Die Brücke

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Die Straßen durch die ich rannte waren dunkel und nur von ein paar Straßenlaternen beleuchtet. Ich bog nach links ab, in Richtung Rhein. Ja ich wollte mich von der Brücke stürzen. Mein Leben hatte keinen Sinn mehr, seit mein bester Freund eine Woche zuvor an einem Autounfall ums Leben kam. Alle Anderen Menschen hatten mich immer wieder verletzt und im Stich gelassen. Und ich wollte nicht alleine sein. Deshalb wollte ich es in dieser Nacht beenden. Nach ein paar Minuten war ich angekommen. Ich lief bis zur Mitte der Brücke. Plötzlich fiel mir eine dunkle Gestalt auf die auf dem Brückengeländer saß. Ich beobachtete die Person dabei wie sie endgültig darüber kletterte. Man erkannte an seinem Körperbau, dass es ein Mann war. Ich lief schneller und rufe: "Warte noch kurz!" "Was willst du? Versuch nicht mich aufzuhalten. Ich habe meine Gründe." Entgegnete mir eine sehr basslastige Stimme. "Ich will dich nicht aufhalten, ich bin auch gekommen um zu springen. Lass es uns gemeinsam tun. Zusammen ist man weniger allein.", keuchte ich außer Atem. "Na gut, dann komm her." Ich kletterte über das Geländer und stellte mich vor. "Mein Name ist Ardian, Ardian Bora. Aber mir ist Ardy lieber." Der Fremde lächelte und antwortete: "Ich bin Thaddeus Tjarks, aber nenn mich Taddl." "Wollen wir noch ein bisschen reden bevor wir springen?", fragte ich unsicher. Ich musste ihm einfach noch alle meine Sorgen erzählen, vielleicht beruhte das ja auf Gegenseitigkeit. "Klar. Also Ardy, warum willst du dich umbringen?" Fragte ernst und interessiert. Wir setzten uns zurück auf dass Geländer. Ich begann zu erzählen. Er unterbrach mich kein einziges Mal und als ich geendet hatte, nahm er mich in den Arm. Ich war so überrascht, dass ich wie versteinert da saß. Er gab mich wieder frei und sah mich entschuldigend an. "Sorry, aber du tatest mir so unglaublich leid." "Kein Ding ich hab mich nur gewundert, ich meine du kennst mich kaum und umarmst mich einfach so. Warum willst du deinem Leben ein Ende setzen? So ein netter Mensch wie du muss dich viele Freunde haben und sehr beliebt sein." "Genau das ist mein Problem. Ich habe keine richtigen Freunde, alle sind nur wegen des vielen Geldes, von meiner Familie, nett zu mir. Sie hoffen auch etwas ab zu bekommen. Ich kann mich auf niemanden verlassen und deshalb habe ich keine Lust mehr zu leben. Es würde sich sowieso niemand darum scheren und wenn sie wüssten das ich auch noch bi bin dann würden meine Eltern mich wahrscheinlich sogar rauswerfen." Jetzt war ich es, der Taddl umarmte. "Weißt du was? Lass uns doch nicht springen, sondern zusammen abhauen, ich brauche dich und du mich. Ich bin nicht hinter deinem Geld her und bin selbst bi und ich glaube du kannst mir als Freund zur Seite stehen." "Vielleicht hast du Recht. Lass uns unsere liebsten Sachen holen und dann sofort verschwinden." meinte er "Gut. Morgen um die selbe Uhrzeit wieder hier?" Wollte ich wissen. "Ja, bis dann." "Bis dann." "Warte."er drehte sich noch einmal um "Was gibt's?"fragte ich. Er kam auch mich zu und umarmte mich kurz. In diesem Moment spürte ich seine Wärme und ein kribbelndes Gefühl machte sich in mir breit. Wir sahen uns in die Augen. Eisblau traf auf Waldgrün. "Glaubst du an Liebe auf den ersten Blick?" Fragte er unsicher. Ich nickte nur, da ich keine Antwort zu Stande brachte, weil ich mich in seinen wundervollen Augen verloren hatte. Er kam mir immer näher und legte letztendlich seine weichen warmen Lippen auf meine Kalten. Ich erwiderte mit geschlossenen Augen und nach viel zu kurzer Zeit lösten wir uns. "Bis Morgen, Ardymon." hauchte er sanft und ich konnte seinen Atem auf meinen nun warmen Lippen spüren. "Bis Morgen, Tuddli."

Dieses Erlebnis ist nun schon ein Jahr her. Inzwischen wohnen Taddl und ich in Bayern in einem schönen kleinen Haus. Heute ist unser Jahrestag. Wir liegen gerade im Bett. Plötzlich bewegt sich mein Schatz unter mir. Sanft hebt er mich von seinem warmen Oberkörper herunter. Ich stelle mich schlafend und höre wie er sich leise aus dem Zimmer schleicht um mich nicht zu wecken. Ich stehe auf als ich ihn aus dem Bad kommen höre. Er geht nun in die Küche, wahrscheinlich um Frühstück zu machen. Währenddessen schlüpfe ich unter die Dusche und style dann meine Haare. Als ich angezogen bin schleiche ich in die Küche und lege meine Arme von hinten um meinen Freund. Er zuckt zusammen und lässt beinahe die Pfanne in der er Bacon macht, fallen. "Erschreck mich doch nicht so, Dummkopf!" Höre ich auch schon seine gespielt aufgebrachte Stimme. Ich ignoriere es und erwidere stattdessen: "Dir auch einen schönen Jahrestag." "Setz dich ich muss dir was erzählen." Gehorsam gehe ich zum Esstisch. Er stellt die Pfanne zwischen uns und wir beginnen zu essen. "Zur Feier des Tages habe ich mir was ganz besonderes ausgedacht. Du weißt ja, das wir beide vor einem Jahr gemeinsam von der Brücke springen wollten." "Ja?" "Und da dachte ich mir das wir das ja heute nachholen könnten." "Bist du verrückt? Ich will dich doch behalten!" rufe ich entgeistert. Er beginnt zu lachen. "Was ist denn daran jetzt so lustig?" "Ich dachte eher an Bungiejumpen." Lacht er und hält sich vor Lachen den Bauch. Jetzt verstehe ich. Ich springe auf und falle ihm um den Hals. "Das ist die beste Idee die jemals jemand hatte."

Wenig später sind wir auch schon da. Die Brücke ist ziemlich hoch und der Guide erwartet uns schon. Wir steigen in die Sicherheitsgurte und er befestigt uns beide aneinander. "Wir springen zusammen?", frage ich erstaunt "Ja klar." Taddl lächelt mich an "Und wenn das Seil reißt?" "Tut es schon nicht, keine Angst." Er grinst erneut und küsst mich. Nun stehen wir vor dem Abgrund und wir stoßen uns ab und fallen. Das Adrenalin durchfließt meine Adern. Ich schreie laut und Taddl sieht mich lachend an. Dann beugt er sich noch näher zu mir und flüstert mit dieser wunderschönen tiefen Stimme: "Willst du mich heiraten?" "Ja, natürlich!" Schreie ich laut und küsse ihn.

The End.

Tardy OS SammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt