schreck lasse ich den gespannten Bogen los und der Pfeil fliegt unkontrolliert auf den Baum zu, der sofort in Flammen aufgeht. Auf der Tribüne bricht das Chaos aus; Leute schreien und Spielemacher springen hinab um den Baum zu löschen. Zwischen all den schreienden Leuten stürme ich aus dem Raum, meine verbrannte Hand fest an den kühlen Stoff meiner Trainingskleidung gepresst. Verzweifelt reiße ich jede Tür im Korridor auf, doch es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis ich endlich das ersehnte Badezimmer gefunden habe. Ein erleichterter Seufzer entfährt mir als das kühle Wasser über meine Hand strömt. Nach ein paar Minuten zwinge ich mich jedoch sie aus dem Wasser zu nehmen, um sie einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Ein kleiner Schreckenslaut verlässt meinen Mund: Obwohl die Flammen meine Hand nur kurz gestreift haben, ist sie übel zugerichtet und während ich meine Hand ungläubig anstarre, kehrt auch der Schmerz zurück, den das Wasser in den letzten Minuten so wunderbar zu verlindern mochte. Mit einem hoffnungslosen Stöhnen sinke ich zu Boden, als mir klar wird, das dieser Schmerz nur ein Vorgeschmack darauf ist, was mich nach dieser Aktion in der Arena erwartet.
Ich liege auf meinem Bett und starre an die Decke, während vor meinem Fenster die Sonne hinter den Dächern des Kapitols verschwindet. Nachdem ich das Badezimmer schließlich verlassen habe, habe ich mich sofort auf die Suche nach einem Avox begeben und bin schließlich auch fündig geworden. Nachdem er meine Wunde desinfiziert und verbunden hat, bin ich sofort auf mein Zimmer gestürmt, wo ich mich dann aufs Bett geworfen habe.
Danach habe ich darauf gewartet, das mich das Gefühl der Reue überkommt. Vergeblich. Im Gegenteil, stattdessen ist ein Plan in meinem Kopf herangereift, etwas an das ich mich klammern kann, wenn mir in der Arena alles verloren geht. Ich möchte dem Kapitol zeigen das sie mich nicht besitzen, das ich mehr als nur eine Figur in ihren Spielen bin. Ich will den Distrikten zeigen, das sie sich all diese Grausamkeiten nicht gefallen lassen sollen. Und ich weiß um dies zu bewältigen muss ich ein Zeichen setzen: Ich muss unvergessen bleiben. Mit dem tröstenden Gefühl, irgendetwas gegen das Kapitol tun zu können und dem schwindenden Schmerz in meiner Hand drehe ich mich auf den Rücken und schließe die Augen.Ich weiß nicht genau wie lange ich so dalag, aber nach einiger Zeit werde ich vom Hunger überwältigt, weshalb ich beschließe, dass es Zeit zum Abendessen ist. Als ich das Esszimmer betrete, ist mein Team schon in die Mahlzeit vertieft, sogar Will ist anwesend. Darauf bedacht ihn zu ignorieren, setze ich mich und beginne ebenfalls mit dem Essen, ohne die Stille, die seit heute morgen über dem Tisch liegt, überhaupt zu bemerken. Wir alle schrecken hoch, als Saphira schließlich darauf hinweist, das es Zeit ist, sich die Wertungen anzusehen. Wiederwillig stehe ich auf, folge den anderen ins Wohnzimmer und beobachte immernoch stumm wie der Fernsehr anspringt. Caeser Flickermann erscheint auf dem Bildschirm und strahlt uns unsicher zu, nach dem überraschenden Tod von Filius Latswick wird er nun die Hungerspiele moderieren. Ohne lange Vorreden beginnt er die Punktzahlen zu verlesen: Die Karrieros haben alle eine 8, Marina und der Junge aus zwei sogar eine 9 und obwohl ich weiß das es falsch ist, komme ich nicht drumherum mich für Marina zu freuen. Die darauffolgenden Tribute bekommen in der Regel alle eine niedrige Punktzahl, doch das Mädchen aus 8 überrascht alle mit einer 7 und der Junge aus 9 schafft sogar eine 8. Nachdem das Mädchen aus 10 eine 4 erhalten hat, erscheint auch schon Will auf dem Bildschirm und nachdem Caeser einige Kommentare abgelassen hat, flammt über ihm eine 8 auf. Augenblicklich bricht Tumult in unserer kleinen Wohnung aus; alle sind so beschäftigt ihm zu gratulieren und ihm auf den Rücken zu klopfen, das kaum einer bemerkt wie sein Gesicht auf dem Bildschirm durch meines ersetzt wird. Eine Sekunde lang starre ich mich selbst an, reglos und starr auf dem Bildschirm gefangen, dann flammt eine 7 über meinem Kopf auf. Alle halten kurz inne um mich ungläubig anzustarren und für einen Moment habe ich das Gefühl, in der Zeit stehen geblieben zu sein, dann bricht das Chaos aus glücklichen und feiernden Leuten erneut aus. Irgendwo im Hinterkopf ist mir klar, das ich um den Schein zu wahren, jetzt aufstehen und mit ihnen anstoßen sollte, doch ich kann nur daran denken, das es einen Haken an der Sache geben muss. Du hast eine Massenpanik ausgelöst und ihre Trainingshallle angezündet. Sie wollen dich tot sehen. Sie müssen dich tot sehen wollen, schießt es mir durch den Kopf und auf einmal beginnen sich die verschiedenen Teile in meinem Kopf zusammen zu setzen, bis es mir wie Schuppen von den Augen fällt: das Kapitol ist genial. Sieben ist die schlimmste Punktzahl, die man überhaupt erhalten kann, da sie zu niedrig ist um Sponsoren anzulocken, jedoch hoch genug, um die Karrieros auf mich aufmerksam zu machen und wenn man bedenkt das ich ihnen auch noch den Ruhm bei der Eröffnungsfeier gestohlen habe, werde ich bestimmt ganz oben auf ihrer Liste stehen. In meinem Kopf beginnen sich tausende Szenen meines Todes abzuspielen, ich werde von Mutationen zerrissen, von Beeren vetgiftet und von den Karrieros gequält und umgebracht. Während ich verzweifelt versuche diese Vorstellung aus meinem Kopf zu verbannen, überkommt mich die heftigsten Reue die ich je verspürt habe. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ich wünschte das Geschehen rückgängig machen zu können, doch jetzt ist es zu spät: Ich habe ihnen den Kampf angesagt. Und sie haben ihn angenommen.
_______________________________________
Hallo ihr Lesesüchtigen!
Jap, ich bin wieder zurück, mit einem langen Kapitel (1956 Wörter!!!) und einer langweiligen Author's note im Gepäck. Ich habe lange überlegt ob ich dieses Kapitel überhaupt veröffentlichen soll, weshalb es mir besonders viel bedeuten würde, wenn ihr mir eure Meinung zu diesem Kapitel mitteilen könntet :). Und außerdem muss ich euch einen riesigen Dank aussprechen: Im letzten "Kapitel" habe ich mich für die 1K Reads bedankt, doch inzwischen sind diese schon auf unfassbare 1,84 K gestiegen!!! Leute... ihr seid echt die besten♡♡♡.Bleibt Lesesüchtig!
Panemgirl_2003
DU LIEST GERADE
Die Tribute von Panem - Unvergessen
Hayran Kurgu》24 Tribute und eine Arena. 23 Tote und ein Überlebender. Und dieser Überlebende werde definitiv nicht ich sein.《 Als die dreizehnjährige Sky Byrd für die 33. Hungerspiele gezogen wird, ist ihr sofort klar, dass sie keine Chance hat diese zu übe...