Mal ganz was anderes

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Was für eine Hitze! Die Luft über der Falkensteiner Landstraße flirrte. An der Busstation suchte ein dicker Hund Schutz im Schatten und hechelte laut. Er gehörte dem Besitzer der Imbissbude am Straßenrand, der geduldig auf Kunden wartete. Aber die beiden Jungs vor ihm daddelten nur auf ihren Handsy herum und hatten überhaupt kein Auge für seine Bratwürste.
Tina Martin, die in einiger Entfernung wartete, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Neben ihr standen die gesattelten Pferde Amadeus und Sabrina, denen sie aus einem Wasserbeutel zu trinken gab. Echt kaum auszuhalten diese Hitze, und der blöde Bus hatte auch noch Verspätung!
Da hörte Tina plötzlich ein Pfeifen. Verwundert blickte sie nach oben. Ein Vogel? Dafür klang es ziemlich ungewöhnlich. Nein, erkannte sie nun empört: Das Pfeifen kam von einem der beiden Jungen, der Tina angrinste und ihr jetzt glatt noch mal hinterherpfiff. Sein hoch aufgeschossener Kollege mit blau gefärbten Haaren grinste ebenfalls unverschämt.
Tickten die noch richtig? Tina pfiff kurzerhand zurück und schaute die beiden direkt an. "Könnt ihr auch sprechen? "
Die Pfeifer brachten kein Wort heraus. Damit hatten sie ganz offensichtlich nicht gerechnet.
Tina schüttelte den Kopf. "Jungs ..."
Da wurden Amadeus und Sabrina mit einem Mal unruhig, und im Gegenlicht sah Tina, wie etwas die Allee entlanggesaust kam, direkt auf sie zu. Es rief: "Juhu! Juhu! Huhu!"
Diesmal wusste Tina nicht, was sie sagen sollte. "Ähhhhh ...?!" Ihre Augen weiteten sich erstaunt. Doch dann strahlte sie: Es war Bibi Blocksberg auf Kartoffelbrei, die auf sie zuflog und im nächsten Augenblick neben ihr zum Stehen kam. Ihre allerbeste Freundin, die zum Glück wieder einmal ihre Ferien auf dem Martinshof in Falkenstein verbringen wollte.
"Bibi!", jubilierte Tina.
Auch Bibi strahlte vor Freude. "Tina! Sorry, mein Bus ist ausgefallen!"
Die anfangs so selbstsicheren Jungs, die alles beobachtet hatten, verstanden nun endgültig die Welt nicht mehr. Jedenfalls nicht die Welt, die sie kannten.
Die beiden Freundinnen umarmten sich innig. Dann hob Bibi die Arme und hexte: "Eene meene mei, zurück nach Haus, Kartoffelbrei. Hex-Hex!" Sie drückte einen Kuss auf den Besenstiel und warf Kartoffelbrei schwungvoll in die Luft.
Der Hexenbesen zischte davon, nach Neustadt in seinen Besenschrank bei den Blocksbergs, um dort auf Bibis Rückkehr zu warten. Auf dem Martinshof durfte Bibi nicht hexen, und deswegen war Kartoffelbrei dort nicht gern gesehen.
"Oh, endlich wieder reiten! Hab ich dich vermisst, Sabrina!" Freudig wandte sich Bibi den Pferden zu, streichelte sie und schmiegte sich an ihr Lieblingspferd Sabrina.
Tina stieg bereits auf ihren Amadeus. "Jetzt aber Beeilung!", mahnte sie.
Erstaunt fragte Bibi: "Was ist 'n los? Wie siehst du eigentlich aus?"
Tina trug über ihren Reitklamotten ein buntes Sporttrikot mit einem Falken-Emblem. Sie grinste: "Dieses Jahr machen wir in den Ferien mal ganz was anderes ..."
"Aber ich will eigentlich nichts anderes machen!", widersprach Bibi. Sie liebte es, jedes Jahr aufs Neue auf dem Martinshof und auf Schloss Falkenstein zu sein, wo Tinas fester Freund Alex lebte. Und sie konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als mit den beiden auszureiten. Was meinte Tina überhaupt mit "mal ganz was anderes machen"? Sie begann ihre Freundin zu löchern.
Doch die gab sich geheimnisvoll und genoss es sichtlich, Bibi auf die Folter zu spannen. "Lass dich doch mal überraschen!", sagte sie nur.
Schließlich gab sich Bibi geschlagen. "Na gut!" Sie lächelte erwartungsvoll.

Bibi und Tina - Mädchen gegen JungsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt