Götter der Schlacht

In all den Jahren, in denen er Dienst in der Garde tat, war er auf einigen Schlachtfeldern gewesen und war auf fast genau so vielen Planeten gewesen. Aber nie würde er sich daran gewöhnen. Seine Heimat war dem heiligen Terra ähnlich, sagte man sich. Dem Terra vor den großen Kriegen, die die Ozeane verdampften, lange vor dem Imperator, der die Scherben jener alten Welt einte und zu dem Imperium der Menschheit formte. Grixus 4 war ein Planet mit drei großen Kontinenten, die von gewaltigen Wassermassen umspült werden. Mit blauem Himmel, goldenen Feldern und grünbraunen Wäldern. Und nun war er hier, auf einem Planeten mit violettem Himmel, säurehaltigen Ozeanen und aschgrauer Vegetation. Die Luft war für Menschen zwar nicht tödlich, aber sie war von schwerer Industrie verseucht und somit wenig bekömmlich. Also trug er seit Wochen eine Sauerstoffmaske. Sie juckte entsetzlich und es kostete ihn das letzte bißchen Konzentration, nicht wahnsinnig zu werden. Vor einer Woche war er mit seiner 20 Mann starken Einheit zu einer Kommandomission aufgebrochen. Mühsam hatten sie sich am Feind vorbei gestohlen, aufgeteilt in 4 Trupps à 5 Mann. Sie sollten bis ins Herz der feindlichen Basis vordringen und dort den erbeuteten Raumhafen zerstören, um den Orks so die Nachschubversorgung abzuschneiden oder zumindestens zu erschweren. Soweit der Plan.
Das Problem an Plänen war meist nur, daß sie von Personen gemacht wurden, die nur selten Fronterfahrung besaßen und somit in der Theorie und bei der Besprechung gut klangen, aber für Männer wie Victor Serinkow Gefahren und Probleme bargen, die so niemals eingeplant waren.
Und jetzt saß er hier mit vier Mann in der Deckung eines Schutthaufens, der früher einmal ein Teil eines Habblocks gewesen war. Auf der Datentafel hatte er eine Karte des Stadtkerns aufgerufen und überprüfte ihre Position. "Verdammt, wir sind zu weit südlich!" Victor schloss die Datentafel und verstaute sie in einer Tasche am Gürtel. Mit knappen Zeichen gab er seinen Männern Befehl, weiter vorzurücken. Bisher waren sie jedem Scharmützel erfolgreich aus dem Weg gegangen, was zum Teil auch daran lag, daß die Orks ihre Kampfverbände an der Frontlinie zusammen gezogen hatten. Tief geduckt huschten die fünf Männer durch die verwüsteten Straßen. Eingestürzte Wände, tiefe Bombenkrater oder die ausgebrannten Wracks von Kampfpanzern oder Chimären-Truppentransportern lieferten reichlich Deckung. Victor hoffte inständig, daß auch die anderen Trupps so gut vorankamen. Aber es wurde vor dem Abmarsch absolute Voxstille befohlen, das Risiko, daß man das Signal anpeilen könnte, war zu groß! Man war versucht, die Orks für wilde Bestien zu halten, was für manche sicher auch zutraf, aber die Grünhäute waren gerissener als man es ihnen zutraute.
Vorsichtig spähte er um das ausgebrannte Wrack eines LemanRuss-Panzers als er im Augenwinkel ein Handzeichen von Bragg, seinem Spezialisten für schwere Waffen aller Art, sah. Sofort warf er sich auf den Bauch und verharrte ohne zu atmen. Bragg war zwar ein Hüne von einem Mann, aber jetzt schien er förmlich mit der Umgebung zu verschmelzen. Victor glaubte fast schon Bragg hätte sich getäuscht, als aus einem halb eingestürzten Hab eine Gruppe von Orks gestolpert kam. Sie grölten und grunzten in ihrer gutturalen Sprache. Noch hatten sie die fünf Menschen nicht bemerkt. In Victors Schädel rasten die Gedanken. Drei große Orks, bewaffnet, ein schnelles Ausschalten war nicht möglich, dazu waren die Schweine zu zäh. Flucht war auch nicht möglich, dazu waren sie schon viel zu nahe. Dann musste es wohl auf die hässliche Art gemacht werden. Vorsichtig gab er Handzeichen an seine Männer, auf sein Signal sollte es losgehen. Die Orks kamen näher. Nur noch ein paar Schritte.
Jetzt. Das typische 'Krachzisch' der Lasergewehre wirkte erschreckend laut in Victors Ohren. Fünf Laserstrahlen schnitten durch die Gruppe Orks. Obwohl die Schüsse perfekt platziert waren, ging nur ein Ork grunzend zu Boden. Die anderen sprengten auseinander und warfen sich in Deckung. Die beiden Grünhäute bellten und grunzten und erwiderten das Feuer mit ihren ungeschlachten und furchtbar lauten Waffen. Victor rollte hinter den LemanRuss und kam auf die Beine, auch seine Männer wechselten ihre Position. Einer der Orks sprang aus seiner Deckung und gab Dauerfeuer. Alle zogen das Genick ein und warteten den tödlichen Kugelhagel ab. Da durchzuckte es Victor wie ein Blitz. Durch ein Loch im Panzerwrack konnte er gerade noch sehen wie die zweite Grünhaut davonrannte. Er pfiff durch die Zähne und gab zweien seiner Männer Handzeichen. Als der Ork das Sperrfeuer einstellen musste, um nachzuladen, waren zwei Gardisten schon dem Flüchtigen auf den Fersen.
Victor gab Bragg ein Zeichen und dieser zog zwei Granaten aus dem Spender, an seinem Gürtel. Sein Blick sprach Bände, aber es war egal ob man sie hörte. Wenn sie das hier schnell beendeten, waren sie weg bevor die Verstärkung der Invasoren eintraf. Bragg warf die erste Granate. Der Ork erkannte was da vor ihm lag und rannte los. Victor wirbelte um die Ecke des Panzers und gab eine Salve auf die Beine des Flüchtenden ab. Grunzend ging er zu Boden. Bragg warf die zweite Granate. Die beiden krachenden Explosionen beendeten das Gefecht.
"Los, los, los! Wir müssen weiter bevor es hier vor den stinkenden Biestern nur so wimmelt" seine Stimme kam dumpf unter der Maske hervor. Im Laufschritt eilten sie weiter. Aus einiger Entfernung waren die ersten Orkstimmen zu hören. Ein paar Straßen später kamen ihnen die beiden Männer seines Trupps entgegen. "Habt ihr ihn erwischt?" Victor hielt nicht an, als er die Frage stellte. "Ja, aber er wäre uns beinahe entwischt. Ich befürchte aber er konnte seine Artgenossen verständigen!" Micael war ein drahtiger junger Bursche, keine 23 und einer der fähigsten Sprengstoffspezialisten in seiner Einheit. "Verdammt! Wir müssen uns beeilen, sonst kesseln Sie uns ein." Im Rennen zog er die Datentafel aus der Tasche und überprüfte ihre Position. Etwa eine Meile trennte sie noch von ihrem Treffpunkt. Als sie acht oder neun Straßen hinter sich gebracht hatten, ließ Victor seine Männer in einem verlassenen Hab verschnaufen. "In einer halben Meile erreichen wir unseren Rendezvouspunkt. Von dort greifen wir die Primärziele an. Wenn wir das erledigt haben, stiften wir auf dem Rückweg soviel Chaos wie nur irgend möglich. Ihr kennt alle unseren Evakuierungspunkt?"
Alle antworteten mit einem knappen Nicken."Gut, meine Herren, ab hier wird es ein heißer Tanz. Für die Garde!" "Für Stroikows Marodeure!" Kam die geschlossene Antwort.